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 Herbert Kickl (M), Vorsitzender der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), verlässt ein Wahllokal, nachdem er seine Stimme bei der Nationalratswahl abgegeben hat.

© dpa/Heinz-Peter Bader

„Remigration“ als politisches Ziel: FPÖ-Chef Kickl bekräftigt Regierungsanspruch

Die Rechtspopulisten liegen bei der österreichischen Parlamentswahl weit vor der konservativen Kanzlerpartei ÖVP. Der Präsident lässt offen, wen er mit der Regierungsbildung beauftragt.

Stand:

Nach der Parlamentswahl in Österreich hat FPÖ-Chef Herbert Kickl den Regierungsanspruch seiner rechtspopulistischen Partei bekräftigt. „Wir sind bereit, auch eine Regierung zu führen“, sagte Kickl am Sonntagabend bei der Runde der Spitzenkandidaten der größten Parteien im österreichischen Sender ORF. Dabei schließe die FPÖ kein Bündnis von Vornherein aus: „Unsere Hand ist ausgestreckt in alle Richtungen“, betonte Kickl.

Daher sei es nun an den anderen Parteien, die Frage zu beantworten, „wie sie es mit der Demokratie haben“, betonte Kickl. Damit bezog er sich auf Ankündigungen von Politikern wie Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer, mit der FPÖ kein Regierungsbündnis mit Kickl an dessen Spitze einzugehen.

Die Rechtspopulisten erreichten laut dem vorläufigen Endergebnis (Stand 01:03 Uhr) mit 29,2 Prozent ihr historisch bestes Ergebnis. Dies ist ein Plus von 13 Prozentpunkten gegenüber 2019. Die konservative Kanzlerpartei ÖVP kam auf 26,5 Prozent – ein Minus von 11 Punkten, wie aus Daten des Instituts Foresight im Auftrag des ORF hervorgeht. Die sozialdemokratische SPÖ fiel auf 21,1 Prozent (minus 0,1 Punkte).

Die Grünen können mit 8 Prozent (minus 5,9 Prozentpunkte) rechnen, die liberalen Neos mit 9 Prozent - das wäre ein Plus von 0,9 Prozent. Die Bierpartei und die kommunistische KPÖ scheitern klar an der Vier-Prozent-Hürde.

Kickl sieht den historischen Wahlsieg seiner rechten Partei als Signal für einen Richtungswechsel in Österreich. „Der Wähler hat heute ein Machtwort gesprochen“, sagte er in einer ersten Reaktion. Die Wähler hätten „ein klares Bekenntnis dafür abgegeben, dass es so nicht weitergehen kann in diesem Land.“

Der FPÖ-Chef ist für seine feindseligen Parolen gegen Migranten und gezielte Tabubrüche bekannt. So nennt er eine „Remigration“ als eines seiner politischen Ziele, bei der Österreicher mit nicht-europäischen Wurzeln, deren Integration als unzureichend eingestuft wird, ausgewiesen werden sollen. Außerdem sagte Kickl wiederholt, dass er „Volkskanzler“ werden wolle. Diesen Titel hatte während der NS-Herrschaft auch Adolf Hitler für sich gewählt.

Österreichs Präsident lässt offen, wen er mit Regierungsbildung beauftragt

Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen will nach der Parlamentswahl herausfinden, welche Mehrheiten es für eine Regierungsbildung geben kann. Er werde Gespräche mit allen im Nationalrat vertretenen Parteien führen und dabei versuchen auszuloten, welche tragfähigen Kompromisse es geben könnte, sagte das Staatsoberhaupt am Sonntagabend.

„Wer mit wem kann und wer was will für Österreich, das wird die nächste Zeit zeigen“. Van der Bellen sagte weiters, er werde darauf achten, dass bei der Regierungsbildung die Grundpfeiler der liberalen Demokratie respektiert werden. „Also etwa Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Menschen- und Minderheitenrechte, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft“.

Traditionell erhält immer die stimmenstärkste Partei vom Bundespräsidenten den Auftrag zur Regierungsbildung. In der Verfassung festgeschrieben ist das aber nicht. Van der Bellen lässt vorerst offen, wen er damit beauftragt.

Wahlforscher: FPÖ profitiert von Unzufriedenheit im Land

Das Wahlergebnis ist für Österreich gleich in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur. Noch nie waren die machtverwöhnte ÖVP und die SPÖ zeitgleich so schwach. Die Sozialdemokraten erreichten erstmals nur Platz drei, die ÖVP mit Kanzler Karl Nehammer an der Spitze verbuchte eines ihrer schlechtesten Wahlresultate.

Nach Erkenntnissen der Wahlforscher profitierte die FPÖ enorm von der großen Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Österreich steckt tief in einer Wirtschaftsflaute, die Arbeitslosigkeit wächst. Zudem gehörte die Alpenrepublik in den vergangenen Jahren zu den Ländern in der EU mit besonders hoher Inflation. Außerdem gilt der strikte Anti-Migrationskurs der FPÖ als populär.

Die deutlichen Zugewinne der FPÖ liegen im europaweiten Rechtstrend. Quer durch Europa haben rechte Parteien Zulauf bekommen, etwa in den Niederlanden Geert Wilders und seine rechtsradikale Partei für die Freiheit (PVV), die italienische Rechtspartei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) mit Giorgia Meloni an der Spitze oder das rechtsnationale Rassemblement National (RN) mit Marine Le Pen in Frankreich.

In Deutschland erzielte die AfD große Erfolge bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. (dpa, AFP, Reuters)

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