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US-Präsident Donald Trump spricht mit Reportern im Weißen Haus.

© dpa/Alex Brandon

Update

Schmerzhafte Zugeständnisse von Kiew nötig: Das steht im „finalen“ Friedensplan der USA für die Ukraine

Anerkennung der Krim als russisches Gebiet, kein Nato-Beitritt und weitere harte Brocken. Der US-Friedensplan ist nur eine Seite lang und stellt Europa und Selenskyj vor harte Entscheidungen.

Stand:

Die USA haben Medienberichten zufolge einen Friedensplan vorgeschlagen, der eine inoffizielle Anerkennung der russischen Kontrolle über fast alle seit Kriegsbeginn 2022 besetzten Gebiete in der Ukraine vorsieht. 

Dies meldet der Nachrichtendienst Axios unter Berufung auf Quellen mit direkter Kenntnis des Vorschlags. Auch die „Washington Post“, das „Wall Street Journal“ und die britische „Financial Times“ berichten über den Plan. Einzelheiten waren schon am Wochenende öffentlich geworden.

Der vielleicht wichtigste Punkt in dem Papier: Die USA würden die Krim offiziell als russisches Gebiet anerkennen. Die Halbinsel, obwohl von Moskau besetzt, ist bisher nicht international als russisches Territorium anerkannt. Konkret würde auch fast der gesamte Oblast Luhansk, große Teile von Donezk und weite Teile von Cherson und Saporischschja an Russland fallen.

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Allerdings würde Russland auf die vollständige Annexion der Gebiete, also auch der Teile, die es nicht besetzt hält, verzichten. Moskau hatte die gesamten Gebiete im September 2022 völkerrechtswidrig annektiert, sie sind in der Verfassung als russisches Gebiet festgeschrieben. An diesem Punkt könnte man also ein „Entgegenkommen“ Putins sehen.

Trumps Friedensplan nur eine Seite lang

Der Friedensplan umfasst laut Axios nur eine Seite und wurde vergangene Woche bei einem Treffen des US-Außenministers Marco Rubio und des US-Sondergesandten Steve Witkoff mit ukrainischen Abgesandten und Verhandlern aus anderen europäischen Staaten in Paris vorgestellt und diskutiert.

Die USA bezeichnen den Plan als „finales Angebot“. Rubio hatte schon nach dem Treffen in Paris erklärt, die USA würden sich aus den Verhandlungen zurückziehen, falls es zeitnah keine entscheidenden Schritte gebe. Die erwartet man nun offensichtlich in Washington.

„Russland und die Ukraine werden hoffentlich in dieser Woche einen Deal abschließen“, schrieb Trump am Ostersonntag auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social.

Den Berichten zufolge würden die USA im Rahmen des Plans die seit 2014 gegen Russland verhängten Sanktionen aufheben. Zudem würde ein kleiner Teil des von Russland besetzten Gebiets in Charkiw an die Ukraine zurückgegeben werden. Das Kernkraftwerk Saporischschja würde laut Axios als ukrainisches Territorium betrachtet, jedoch von den USA betrieben werden. 

USA erwarten Antwort nach Treffen in London

Der dort erzeugte Strom würde sowohl an die Ukraine als auch an Russland geliefert. Die Ukraine würde außerdem darauf verzichten, Mitglied der Nato zu werden, könnte aber der EU beitreten. Der Plan sieht außerdem eine Friedenstruppe in der Ukraine vor, allerdings ohne amerikanische Beteiligung. 

Laut „Washington Post“ schlagen die USA auch vor, die derzeitigen Frontlinien als Teil eines Friedensabkommens einzufrieren. Im Gegenzug würde Russland die Angriffe in der Ukraine in einem Moment beenden, in der das russische Militär auf dem Vormarsch sei.

Der russische Präsident Wladimir Putin soll einen entsprechenden Waffenstillstand schon Anfang April nach einem Treffen mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff in Moskau vorgeschlagen haben. Bei diesem Treffen, so berichtet es die „Financial Times“, signalisierte der russische Staatschef zudem seine mögliche Bereitschaft, Moskaus Ansprüche auf Teile der besetzten ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja zurückzuziehen. Im Gegenzug könnten die USA auf andere wichtige Forderungen Russlands eingehen, darunter die Anerkennung von Moskaus Souveränität über die 2014 annektierte Krim. Zudem müsse sich die Ukraine von ihrem Ziel der Nato-Mitgliedschaft verabschieden. Zentrale Elemente des Friedensplans scheinen also schon mit Moskau diskutiert worden zu sein.

Da gibt es nichts zu bereden. Das steht außerhalb unserer Verfassung.

Wolodymyr Selenskyj über Gebietsabtretungen an Russland

Eine der ukrainischen Regierung nahestehende Quelle sagte Axios, Kiew betrachte den Vorschlag als sehr einseitig gegenüber Russland: „Der Vorschlag sagt sehr deutlich, welche konkreten Vorteile Russland bekommt, aber nur vage und allgemein, was die Ukraine bekommen wird.“

Ein Selenskyj-Berater sagte gegenüber der „Washington Post“, die amerikanischen Vorschläge enthielten einige Ideen, mit denen Kiew einverstanden sei, andere wiederum nicht. Ein westlicher Beamter sagte, die Bedingungen des vorgeschlagenen Abkommens und die von der Ukraine erwarteten Zugeständnisse seien „erstaunlich“. Ein Beamter aus der Trump-Regierung betonte gegenüber der „Washington Post“, dass man Kiew nicht vor vollendete Tatsachen stellen wolle.

