
© dpa/Evgeniy Maloletka
Ukraine-Invasion, Tag 1372: Russlands Angriffe treiben die Ukraine in die Abhängigkeit von US‑Gas
US-Außenminister Rubio spricht sich offenbar für sofortigen Frieden ohne Sicherheitsgarantien aus, acht Männer wegen Explosion auf Krimbrücke zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Überblick am Abend.
Stand:
in der Ukraine soll US‑Gas die kriegsbedingten Ausfälle ersetzen – darauf setzt das staatliche Energieunternehmen Naftogaz nach einer Reihe gezielter russischer Angriffe auf die Gasförderung. Exklusive Aufnahmen der Nachrichtenagentur AP aus einem schwerbeschädigten Förderfeld in der Zentralukraine zeigen massive Zerstörungen: Raketen und Drohnen trafen im März und Oktober mehrere Anlagen so schwer, dass die Ukraine zusätzlich 4,4 Milliarden Kubikmeter Gas importieren muss, um durch den Winter zu kommen.
Um diese Lücke zu schließen, verhandelt Naftogaz AP zufolge derzeit über umfangreiche Kredite, darunter mit zwei US‑Institutionen für den Kauf von Flüssigerdgas. Rund 70 Prozent der benötigten Mittel sind bereits zugesagt, doch die Zeit drängt: Beschaffung, Transport und Einspeisung müssen parallel zu anhaltenden russischen Angriffen auf die Energieinfrastruktur erfolgen.
Gleichzeitig wächst der finanzielle Druck auf den ukrainischen Gasmarkt. Staatliche Subventionen decken derzeit etwa die Hälfte des realen Marktpreises ab, was Naftogaz strukturell belastet. Fachleute fordern laut AP Reformen, doch Preiserhöhungen gelten politisch als kaum durchsetzbar. Auch wegen eines Korruptionsskandals im Energiesektor ist die Regierung bei unpopulären Entscheidungen zurückhaltend. In den laufenden Gesprächen über ein mögliches Friedensabkommen spielt die fragile Energiesituation inzwischen ebenfalls eine Rolle.
Damit wird der Energiesektor zu einem zentralen Schauplatz des Krieges: Die Stabilität der Gasversorgung entscheidet zunehmend darüber, wie die Ukraine durch diesen Winter kommt – und wie handlungsfähig der Staat bleibt.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Einem Medienbericht zufolge soll US-Außenminister Rubio europäische Verbündete mit einem aus ukrainischer Sicht absurden Vorschlag konfrontiert haben: Er sprach sich demnach für einen sofortigen Ukraine-Frieden ohne Sicherheitsgarantien aus. Mehr dazu hier.
- Die USA drücken bei den Friedensverhandlungen aufs Tempo. An vorderster Front macht US-Heeresminister Driscoll Druck auf die Ukraine. Er warnt auch Europa vor russischen Raketen. Mehr hier.
- Drei Jahre nach der Explosion auf einer Brücke zur Schwarzmeer-Halbinsel Krim sind alle acht Angeklagten im Prozess um den Sprengstoffanschlag zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Sie wurden von einem russischen Militärgericht des Terrors und illegalen Umgangs mit Sprengstoffen schuldiggesprochen, wie die russische Staatsagentur Tass berichtete. Mehr in unserem Newsblog.
- Die Ukraine hat eine Fabrik angegriffen, in der Komponenten für Angriffsdrohnen vom Typ Shahed und für Marschflugkörper des Systems „Kalibr“ hergestellt werden, teilte Andrij Kowalenko, Leiter des Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation beim Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine, mit.
- Russische Streitkräfte haben die Zahl ihrer Sturmangriffe in Richtung der Stadt Sjewersk in der Region Donezk deutlich erhöht, teilte Dmytro Saporoschez, Sprecher des 11. Armeekorps der ukrainischen Streitkräfte mit.
- Kremlchef Wladimir Putin hat Pläne für Verhandlungen mit US-Vertretern nächste Woche in Russland bestätigt. Die Delegation werde in der ersten Hälfte der kommenden Woche erwartet, sagte Putin in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek zum Abschluss seines Besuchs dort.
- Nach mehr als drei Monaten Untersuchungshaft hat Italien den mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge auf die Nord-Stream-Gasleitungen 2022 in der Ostsee an Deutschland ausgeliefert.
- Russland ist nach eigenen Angaben mit seinen Invasionstruppen in der Ostukraine weiter auf dem Vormarsch. Einheiten der 2. Armee seien im Zentrum und im Norden der seit Monaten erbittert umkämpften Stadt Pokrowsk vorgerückt, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Zudem seien die Truppen östlich, westlich und südlich der Nachbarstadt Myrnohrad vorangekommen.
- Putin hat Staaten des Militärbündnisses Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) zu russischen Waffen geraten. „Wir schlagen vor, ein großangelegtes Programm zur Ausrüstung der kollektiven Streitkräfte mit modernen russischen Waffen und Technik zu starten, die ihre Effektivität im Rahmen echter Kampfhandlungen bewiesen haben“, sagte er der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
- Russland schließt als Vergeltung für ein ähnliches Vorgehen Polens Konsulat in der sibirischen Stadt Irkutsk. Die Genehmigung für den Betrieb der diplomatischen Vertretung werde zum 30. Dezember zurückgezogen, teilt das Außenministerium in Moskau mit.
- Die Verhandlungsdelegationen der Ukraine und der USA werden nach Angaben aus Kiew in Kürze wieder über eine Beendigung des russischen Angriffskriegs beraten. Er erwarte konkrete Ergebnisse, um Fortschritte bei den Friedensvorschlägen zu erzielen, sagt der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha vor Journalisten.
Hintergrund und Analyse
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: