
© dpa/Jacquelyn Martin
Sanktionen unter anderem gegen Russia Today: USA werfen Russland Einmischung in Präsidentenwahl im November vor
Washington beklagt seit langem, dass Moskau sich in US-Wahlen einmische. Nun reagieren die USA mit einem Sanktionspaket gegen solche Einflussversuche. Doch Russland ist nicht das einzige Problem.
Stand:
Die USA haben Sanktionen gegen Verantwortliche des russischen Staatssenders RT verhängt, denen sie versuchte Einmischung in die diesjährige US-Präsidentschaftswahl vorwerfen. Die Strafmaßnahmen betreffen zehn Verantwortliche sowie zwei Organisationen, wie das Finanzministerium am Mittwoch in Washington mitteilte.
Betroffen sind demnach unter anderen RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan sowie Hacker und eine mit dem Kreml in Verbindung stehende Nichtregierungsorganisation. Die US-Behörden werfen ihnen vor, Künstliche Intelligenz (KI) in Desinformationskampagnen einzusetzen, die sich „gegen den Wahlkampf“ in den USA richteten. Als Folge der Sanktionen werden etwaige Vermögenswerte der Betroffenen in den USA eingefroren. Geschäfte mit ihnen werden US-Bürgern untersagt. Auch internationale Geschäfte werden durch die Sanktionen für Betroffene meist deutlich schwieriger.
Justizminister Merrick Garland teilte seinerseits mit, zwei der nun mit Sanktionen belegten Verantwortlichen würden von der US-Justiz strafrechtlich verfolgt. Überdies würden insgesamt 32 im Internet verwendete Domainnamen beschlagnahmt, die von der russischen Regierung sowie von Akteuren, die vom russischen Staat beschützt werden, genutzt würden.
Diese russischen Aktivitäten verfolgten eine „Geheimkampagne“ mit dem Ziel, „sich in die Wahlen in unserem Land einzumischen und das Ergebnis zu beeinflussen“, sagte Garland. In den USA findet in zwei Monaten die Präsidentschaftswahl statt, der national wie international höchste Bedeutung beigemessen wird.
Schwere Vorwürfe an Moskau – bis ganz nach oben
Nach Einschätzung der US-Regierung werden Einflussversuche in Moskau von ganz oben initiiert. US-Justizminister Merrick Garland sagte, der innere Kreis rund um Kremlchef Wladimir Putin habe russische PR-Firmen angewiesen, „Desinformation und staatlich geförderte Narrative als Teil einer Kampagne zur Beeinflussung der US-Präsidentschaftswahlen 2024 zu fördern“.
Das Finanzministerium beklagte, Akteure, die vom russischen Staat unterstützt würden, setzten seit langem eine Vielzahl von Instrumenten wie künstliche Intelligenz, sogenannte Deep Fakes und gezielte Desinformationen ein, um das Vertrauen in die Prozesse und Institutionen rund um US-Wahlen zu untergraben. Anfang 2024 hätten RT-Führungskräfte außerdem damit begonnen, auf verdeckte Weise unwissende amerikanische Influencer aus sozialen Medien für Einflussversuche zu rekrutieren. RT habe eine Scheinfirma genutzt, um die eigene Beteiligung oder die Beteiligung der russischen Regierung daran zu verschleiern.
RT ist nicht mehr nur ein Propaganda-Arm des Kremls.
John Kirby, Kommunikationsdirektor des US-Sicherheitsrates
Ziel der Einflussnahme auf verschiedenen Wegen sei es auch gewesen, russische Regierungspropaganda in den USA zu verbreiten und die Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine zu untergraben.
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte: „RT ist nicht mehr nur ein Propaganda-Arm des Kremls.“ Der Sender werde benutzt, um verdeckte russische Einflussnahmen voranzutreiben. Ziel sei es, Zwietracht zu säen, Desinformation zu betreiben und Narrative zugunsten Russlands und zuungunsten der Ukraine in Umlauf zu bringen.
Experten warnen seit langem vor Cyberkriminalität im Zusammenhang mit wichtigen Wahlen in westlichen Staaten. Insbesondere besteht die Sorge, dass mittels KI binnen Sekunden und in großem Umfang betrügerische Inhalte produziert und millionenfach verbreitet werden können.
Weitere Maßnahmen
Das US-Außenministerium kündigte an, Visa für Mitarbeiter von Kreml-unterstützten Medienorganisationen einzuschränken, die mit verdeckten Einflussversuchen in Verbindung stünden. Außerdem lobte die US-Regierung eine Belohnung aus für Hinweise auf eine russische Hacker-Gruppe, der sie ebenfalls Wahleinmischung vorwirft.
Ein wiederkehrendes Problem
Schon bei früheren US-Wahlen hatte sich Moskau nach Angaben offizieller amerikanischer Stellen eingemischt. Nach Ansicht der US-Geheimdienste setzte sich Russland bei der Wahl 2020 für den Republikaner Donald Trump ein und bemühte sich, dem Demokraten Joe Biden zu schaden. Auch bei der Wahl 2016 intervenierte Russland nach Überzeugung der US-Sicherheitsbehörden zugunsten des Kandidaten Trump, um die Demokratin Hillary Clinton auszubremsen. Ein Sonderermittler untersuchte später mögliche illegale Absprachen zwischen Russland und Trumps Team. Dafür gab es keine ausreichenden Hinweise.
Mit Blick auf das wiederkehrende Problem sagte Kirby, bei den Gegenmaßnahmen der US-Regierung gehe es darum, solche Einflussversuche schwerer zu machen. „Wird es das völlig unmöglich machen? Wahrscheinlich nicht, denn sie werden Umgehungsmöglichkeiten finden.“
Nicht das einzige Problem
Kirby betonte, nicht nur Russland versuche, die amerikanische Demokratie zu destabilisieren. Auch Garland mahnte, zu beobachten seien unter anderem „zunehmend aggressive iranische Aktivitäten“ im laufenden Wahlkampf.
US-Geheimdienste hatten den Iran zuletzt für einen Hacker-Zugriff auf interne Kommunikation von Trumps Wahlkampfteam verantwortlich gemacht. Die Iraner hätten versucht, Zugang zu Personen mit direkter Verbindung zu den Wahlkampfteams der Republikaner und auch der Demokraten zu erhalten. „Diese Aktivitäten, einschließlich Diebstähle und Enthüllungen, zielen darauf ab, den Wahlprozess in den USA zu beeinflussen“, hieß es in einem Bericht der Sicherheitsbehörden. Der Iran versuche, „Zwietracht zu schüren und das Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen zu untergraben“. Auch das Wahlkampfteam von US-Vize Kamala Harris gab zuletzt bekannt, Ziel eines ausländischen Cyberangriffs geworden zu sein. (dpa, AFP)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: