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Schwer angeschlagen: Israels Angriffe haben die Hisbollah in Bedrängnis gebracht.

© AFP/-

Schiitenmiliz zur Waffenruhe bereit: Die Herrschaft der Hisbollah muss enden

Die Schiitenmiliz zeigt sich erstmals verhandlungsbereit und strebt einen Waffenstillstand mit Israel an. Für den Libanon und den Nahen Osten wäre es ein Segen, würde die Macht der Hisbollah enden.

Christian Böhme
Ein Kommentar von Christian Böhme

Stand:

Es sind Worte des unnachgiebigen Kampfes. Der Widerstand gegen den Erzfeind werde nicht nachlassen. Es gebe weiterhin ausreichend Waffen für Angriffe auf Israel, verkündete Naim Kassim am Dienstag. „Wir sind am Boden stark. Bald werdet ihr die Hilfeschreie der Israelis hören.“

Solche Sätze sollen nach Stärke und Entschlossenheit klingen. Nur: Kassim verbreitete als stellvertretender Hisbollah-Chef seine Botschaft aus einem Versteck heraus per Video. Kein Wunder. Er gehört zu den wenigen noch lebenden Führern der Schiitenmiliz.

Denn offenkundig trifft zu, was die israelische Führung in diesen Tagen verbreitet. Verteidigungsministers Yoav Gallant nennt die Hisbollah „eine zerschlagene und gebrochene Organisation ohne nennenswerte Kommando- und Feuerkapazitäten, deren Führung zerfallen ist“.

Sehen Sie hier weitere Videos zum Krieg in Nahost

Die Terrormiliz spricht von politischen Bemühungen

Premier Benjamin Netanjahu sekundiert: „Tausende Terroristen ausgeschaltet, darunter Nasrallah selbst und Nasrallahs Nachfolger und der Nachfolger seines Nachfolgers.“

Scheich Naim Kassim, Stellvertreter des getöteten Hisollah-Generalsekretärs Hassan Nasrallah (Videoaufnahme)

© REUTERS/AL MANAR TV

Das scheint Scheich Kassim genau so zu sehen. Anders ist es kaum zu erklären, dass er in seiner halbstündigen Ansprache jenseits der üblichen Islamisten-Propanda mit Verwünschungen und Durchhalteparolen auch ganz neue Töne anschlägt: Er zeigt sich verhandlungsbereit.

Die Terror-Miliz macht eine Feuerpause nicht mehr vom Ende der Kampfhandlungen im Gazastreifen abhängig. Zudem scheint Kassim im Krieg gegen Israel auf eine gewaltfreie Lösung zu setzen. Man unterstütze politische Bemühungen, die auf einen Waffenstillstand abzielten.

Die Hisbollah hält den Libanon in Geiselhaft

Das mag eine Momentaufnahme sein, geschuldet dem militärischen Druck Israels. Aber womöglich ist es auch mehr. Vielleicht ist die Hisbollah inzwischen so sehr geschwächt, dass für sie allein das Überleben zählt. Dass sich die Zeit dem Ende nähert, in der die „Partei Gottes“ den Libanon in Geiselhaft hielt. Es wäre ein Segen für das Land, für die Menschen dort und für den Nahen Osten.

Der Krieg zwischen der Hisbollah und Israel hat den Libanon verwüstet.

© AFP/-

Ja, die Hisbollah ist (noch) eine politische Kraft im Libanon. Sie fungiert auch als Wohlfahrtsorganisation. Aber sie ordnet all dies rücksichtslos dem bewaffneten Kampf gegen die „Zionisten“ unter.

Wie ein Staat im Staat schaltet und waltet die Hisbollah nach Gutsherrenart – mit tatkräftiger Unterstützung des Iran. Das muss endlich ein Ende haben. Der Krieg, so schrecklich er für die Menschen ist, könnte das bestenfalls möglich machen.

Allerdings lautet die große Frage: Nimmt Israels Regierung davon Abstand, die Hisbollah möglichst vollständig zu zerstören, koste es, was es wolle? Danach sieht es derzeit nicht aus. Die Schiitenmiliz könnte den Zeitpunkt für Kompromisse verpasst haben. Es wäre ein Drama für den geschundenen Libanon.

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