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Mitglieder der Presse trauern nach einem israelischen Angriff, der Berichten zufolge am 19. Oktober 2025 ein von Journalisten genutztes Haus.

© AFP/Bashar Taleb

Sie dokumentieren Tod und Folter: YouTube löscht offenbar Videos palästinensischer Menschenrechtsgruppen nach US-Sanktionen

Nach US-Sanktionen hat YouTube offenbar über 700 Videos dreier palästinensischer Menschenrechtsorganisationen gelöscht. Experten kritisieren die Entscheidung scharf.

Stand:

Die Videoplattform YouTube hat offenbar die Kanäle dreier bekannter palästinensischer Menschenrechtsorganisationen gelöscht: Al-Haq, das Al Mezan Center for Human Rights und das Palestinian Centre for Human Rights.

Betroffen sind über 700 Videos, die mutmaßliche Verstöße der israelischen Regierung gegen das Völkerrecht dokumentierten, darüber berichtet das Online-Medium „The Intercept“

Unter den Videos befindet sich etwa eine Dokumentation über Mütter, die israelische Angriffe im Gazastreifen überlebten, die Tötung von Journalisten. Genauso wie Recherchen zur Zerstörung palästinensischer Häuser im Westjordanland.

Sarah Leah Whitson, Geschäftsführerin von Democracy for the Arab World Now, zeigt sich gegenüber dem Medium schockiert: „Es ist kaum vorstellbar, dass irgendein ernsthaftes Argument dafür sprechen könnte, dass die Verbreitung von Informationen dieser palästinensischen Menschenrechtsorganisationen gegen Sanktionen verstößt.“

Organisationen kooperieren mit dem Strafgerichtshof

Wie kam es überhaupt zu den Löschungen? Grund dafür sind offenbar Sanktionen des US-Außenministeriums. Die Trump-Regierung hatte im September 2025 Strafmaßnahmen gegen die Organisationen verhängt, weil diese mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Fällen kooperieren, in denen israelischen Amtsträgern Kriegsverbrechen vorgeworfen werden.

Dies geschah, nachdem der IStGH Haftbefehle gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant erlassen hatte.

YouTube, ein Tochterunternehmen des Google-Konzerns, bestätigte gegenüber „The Intercept“ die Löschungen und verwies auf die Einhaltung geltender Sanktionsgesetze. „Google bekennt sich zur Einhaltung der geltenden Sanktions- und Handelsgesetze“, erklärte die Sprecherin des Konzerns, Boot Bullwinkle.

Kniefall vor Trump?

Katherine Gallagher, leitende Anwältin beim Center for Constitutional Rights, kritisiert dies scharf: „Es ist empörend, dass YouTube die Agenda der Trump-Regierung unterstützt, Beweise für Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen aus der Öffentlichkeit zu entfernen.“

Die Anwältin erklärt, dass das Gesetz, auf das sich die US-Regierung beruft, eigentlich ausdrücklich Ausnahmen für Informationen und Dokumente vorsieht.

Und genau diese würden die Organisationen sammeln. So umfassen die Videos laut „Intercept“ unter anderem eine Analyse der Tötung der amerikanischen Journalistin Shireen Abu Akleh sowie Zeugenaussagen von Palästinensern, die von israelischen Streitkräften gefoltert wurden.

Die Löschungen und Sperrungen der Kanäle erfolgten offenbar unmittelbar und ohne Vorwarnung, wie die Menschenrechtsgruppe Al Mezan mitteilte. „Die Abschaltung hindert uns daran, die Menschen zu erreichen und unsere Mission zu erfüllen“, sagte ein Sprecher.

Eine weitere Organisation namens Al-Haq berichtete, ihr Kanal sei am 3. Oktober gelöscht worden – mit der Begründung eines Verstoßes gegen die Plattform-Richtlinien.

Über das Internet Archive oder auf anderen Plattformen sind einige der Videos aber weiter verfügbar. Die Menschenrechtsgruppen befürchten aber, dass auch diese bald gelöscht werden könnten, da viele Plattformen in den USA ansässig sind und damit den Sanktionen unterliegen.

Dem Tech-Konzern YouTube wurde bereits vor dem aktuellen Konflikt vorgeworfen, seine Richtlinien ungleichmäßig anzuwenden und palästinensische Stimmen stärker zu zensieren als pro-israelische Inhalte. Anfang des Jahres sperrte die Plattform den Account der Menschenrechtsorganisation Addameer nach Druck der britischen Anwaltsvereinigung „Lawyers for Israel“.

Anwältin Sarah Leah Whitson warnt, dass auch weitere Tech-Unternehmen dem Beispiel folgen könnten: „Sie lassen im Grunde zu, dass die Trump-Regierung diktiert, welche Informationen sie mit der Weltöffentlichkeit teilen. Das wird nicht bei Palästina enden.“ (Tsp)

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