zum Hauptinhalt
Anfang August besetzten ukrainischen Truppen überraschend einen Teil des russischen Grenzgebiets Kursk.

© AFP/Roman Pilipey

Ukraine-Invasion, Tag 1106: Der Nordkoreaner, der Kiew unterstützt

USA kappen Geheimdienstinformationen für Ukraine + Scholz unterstützt in Telefonat Selenskyj + Le Pen gegen Ausweitung des Atomschirms + Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

als nordkoreanische Soldaten im Herbst 2024 begannen, die russischen Truppen in der Region Kursk zu unterstützen, standen die Ukrainer erst einmal vor vielen Fragen: Was sind das für Kämpfer, wie ist ihre Taktik, wie verläuft die Kommunikation mit Moskau? Um Licht ins Dunkel zu bringen, bekam Kiew auch Unterstützung von einem Nordkoreaner, der vor Jahren aus seiner Heimat geflohen war. Das „Wall Street Journal“ hat diesem Mann nun einen Artikel gewidmet (Quelle hier).

Lee Seongmin ist 37 Jahre alt und betätigt sich als Menschenrechtsaktivist. 2010 war er gemeinsam mit seiner Mutter aus Nordkorea in den Süden geflohen. Seit 2022 ist er bei der Human Rights Foundation in Seoul tätig. Seine Unterstützung für die Ukraine begann Ende vergangenen Jahres, als ihn ein amerikanischer Aktivist in einem Gruppenchat mit ukrainischen Soldaten um Hilfe bat.

Er bekam ein Foto von zwei russischen Militärausweisen zu sehen, auf denen Unterschriften auf Koreanisch gekritzelt waren. Durch Lees Übersetzung wurde klar, dass diese Unterschriften nicht mit den in den Pässen ausgestellten russischen Namen übereinstimmten. Es war ein Hinweis darauf, dass die Russen versuchten, die Identitäten der Koreaner zu verschleiern, denn offiziell bestätigt hatte Moskau die nordkoreanische Unterstützung nicht.

Es sollte nicht die einzige Übersetzertätigkeit bleiben, die der Nordkoreaner für Kiew leistete. So erhielt er etwa Zugang zu Dokumenten, die bei gefallenen Soldaten gefunden worden waren: Tagebucheinträge, Anleitungen, sogar Liebesbriefe. Dadurch, so schreibt das „Wall Street Journal“, habe man unter anderem herausfinden können, dass die Kommunikation zwischen den Russen und den Soldaten aus Pjöngjang eher schlecht als recht funktionierte. Oder auch, dass die Nordkoreaner in kleineren Gruppen in Richtung ukrainischer Drohnen geschickt worden waren – als Kanonenfutter.