Diese würde Kiew wohl auch kaum akzeptieren. Vor den Gesprächen westlicher Verbündeter in London über ein Ende des russischen Angriffskrieges am Mittwoch schloss Wolodymyr Selenskyj Gebietsabtretungen an Russland kategorisch aus.

„Da gibt es nichts zu bereden. Das steht außerhalb unserer Verfassung“, sagte der Staatschef in Kiew mit Blick auf von Russland annektierte ukrainische Gebiete wie die Schwarzmeerhalbinsel Krim.

Selenskyj äußerte außerdem Zweifel an dem Plan, dass die USA das Kernkraftwerk in Saporischschja betreiben. Das gehe nur mit ukrainischen Mitarbeitern und ukrainischem Wissen, erklärte er.

Außenminister sagen London-Reise ab

Ist also der Friedensplan abgeräumt, bevor er überhaupt auf höchster Ebene diskutiert werden kann? So jedenfalls wirkt es, mit Blick auf das Treffen in London an diesem Mittwoch. Eigentlich sollten Außenministerinnen und Außenminister sowie Sicherheitsberater der USA, mehrerer europäischer Verbündeter und der Ukraine in London ihre Beratungen über eine Beendigung des russischen Angriffskrieges fortsetzen. Ein echter Friedensgipfel unterhalb der Ebene der Staatschefs also.

Am Mittwochvormittag aber wurde bekannt, dass keine Außenminister an dem Treffen teilnehmen werden, sondern nur Berater. Das deutet auf viel Abstimmungsbedarf hin. Zuerst hatte US-Außenminister Marco Rubio das Treffen abgesagt, nachdem er noch am Dienstag erklärt hatte, dass er nach London kommen würde. Das sei aber kein Hinweis darauf, dass die USA das Treffen nicht ernst nehmen würden, sagte eine Sprecherin. Offensichtlich wurde es aber von den anderen Staaten genau so interpretiert.

Auch der britische Außenminister David Lammy sagte das Treffen ab, wie britische Medien berichten. Am Mittwochnachmittag teilte Lammy via X mit, dass er mit Rubio telefoniert habe. Großbritannien arbeite mit den USA, der Ukraine und Europa zusammen, um Frieden zu erreichen und die illegale Invasion des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu beenden, schrieb der Brite. 

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Selenskyj: Ukraine bereit für Waffenruhe

Selenskyj hatte am Dienstag mit Blick auf seine Delegation erklärt: „Sie hat morgen ein Mandat für die Besprechung einer bedingungslosen Waffenruhe oder einer Teilwaffenruhe.“ Die Ukraine sei bereit dazu. Vor weiteren Friedensverhandlungen müsse Russland einem Waffenstillstand zustimmen, um einen echten Willen zum Frieden zu zeigen.

Bis zu einer bedingungslosen Waffenruhe ist es noch sehr weit.

Wolodymyr Selenskyj

Für Selenskyj ist dabei die von Russland um den vergangenen Ostersonntag ausgerufene Waffenruhe ein Beleg, dass es einzig von Moskau abhängt, den Krieg zu beenden. „Aber bis zu einer bedingungslosen Waffenruhe ist es noch sehr weit“, unterstrich der Präsident. 

Moskau schließt direkte Gespräche mit Ukraine nicht aus

Immerhin zeigten sich beide Seiten zuletzt bereit, direkte Gespräche über eine Waffenruhe zu führen. Es wäre das erste Mal seit den gescheiterten Gesprächen im Jahr 2022. Konkret geht es dabei um einen Stopp der Angriffe auf zivile Ziele in beiden Ländern. Moskau bestätigte, dass es direkte Gespräche mit der ukrainischen Seite dazu geben könnte.

Einem Bericht des „Wall Street Journal“ zufolge erwartet das Weiße Haus nach den Gesprächen in London eine Reaktion aus Kiew auf die Vorschläge für Zugeständnisse an Moskau. Sollte es aus Kiew grünes Licht geben, könnten die Pläne Moskau vorgelegt werden, heißt es in dem Bericht.

Dafür soll der US-Gesandte Witkoff noch diese Woche nach Russland reisen, um erneut Putin zu treffen. Vor allem eine europäische Friedenstruppe hatte der russische Präsident bis zuletzt abgelehnt. Aktuell sieht es also nicht so aus, als wäre der US-Friedensplan schon ein Papier, dem Kiew und die Ukraine zustimmen können.

Laut einem Bericht der „New York Times“ versuchen britische und französische Offizielle derzeit, zwischen den Positionen der USA und denen der Ukraine zu vermitteln. Demnach wäre es denkbar, dass die Ukraine tatsächlich auf einige der von Russland eroberten Gebiete verzichtet, im Gegenzug für echte Sicherheitsgarantien, was die Beteiligung der USA einschließen würde, und wirtschaftliche Hilfen. Außerdem sollten die Gebiete nur de facto unter russische Verwaltung kommen, aber nicht de jure als russisch anerkannt werden. Das würde zumindest die Möglichkeit eröffnen, dass die Gebiete irgendwann wieder unter ukrainische Kontrolle fallen. (mit Agenturen)

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