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Ukraine-Invasion, Tag 1177: Erwartungen an Gespräche in Istanbul gedämpft
Trump hält sich für unverzichtbar. Lawrow befeuert Treffen in Istanbul mit scharfen Kommentaren. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Tagelang haben die angekündigten Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine die Schlagzeilen beherrscht. Es wären die ersten direkten Gespräche seit dem Frühjahr 2022. Doch je näher das Treffen rückte, desto mehr wurden die Erwartungen gedämpft.
Zunächst hatte Kremlchef Wladimir Putin seine Teilnahme abgesagt. Stattdessen schickte er nur die zweite Garde. Daraufhin sagte, wenig überraschend, auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ab. Ob und wann die Gespräche zwischen den Delegationen stattfinden, war – Stand Donnerstagabend – unklar.
Auch ob sie bei einem Zustandekommen zu greifbaren Ergebnissen führen werden, ist offen. Selenskyj rechnet offenbar nicht damit, er sprach angesichts der Besetzung der russischen Delegation von einem „Täuschungsmanöver“.
An der ukrainischen Front hatte die Ankündigung des Treffens zuletzt leise Hoffnung geweckt, wie ein Bericht der BBC zeigte, die in den vergangenen Tagen dort unterwegs war (Quelle hier). Die BBC-Reporterin sprach mit Soldaten nahe der umkämpften Stadt Pokrowsk. Selbst die skeptischen unter ihnen, so das Fazit der Journalistin, hätten sich vorsichtig optimistisch gezeigt.
„Ich denke, irgendetwas wird passieren, da es Russland war, das auf die Gespräche gedrängt hat“, sagte ein ukrainischer Offizier, der sich selbst „Kosak“ nannte. „Seit 2022 hatten sie sich schließlich jedem Kontakt verweigert.“
Seinen Optimismus teilen aber nicht alle in der Ukraine. Yana Stepanenko, die Mutter eines getöteten Soldaten, äußerte wenig Zuversicht, dass die Gespräche etwas bewirken. „Mir kommt es vor, als würde dieser Krieg ewig dauern“, sagte sie. „Natürlich hoffe ich, dass sie eine Lösung finden. Denn Menschen sterben hier und in Russland. Aber Putin ist gierig. Sein Hunger nach unserem Land ist unersättlich.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Eigentlich wollte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Türkei nur Kremlchef Wladimir Putin als Gesprächspartner akzeptieren – doch der kam nicht. Selenskyj schickte dennoch eine Delegation zu Verhandlungen nach Istanbul. (Mehr hier)
- US-Präsident Donald Trump hält ein persönliches Treffen von Kremlchef Wladimir Putin und ihm für unverzichtbar. „Es wird nichts passieren, bis Putin und ich zusammenkommen“, sagte er. Trump stellte es so dar, als hätte der russische Machthaber sein Fernbleiben bei den Verhandlungen in der Türkei von ihm abhängig gemacht. (Mehr hier)
- Der selbst nicht zu den Friedensverhandlungen in Istanbul angereiste russische Außenminister Sergej Lawrow befeuerte das Treffen aus Moskau mit scharfen Kommentaren. So bezeichnete er der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei einem öffentlichen Auftritt in Moskau als „jämmerlichen Kerl“. (Mehr dazu im Newsblog)
- Bundeskanzler Friedrich Merz hat seine Skepsis gegenüber der Nutzung der eingefrorenen russischen Guthaben bekräftigt. „Wenn es eine Möglichkeit gibt, das Geld auf sauberer juristischer Grundlage zu mobilisieren, werden wir es tun“, sagt er der „Zeit“. „Allerdings müssen wir uns auch der Risiken bewusst sein, die ein solcher Schritt für den Finanzmarkt Europa beinhaltet.“
- Die Bundesregierung hat die Äußerungen von Außenminister Johann Wadephul (CDU) zu den künftigen Verteidigungsausgaben und einem Fünf-Prozent-Ziel der Nato relativiert. „Es bleibt bei der Festlegung, dass die Bundesregierung eine Entscheidung über die Höhe der Verteidigungsausgaben nach dem Nato-Gipfel Ende Juni treffen wird“, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Regierungskreisen.
- In einem Interview mit „New Voice“ sagte der EU-Kommissar für Verteidigung, Andrius Kubilius, dass Wladimir Putin es „offen genießt, die Vereinigten Staaten zu trollen“. Der Kreml-Chef nutze Friedensinitiativen nur dazu, seine eigene Position zu stärken. Um den Krieg zu beenden, dürfe man nicht um Frieden bitten, sondern müsse die Verteidigung der Ukraine stärken.
- BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hat Kritik an den Forderungen der Bundesregierung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin geübt. „Wenig erstaunlich, dass Putin nicht kommt. Wer lässt sich schon mit Ultimaten und Sanktionen herbeizitieren“, sagte Wagenknecht der Nachrichtenagentur Reuters mit Blick auf die Gespräche in der Türkei.
- Während in Istanbul direkte Friedensverhandlungen zwischen Russland und der attackierten Ukraine erwartet wurden, gingen die Kämpfe in der Ukraine weiter. Das russische Verteidigungsministerium schrieb von Geländegewinnen im Gebiet Donezk.
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