Auch an der Erstellung von Flugblättern in koreanischer Sprache war Lee beteiligt – mit diesen sollten seine Landsleute dazu gebracht werden, sich zu ergeben, statt für Russland zu kämpfen. „Es fühlt sich an, als würde ich mich mit ihnen unterhalten“, sagt Lee über seine freiwillige Tätigkeit, – „als wäre ich ein Kamerad“. Direkten Kontakt zu den nordkoreanischen Soldaten hat er nicht. Doch eine Botschaft würde er ihnen gern mitgeben: „Ich möchte, dass sie wissen, dass es kein Verrat ist, Nordkorea zu verlassen. Es ist ein Menschenrecht.“ 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Nach der Aussetzung der Militärhilfe haben die USA auch die Weitergabe von Geheimdienstinformationen an die Ukraine eingestellt. Dies hatte die „Financial Times“ unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Personen berichtet. Später bestätigte dies der CIA-Chef. Mehr hier.
  • CSU-Chef Markus Söder hat mit einer Andeutung zur Lage in der Ukraine vor drohender Gefahr gewarnt. „Ich kann nicht über Details reden“, sagte Söder bei der Kundgebung zum politischen Aschermittwoch seiner Partei in Passau. Er fügte hinzu, ohne die Hilfe der USA sei die Ukraine höchst gefährdet. Mehr hier.
  • Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen hat eine Ausweitung des Atomschirms ihres Landes auf andere EU-Staaten wie Deutschland abgelehnt. Die Abschreckung könne „nicht geteilt werden“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Partei Rassemblement National in der Nationalversammlung. Mehr hier.
  • US-Präsident Donald Trump hatte seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj Undankbarkeit vorgeworfen. In der Ukraine wird daraufhin eine ungewöhnliche Dankesbotschaft gefilmt. Zu sehen ist ein Pilot, der vor Abflug mit einem Schild posiert. Die Aufschrift: „Danke an das amerikanische Volk für die Unterstützung.“ Mehr hier.
  • US-Präsident Donald Trump hat nach eigenen Angaben vor seiner Rede vor dem US-Kongress einen Brief vom ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj erhalten, in dem dieser sich zu Verhandlungen mit Russland bereit erklärt. Auf zwei seiner zentralen Forderungen wolle Kiew nun eingehen, erklärte er. Mehr hier.
  • Die US-Regierung stellt eine Wiederaufnahme ihrer Ukraine-Hilfen bei einem Eingehen des Landes auf die US-Forderungen in Aussicht. Wenn Verhandlungen vereinbart würden und „einige vertrauensbildende Maßnahmen auf den Tisch“ kämen, werde sich US-Präsident Donald Trump eine Aufhebung des Lieferstopps „genau ansehen“, sagt Trumps Sicherheitsberater Mike Waltz dem Sender Fox News. Mehr im Newsblog.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Mittwoch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über eine Friedenslösung in der Ukraine beraten. Scholz habe sich in einem Telefonat mit Selenskyj über „die aktuelle militärische und humanitäre Lage ausgetauscht sowie über Wege hin zu einem gerechten Frieden in der Ukraine“, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit.
  • Weil er für die Ukraine gekämpft haben soll, ist ein Brite in Russland von einem Militärgericht zu 19 Jahren Haft verurteilt worden. James Scott Rhys Anderson sei des „Terrorismus“ und des „Söldnertums“ für schuldig befunden worden, erklärte das Gericht der Region Kursk am Mittwoch. 
  • Inmitten der diplomatischen Bemühungen um eine Beendigung des Ukraine-Kriegs herrscht Verwirrung um einen möglichen US-Besuch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gemeinsam mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj und dem britischen Premierminister Keir Starmer. Der Besuch werde „in Betracht gezogen“, sagte die französische Regierungssprecherin Sophie Primas am Mittwoch in Paris. Daraufhin dementierte der Elysée-Palast jedoch solche Pläne.
  • Kiew hat von Moskau als Zeichen des Friedenswillens eine Einstellung der täglichen Luftschläge gefordert. „Russland muss den täglichen Beschuss der Ukraine sofort einstellen, wenn es wirklich ein Ende des Krieges will“, schrieb der Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, bei Telegram.
  • Die russischen Truppen haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau eine weitere Ortschaft im Osten der Ukraine eingenommen. Es handele sich um das Dorf Prywilne in der Region Donezk, melden russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf das Ministerium.
  • Russlands Hauptaufgabe bleibt nach den Worten des russischen Spitzenpolitikers Dmitri Medwedew die „maximale Niederlage“ der Ukraine. „Russland rückt vor. Der Feind leistet Widerstand und ist noch nicht besiegt“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates. „Dem Feind ‚vor Ort‘ eine maximale Niederlage zuzufügen, bleibt heute unsere Hauptaufgabe.“ 
  • US-Vizepräsident J.D. Vance hat sich in einem TV-Interview abfällig über die Idee möglicher Friedenstruppen in der Ukraine geäußert. Frankreich und Großbritannien brachten den Plan auf, Vance nannte die Länder allerdings nicht beim Namen. Dennoch erntete er für seine Aussage Kritik.
  • Bei einem neuen russischen Luftangriff auf die ukrainische Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer ist nach Angaben der Behörden ein Mann getötet worden. Der 77-Jährige starb in einem Vorort an einer Splitterwunde, wie Gouverneur Oleh Kiper bei Telegram mitteilte.
  • Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat sich als Gastgeber von Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland ins Spiel gebracht. In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit dem Blogger Mario Nawfal lud er US-Präsident Donald Trump, den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj und Kreml-Chef Wladimir Putin zu Gesprächen nach Minsk ein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })