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Russlands Krieg in der Ukraine: Jetzt droht ein Panzerstreit mit der Schweiz
Die Eidgenossen verfügen über 96 eingemottete Leopard 2. Diese könnten laut einem Plan der Bundesregierung die Kampfwagen ersetzen, die westliche Länder in die Ukraine geschickt haben.
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Zwischen Deutschland und der neutralen Schweiz droht ein neuer Streit um Kriegsgeräte. Es geht um den Kampfpanzer Leopard 2 aus deutscher Produktion. Helvetiens Streitkräfte verfügen über 134 einsatzfähige Leopard 2 in ihren mechanisierten Bataillonen.
Und sie haben 96 Exemplare des nunmehr begehrten Kampfwagens eingemottet. Sie stehen sicher in einem Militärversteck in der Ostschweiz. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und Wirtschaftsminister Robert Habeck wollen nun erreichen, dass der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall eingelagerte Panzer der Schweizer Armee kaufen kann.
Die zurückgekauften „Leos“ sollen diejenigen Kampfvehikel ersetzen, die westliche Länder in die Ukraine geschickt haben. Eine entsprechende Anfrage aus Berlin bestätigte der Kommunikationschef des Schweizer Verteidigungsministeriums, Renato Kalbermatten, dieser Zeitung. Zuerst hatte der Zürcher „Blick“ darüber berichtet.
Hintergrund ist der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Die ukrainische Regierung verlangt von ihren westlichen Partnern, so viele Leopard 2 wie möglich zu liefern. Die Ukrainer brauchen den Kampfwagen, um gegen die russischen Invasoren Stand zu halten - und um verlorenes Territorium zurückzugewinnen.
Ob es jedoch zu einem Panzerdeal mit der Schweiz kommt, bleibt offen. Bislang hat die Eidgenossenschaft überhaupt keine Rüstungsgüter der Ukraine zur Verfügung gestellt – trotz erheblichen Drucks aus Deutschland, der EU und der Nato.
Neutralität heißt, dass wir keine Waffen liefern können.
Der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis
Besonderen Unmut erregte das Schweizer Nein zu einem Munitionstransfer für den Flakpanzer Gepard, den Deutschland an die Ukraine weitergab.
Seit Ausbruch des Krieges vor mehr als einem Jahr betont Außenminister Ignazio Cassis: „Neutralität heißt, dass wir keine Waffen liefern können.“ Vor allem die rechtsnationale Schweizerische Volkspartei pocht auf strikter Neutralität. Auch die Spitzen der Grünen wollen von Waffen-Hilfe für die angegriffene Ukraine nichts wissen.
Die Grünen-Politikerin Aline Trede sagte in einem Interview mit dem Zürcher Tages-Anzeiger: „Mit den paar Schweizer Waffen gewinnt die Ukraine keine Schlacht.“
Alles begann mit einem Brief aus Berlin
Am Beginn der neuen Episode über die Schweizer Neutralität steht ein Brief vom 23. Februar aus Berlin. Er stammt von Verteidigungsminister Pistorius und Wirtschaftsminister Habeck. Empfangen hat ihn die Schweizer Bundesrätin Viola Amherd, die das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) leitet.
In dem Schreiben legen die deutschen Minister „das Interesse der Firma Rheinmetall dar, eingelagerte Leopard 2 Kampfpanzer der Schweizer Armee, soweit diese nicht wieder in Nutzung genommen werden sollen, zu erwerben“. So bestätigt es das VBS.
Pistorius und Habeck hätten die Chefin des VBS ersucht, dem Kauf zuzustimmen. Eine Weiterleitung der Kampfpanzer aus der Schweiz an die Ukraine würde nicht erfolgen, hätten die Deutschen versichert.
Vielmehr sollten die Leopard 2 in Deutschland oder bei Partnern in NATO und EU verbleiben, „um die durch deren Abgabe von Leopard 2 Panzern entstandenen Lücken zu schließen sowie die Ersatzteilversorgung insgesamt zu verbessern“. Rheinmetall wäre also eine Art Drehscheibe.
Daraufhin verschickte die Schweizer Ministerin ihrerseits am 1. März einen Brief nach Berlin. Darin ließ sie wissen, dass ein Verkauf eines Teils der Schweizer „Kampfpanzerflotte“ an eine entscheidende Voraussetzung geknüpft sei: Die „formelle Außerdienststellung“ der Panzer durch einen Parlamentsentscheid.
Falls Helvetiens Abgeordnete die Rüstungsgüter tatsächlich außer Dienst stellen, könnte Rheinmetall sie kaufen. „Was Rheinmetall dann mit den Panzern macht ist Sache dieser Firma“, betont VBS-Kommunikationschef Kalbermatten. Die neutrale Schweiz hätte dann kein Vetorecht über eine mögliche Weitergabe der Stahlkolosse.
Nur: Die sicherheitspolitischen Kommissionen der beiden Schweizer Parlamentskammern verwarfen laut „Blick“ bereits eine Initiative, nach der Deutschland bis zu 30 der 96 stillgelegten Leoparden zurückerhalten sollte.
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