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Aus Bulgarien angereist, um das Holocaust-Mahnmal zu besprühen. Aber wer gab den Auftrag?

© AFP/ANTONIN UTZ

Schweineköpfe vor Moscheen, rote Hände am Mahnmal : Steckt Russland hinter den Provokationen?

In Paris wurden vier Bulgaren verurteilt. Die Ermittler vermuten hinter ihren Taten russische Drahtzieher – konnten sie das im Prozess beweisen?

Stand:

Desinformation ist ein bekanntes Mittel ausländischer Einflussnahme in Europa und auch Deutschland. In Frankreich kommt es seit Jahren zusätzlich zu streitbaren Aktionen, die zu sozialem Unfrieden führen und religiöse Gemeinschaften gegeneinander aufbringen sollen.

In diesem September wurden vor mehreren Moscheen im Großraum Paris blutige Schweineköpfe abgelegt. Damit sollten die Gläubigen wohl provoziert werden, weil Schweine im Islam als unrein gelten.

Im Mai 2024 waren 35 rote Hände auf das Holocaust-Mahnmal im Pariser Marais-Viertel gesprüht worden. Das Zeichen der roten Hände hat zwar viele Bedeutungen, so wird es beispielsweise im Kampf gegen die Rekrutierung von Kindersoldaten genutzt.

In der medialen Wahrnehmung wurde es zuletzt jedoch fälschlicherweise reduziert auf eine Geste bei der Tötung zweier israelischer Reservisten in den Palästinensergebieten im Jahr 2000. In diesem Sinne ist es eine Provokation an einem Gedenkort für den Massenmord an Juden.

Dafür wurden am Freitag in Paris vier Bulgaren, von denen drei nach Frankreich ausgeliefert worden waren, zu zwei bis vier Jahren Gefängnis verurteilt.

Bulgaren und Serben reisen an

Sie waren eigens für diese Taten nach Frankreich angereist. Die französischen Behörden vermuten dahinter eine ausländische, möglicherweise russische Einflussnahme.

In dem Urteil heißt es, es sei „unbestritten“ und „eindeutig“, dass dies eine „aus dem Ausland gesteuerte Aktion“ gewesen sei. In „feindlicher Absicht“ sollte die Öffentlichkeit „erregt“ werden, wobei man sich „bestehende Risse in der Gesellschaft“ zunutze machen wollte, um die „Gesellschaft weiter zu fragmentieren.“

Verbindungen zu Russland konnten allerdings jedoch nicht nachgewiesen werden. Der flüchtige vierte Angeklagte, der von den Ermittlern als Kopf der Bande eingeordnet wird, soll diese laut der drei Mittäter allerdings gehabt haben.

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Provokationen, die Hass sähen sollen, listen die französischen Behörden auf.

Die Oberstaatsanwältin von Paris, Laure Beccuau, hatte im September erklärt, die Aktion sei Teil einer Serie, um „für Unruhe zu sorgen“ und „einen Keil“ in die französische Bevölkerung zu treiben.

Die Pariser Staatsanwältin Laure Beccuau, die auch mit dem Juwelenraub im Louvre betraut ist

© dpa/HATIM KAGHAT

Frankreich hat die größten jüdischen und muslimischen Communitys in Europa.

Der Krieg in Gaza polarisiert die Bevölkerung wie in anderen europäischen Ländern. In Sachen Ukraine-Unterstützung hat Staatspräsident Emmanuel Macron eine Vorreiterrolle inne.

Insgesamt neun ähnliche Ereignisse hätten die französischen Behörden registriert – darunter im Juni 2024 falsche Särge, die unter dem Eiffelturm abgelegt wurden, eingehüllt in eine französische Flagge, mit der Aufschrift „Französische Soldaten für die Ukraine“.

Und eine Serie blauer Davidsterne, die im Oktober 2023, nach Ausbruch des Krieges in Gaza, in Paris an Hauswände gesprüht worden waren.

Kurztrip nach Frankreich

Im Falle der Beschmierungen des Holocaust-Mahnmals konnten die Ermittler nachverfolgen, wie die Aktionen ablaufen.

So waren die vier Bulgaren am 11. Mai 2024 nach Frankreich eingereist, haben in einem Pariser Hotel gewohnt und in der Nacht zum 13./14. Mai ihre Aktion durchgeführt und gefilmt. Wenige Stunden später reisten sie per Bus nach Belgien, von wo aus sie einen Rückflug nach Sofia nahmen.

Polizeipräsenz vor der Großen Pariser Moschee

© dpa/Fredrik Von Erichsen

Die dortigen Behörden lieferten die mutmaßlichen Täter dann nach Frankreich aus.

Bauer notiert Nummernschild

Ende September wurden in Serbien dann elf Personen festgenommen, denen Frankreich die Beteiligung an zwei anderen Aktionen vorwirft, um zur Gewalt anzustacheln und Hass zu säen.

Sie sollen jüdische Orte mit grüner Farbe beschmiert haben, grün gilt als die Farbe des Propheten Mohammed, und im September die neun Schweineköpfe vor islamischen Gotteshäusern platziert haben.

Vor der Islah-Moschee in Montreuil nördlich von Paris legten die Täter auch einen Schweinekopf ab.

© IMAGO/Paoloni Jeremy/ABACA

Ihnen kam man unter anderem auf die Spur, weil ein Bauer in der Normandie sich nach den Schweinekopf-Aktionen bei der Polizei meldete.

Bei ihm hatten die Männer, die in einem Auto mit serbischem Kennzeichen angereist waren, eine ungewöhnlich große Zahl von Schweineköpfen gekauft. Der Landwirt hatte sich das Nummernschild notiert.

Der Wagen wurde dann auf Videokameras in Paris wiedererkannt, zwei Insassen wurden gefilmt, wie sie die Tierköpfe ablegen.

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