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Ukraine-Invasion, Tag 1286: Kiew will Sicherheit selbst garantieren – durch Milliarden für Rüstung
Russland kontrolliert jetzt 19 Prozent der Ukraine, die Kluft zwischen ukrainischen Soldaten und Zivilisten wächst. Der Überblick am Abend.
Stand:
Diese Woche gibt es wieder viel politisches Tauziehen um Sicherheitsgarantien für die Ukraine: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen deutete eine europäische Friedenstruppe an, Bundeskanzler Friedrich Merz und Verteidigungsminister Boris Pistorius räumten die Idee sofort wieder ab. Finnlands Alexander Stubb sieht vage „Fortschritte“, Russlands Präsident Wladimir Putin hält eine Einigung grundsätzlich für „möglich“ – und US-Präsident Donald Trump sagte, „vielleicht“ würden die USA sich beteiligen. Am Donnerstag will die sogenannte Koalition der Willigen in Paris weiter über das Thema beraten.
Kein Wunder also, dass die Ukraine nach einer besseren Lösung sucht: ein milliardenschwerer Rüstungsaufbau, finanziert von Europa. Dies berichtet die „New York Times“ (Quelle hier).
Angesichts der ungewissen Sicherheitsgarantien der westlichen Verbündeten will Kiew seine Armee demnach so stark aufbauen, dass sie nicht nur im derzeitigen Krieg gegen Russland bestehen kann, sondern Moskau auch von einer erneuten Invasion abschreckt.
Zentraler Bestandteil dieser Bemühungen ist ein neues, von der Nato unterstütztes Beschaffungssystem, über das europäische Gelder für den Kauf von US-Waffen für die Ukraine bereitgestellt werden sollen. Kiew hoffe, dass dies Waffenkäufe im Wert von einer Milliarde US-Dollar pro Monat ermöglichen wird – vor allem für US-amerikanische Patriot-Luftabwehrsysteme. Am Donnerstag wurde ein erster Verkauf von Marschflugkörpern und GPS-Navigationsgeräten im Wert von 825 Millionen US-Dollar angekündigt.
Außerdem setze Kiew auf die boomende heimische Rüstungsindustrie, so die „NYT“. Kürzlich gab die Ukraine bekannt, dass sie ihre ersten eigenen Langstrecken-Marschflugkörper namens „Flamingo“ entwickelt und mit der Produktion begonnen habe.
Die „NYT“ zeigt die Nachteile dieser Strategie auf: Die europäischen Partner der Ukraine haben schon jetzt mit Haushaltsproblemen zu kämpfen, und die Ukraine selbst verfügt nicht über genügend Soldaten für ihre Armee. Doch solange der Westen nur vage Versprechen anbiete, hätte das Land keine andere Wahl.
Dies bestätigte der „NYT“ auch der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko: „Die wichtigste Garantie für die Sicherheit der Ukraine ist eine voll einsatzfähige, gut ausgebildete Armee, die jederzeit kampfbereit ist.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Russland hat der Darstellung von US-Präsident Donald Trump zu einem geplanten Dreier-Gipfeltreffen mit Wolodymyr Selenskyj widersprochen. Wladimir Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow sagte dem russischen Staatsfernsehen: „Eine konkrete Absprache darüber gab es zwischen Putin und Trump nicht.“ Mehr hier.
- Der russische Präsident Wladimir Putin erklärt, sein Land habe sich nie gegen einen möglichen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union ausgesprochen. Zudem weist er Behauptungen zurück, Russland plane einen Angriff auf Europa. Mehr im Newsblog.
- Russlands Truppen sollen im August 464 Quadratkilometer ukrainisches Territorium eingenommen haben, wie der Lagekartendienstes „Deep State“ auf Telegram mitteilte. Den Datenanalysen zufolge soll Moskaus Armee nun insgesamt 19 Prozent der Ukraine kontrollieren – erstmals wieder seit Oktober 2022.
- Ukrainische Truppen haben offenbar die Ortschaft Udatschne in der Region Donezk zurückerobert und dort die Nationalflagge gehisst. Das berichtete der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte am Dienstag via Telegram.
- Nach den tödlichen Schüssen auf den ehemaligen ukrainischen Parlamentspräsidenten Andrij Parubij hat der Tatverdächtige jede Zusammenarbeit mit Russland bestritten. Der Verdächtige gab zwar am Dienstag vor Gericht laut einem von ukrainischen Medien veröffentlichten Video zu, die Tat begangen zu haben, wies jedoch den Vorwurf zurück, mit russischen Geheimdiensten zusammengearbeitet zu haben.
- Der russische Präsident Wladimir Putin hat den russlandfreundlichen Kurs des slowakischen Regierungschefs Robert Fico gerühmt und Fico aufgefordert, die Energielieferungen der Slowakei an die Ukraine auszusetzen. Die Slowakei ist stark von russischem Gas abhängig; die russischen Gaslieferungen an die Slowakei steigen und nähern sich laut Fico einem Volumen von vier Milliarden Kubikmetern.
- Russland will mehr Gas nach China liefern. Gazprom-Chef Alexej Miller sagte russischen Agenturen zufolge in Peking, dass ein rechtlich bindendes Memorandum über den Bau der Pipeline „Kraft Sibiriens 2“ über die Mongolei nach China unterzeichnet worden sei.
- Im Ukraine-Krieg sind nach südkoreanischen Angaben inzwischen schätzungsweise 2000 nordkoreanische Soldaten getötet worden. Im April war der Geheimdienst noch von mindestens 600 getöteten Nordkoreanern ausgegangen. Mehr hier.
- Die Sicherheitsbehörden in Deutschland warnen die Bevölkerung vor Anwerbeversuchen russischer Geheimdienste über soziale Medien. Hintergrund der Kampagne unter dem Motto „Kein Wegwerf-Agent werden!“ sind mehrere Fälle von Sabotage und Spionage, bei denen mutmaßlich Menschen ohne nachrichtendienstliche Ausbildung eingesetzt wurden. Mehr hier.
Hintergrund und Analyse
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