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Ukraine-Invasion, Tag 1320: Die geheime Waffe der Ukraine gegen Winter-Blackouts
Merkel wirft einigen Ländern Blockade von Putin-Gesprächen vor dem Ukrainekrieg vor und aktueller Frontbericht zeigt, wie hinterlistig der Krieg geworden ist. Der Überblick am Abend.
Stand:
Drei Winter hat die Ukraine bereits unter russischem Bombardement verbracht – Winter, in denen die ukrainische Bevölkerung dank der vielen Angriffe auf das Stromnetz oft frierend im Dunkeln saß.
Im vierten Kriegswinter soll das nun anders werden, schreibt das „Wall Street Journal“: dank eines Netzwerks riesiger, in den USA entwickelter Batterien, die an streng geheimen Orten gelagert werden, um die Stromversorgung aufrechtzuerhalten.
Maßgeblich vorangetrieben wurde das 140-Milliarden-Dollar-Projekt von DTEK, dem größten Energieversorger von Privathaushalten in der Ukraine. Mit einer Gesamtkapazität von 200 Megawatt könnten die Batterieparks rund 600.000 Haushalte zwei Stunden lang mit Strom versorgen, schreibt das „WSJ“ – genug Zeit für Techniker, die Versorgung nach Bombardements wiederherzustellen und so einen Stromausfall zu vermeiden.
Damit die Batterieparks nicht selbst das Ziel von Angriffen werden, würden ihre Standorte streng geheim gehalten. Das „WSJ“ berichtet nur, sie befänden sich in den Oblasten Kiew und Dnipropetrowsk und würden durch besondere Maßnahmen geschützt.
Zwar konnten die ukrainischen Energieunternehmen die Stromversorgung im vergangenen Winter weitgehend aufrechterhalten. Seitdem habe Russland jedoch die Produktion von Angriffsdrohnen hochgefahren und sei nun in der Lage, die Luftabwehr der Ukraine mit Hunderten von unbemannten Flugzeugen in einem einzigen Angriff zu überwältigen – „was diesen Winter für die Ukraine noch gefährlicher machen dürfte“, schreibt das „WSJ“.
Vor dem Krieg habe die Ukraine fast allen Strom durch Kernkraft erzeugt, heute nur noch rund die Hälfte. Alle ukrainischen Kohle- und Gaskraftwerke seien mindestens einmal von Russland angegriffen worden. Und so trügen nicht nur die Batterieparks, sondern auch der Ausbau erneuerbarer Energien zur Verteidigungsfähigkeit der Ukraine bei. Denn: Wird ein Windrad beschädigt, können die anderen weiterlaufen – ein Kohle- oder Kernkraftwerk jedoch komme bei einer Bombardierung komplett zum Stillstand.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Ein Interview der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem ungarischen Nachrichtenortal „Partizán“ sorgt für Schlagzeilen in der internationalen Presse. Die Altkanzlerin berichtet darin, dass Polen und die baltischen Staaten vor Ausbruch des Ukrainekriegs ein neues Gesprächsformat mit Kremlchef Wladimir Putin blockiert hätten. Mehr hier.
- In von der Ukraine abgeschossenen russischen Drohnen sind offenbar Teile westlicher Hersteller gefunden worden. Bei den massiven Angriffen in der Nacht zum Sonntag habe Russland „549 Waffensysteme mit 102.785 im Ausland hergestellten Komponenten eingesetzt“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag. Mehr hier.
- Kanzler Friedrich Merz vermutet Russland hinter den meisten Drohnen, die zuletzt in Deutschland und Dänemark für Aufsehen gesorgt haben. Allerdings gebe es wohl auch Trittbrettfahrer, die privat Drohnen steigen lassen würden. Mehr hier.
- Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius will den Nationalen Sicherheitsrat als zentralen Ort im Anti-Drohnen-Kampf etablieren. „Wir brauchen ein 24/7- und 360-Grad-Lagebild über alles, was passiert“, sagte Pistorius im Podcast „Table.Today“. Mehr hier.
- Bayerns Ministerpräsident Markus Söder dringt auf schnelle rechtliche Regelungen zur Abwehr von Drohnen. Die Rahmenbedingungen zum Abfangen und zur Abwehr von Drohnen müssten massiv verstärkt werden, sagte der CSU-Chef in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Mehr hier.
- Die polnische Justiz will innerhalb von 40 Tagen über eine mögliche Auslieferung des wegen des Anschlags auf die Nord-Stream-Pipelines festgenommenen Ukrainers an Deutschland entscheiden. Ein Gericht in Warschau verlängerte am Montag zudem die Untersuchungshaft des Verdächtigen Wolodymyr Z. Mehr hier.
- Russland hat nach eigenen Angaben in der Nacht 251 ukrainische Drohnen abgefangen. 61 davon seien über dem Schwarzen Meer zerstört worden, teilt das russische Verteidigungsministerium auf Telegram mit. Eine Drohne sei auf Kurs Richtung Moskau gewesen. Mehr im Newsblog.
- Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) hat nach eigenen Angaben einen 16-jährigen Bewohner Charkiws wegen mutmaßlicher Agententätigkeiten für Russland festgenommen. Der Minderjährige soll während eines Aufenthalts in der EU für russische Geheimdienste tätig gewesen sein.
- Die jüngsten Flugstörungen durch Drohnen sind dem früheren russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zufolge nützliche Erinnerung für die Europäer an die Kriegsgefahr. Vorwürfe, Russland könne hinter den Vorfällen in Deutschland und Dänemark stecken, wies der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates zurück.
- Das BSW im Brandenburger Landtag hat den russischen Botschafter in Deutschland zu einer Ausstellung eingeladen. Der Koalitionspartner SPD sieht das mit Skepsis.
- Der linksnationale slowakische Regierungschef Robert Fico hat in einem TV-Interview erneut die Ukraine- und Russland-Politik der EU kritisiert. Im Unterschied zum Grundtenor der meisten EU-Gipfeltreffen wünsche er sich keine Niederlage Russlands, sondern ein Verhindern eines neuerlichen großen Krieges. Der Ukraine-Krieg sei „nicht unser Krieg“, sagte er.
Hintergrund und Analyse
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