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Thank God It’s International Friday 23: Schweigen wäre Gold gewesen
Die Themen der Woche: Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz | Wo US-Vizepräsident die wahre Gefahr für Europa sieht | Trumps Deal mit Putin

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„Wer klatscht denn da noch?“, fragten sich heute manche im Konferenzsaal des Bayrischen Hofs bei der Münchner Sicherheitskonferenz, während vorne auf der Bühne US-Vizepräsident JD Vance sprach. Viele waren das in der Tat nicht. Den meisten stand stattdessen der Mund offen.
Was er sich von Vances Rede erwarte, hatten mein Kollege Christopher Ziedler und ich diese Woche Benedikt Franke gefragt. Franke ist der CEO der Munich Security Conference, die heute ihren diesjährigen Auftakt hatte. „Wir hoffen natürlich, dass die US-Regierung ihre Vorstellungen konkretisiert“, hatte der MSC-Chef mit Blick auf die Ukraine-Politik geantwortet. Diese Hoffnung hat Vance mit seiner Ausführungen heute gründlich enttäuscht.
Denn statt über die US-Pläne zum Krieg in der Ukraine zu sprechen, zog Vance es vor, die Europäer vor der „wahren Gefahr“ zu warnen. Die drohe nämlich keineswegs aus Russland, sondern von innen.
„Die größte Gefahr für Europa, die ich sehe, ist nicht Russland, nicht China und auch kein anderer externer Akteur“, erklärte der US-Vizepräsident. „Was mir Sorgen macht, ist die Bedrohung von innen – dass sich Europa von einigen seiner grundlegendsten Werte verabschiedet.“
„Alte, festgefahrene Interessen“ in Europa versteckten sich „hinter hässlichen Begriffen aus der Sowjetära wie Fehlinformation und Desinformation“, sagte der US-Republikaner. Denn der alten europäischen Riege gefalle der Gedanke einfach nicht, „dass jemand mit einem alternativen Standpunkt eine andere Meinung äußern oder – Gott bewahre – anders abstimmen oder, noch schlimmer, eine Wahl gewinnen könnte.“
In seinem Interview mit The Wall Street Journal diese Woche hatte Vance die deutsche Politik aufgefordert, mit allen Parteien zusammenzuarbeiten, auch mit der AfD. In seiner Münchner Rede hielt sich Vance zwar mit einer expliziten Nennung der AfD zurück – er forderte ganz grundsätzlich zu mehr Offenheit auch gegenüber „populistischen Parteien“ auf. Wie seine Botschaft zwischen den Zeilen lautete, war jedoch glasklar. Kein Wunder, dass AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel Vances Auftritt unmittelbar danach als „exzellente Rede“ lobte.
Und auch Vance zeigte sich optimistisch: „Wenn die amerikanische Demokratie zehn Jahre lang Greta Thunbergs Ermahnungen überleben kann, dann übersteht Ihr auch ein paar Monate Elon Musk.“ Das wirft natürlich eine spannende Frage auf: Wo ist denn Elon Musk in ein paar Monaten? Mission Mars?
Doch Vances Auftritt kann mir nicht die Freude an der Münchner Sicherheitskonferenz nehmen. Sie ist für mich bereits im Februar immer ein Jahreshighlight. Die spannenden Begegnungen und interessanten Debatten hier empfinde ich als große Bereicherung.
Zum Beispiel konnte ich heute mit dem Nawalny-Vertrauten Leonid Volkov sprechen und mit dem ehemaligen NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Worüber wir geredet haben, lesen Sie in den kommenden Tagen im Tagesspiegel.
Und auch was EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorhat. In ihrer Rede kündigte sie mehrere konkrete Vorhaben der EU an. „Long live Europe!“, sagte sie zum Schluss – unmittelbar bevor Vance auf die Bühne trat. Nicht ohne kämpferischen Unterton. Sie ahnte wohl, was da jetzt kommen würde.
Sie wollen mit uns diskutieren? Dann lade ich Sie herzliche zum nächsten „High Noon“ des Verlag Der Tagesspiegel ein. Am kommenden Dienstag diskutieren Tagesspiegel-Chefredakteur Christian Tretbar und die Ökonomen Claudia Kemfert, Jakob Hafele und Christian Traxler, wie Deutschland aus der Wirtschaftskrise kommen kann. Hier geht’s zur Anmeldung.
Das war’s von mir für heute in aller Kürze. Jetzt stürze ich mich wieder ins MSC-Getümmel der MSC und freue mich auf das „Women’s Only Dinner“ von FRAUEN100.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Stay tuned!
Herzlich
Ihre Anja Wehler-Schöck
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