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Ukraine-Invasion Tag 868: Katz-und-Maus-Spiel mit westlichen Waffen
Lieferung von F16-Kampfjets an Ukraine hat begonnen. FSB will Angriff auf russisches Kriegsschiff verhindert haben. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Derzeit läuft der Nato-Gipfel in den USA, und dort geht es auch um die weitere Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland. So hatte US-Präsident Joe Biden dort ein weiteres Patriot-System für das Land angekündigt, und die Niederlande und Dänemark erklärten am Rande des Treffens, dass die Nato-Partner mit der Lieferung von F-16-Kampfjets begonnen hätten – nach rund einjähriger Verzögerung (mehr dazu in unseren Nachrichten des Tages).
Dass die militärische Hilfe für die Ukraine oft zu langsam für das angegriffene Land kommt, hatte Kiew immer wieder kritisiert. Das „Wall Street Journal“ zeigt nun auf, dass dabei nicht nur der Munitionsmangel ein Problem ist, sondern dass die Verzögerungen die Ukraine und auch den Westen vor weitere Probleme stellen (Quelle hier).
Denn, so schreiben die Autoren, die Wirksamkeit westlicher Waffen sei ebenfalls nur von begrenzter Dauer, weil sich die Gegenseite auf diese einstelle. So hätten es nicht nur die Ukrainer geschafft, sich auf die Bedrohung durch die iranischen Shahed-Drohnen, die von Russland genutzt werden, einzustellen. Umgekehrt habe auch Moskau seine elektronische Kriegsführung an die westlichen Waffen angepasst.
Das „Wall Street Journal“ nennt mehrere Beispiele für eine geringere Wirkweise westlicher High-Tech-Waffen im Verlauf des Krieges. So hätten etwa die Excalibur-Artilleriegeschosse im Sommer 2022 russische Panzer und Artillerie mit chirurgischer Präzision getroffen. Doch Russland sei es gelungen, deren GPS-Lenkung und die Zünder zu stören, sodass sie ihre Ziele nicht mehr präzise trafen oder sogar detonierten. Auch die Präzision von GPS-gesteuerten Raketen, die von den Himars-Systemen abgefeuert werden, habe abgenommen.
William LaPlante, stellvertretender US-Verteidigungsminister für Beschaffung und Instandhaltung, räumte laut dem Bericht in seinen jüngsten Äußerungen die Erfolge Russlands bei der Störung von Präzisionsmunition ein: „Die Russen sind wirklich sehr, sehr gut geworden.“
Und so wird der Einsatz westlicher Waffen und die Reaktion der Russen darauf zu einem Katz-und-Maus-Spiel, schreibt das „Wall Street Journal“. „Bei der Kriegsführung geht es um die Geschwindigkeit der Anpassung“, sagte der pensionierte Luftmarschall Edward Stringer, ehemaliger Leiter der Abteilung Operationen im britischen Verteidigungsministerium. „Wenn man wöchentlich ein Antibiotikum verabreicht, trainiert man den Erreger – und wir haben den Erreger trainiert. (...) Wir hätten ihm diese Zeit nicht geben müssen, aber wir haben es getan.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:
- Die Ukraine strebt eine Rekrutierung ihrer im europäischen Ausland lebenden männlichen Staatsbürger im wehrfähigen Alter an. Dafür soll eine in Polen stationierte Einheit namens „Ukrainische Legion“ ins Leben gerufen werden, wie das Verteidigungsministerium am Mittwoch in Kiew mitteilte. Mehr hier.
- Durch einen russischen Raketenangriff auf den Hafen von Odessa sind nach ukrainischen Behördenangaben zwei Menschen getötet worden. Die Toten seien ein Wachmann und ein Lkw-Fahrer, teilte der Gouverneur der Militärverwaltung des Gebiets, Oleh Kiper, mit. Mehr hier.
- Der russische Raketenangriff auf die Ukraine am Montag, bei dem auch ein Kinderkrankenhaus in Kiew getroffen wurde, hat weltweit Entsetzen ausgelöst. Selbst enge Verbündete des Putin-Regimes reagieren mit Sorge. Im UN-Sicherheitsrat sorgt die russische Delegation für einen Eklat. Mehr hier.
- Einem Medienbericht zufolge wurden US-Militärstützpunkte in Europa vergangene Woche aus Sorge vor von Russland unterstützen Sabotageakten in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Das berichtete der US-Sender CNN unter Berufung auf mehrere mit der Situation vertraute Personen. Mehr hier.
- Ukrainische Behörden haben Sören Pellmann, dem Vorsitzenden der Linken-Gruppe im Bundestag, die Einreise in die Ukraine verweigert. Die Begründung der Grenzbeamten lautete, dass entsprechende Daten über Pellmann vorliegen, wie der Abgeordnete der „Welt“ mitteilte. Mehr hier.
- Ein Gericht in Russland hat einen Haftbefehl gegen die im Exil lebende Witwe von Alexej Nawalny wegen des Vorwurfs der Beteiligung an einer „extremistischen Organisation“ erlassen. Julia Nawalnaja habe sich den Vorermittlungen entzogen, erklärte der Pressedienst der Moskauer Gerichte am Dienstag im Onlinedienst Telegram. Daher sei sie auf die Fahndungsliste gesetzt worden. Mehr hier.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Rande des Nato-Gipfels die Verbündeten um westliche Kampfjets in hoher Stückzahl gebeten. Die Ukraine hoffe in diesem Sommer auf die ersten einzelnen Maschinen vom Typ F-16, dabei brauche sein von Russland angegriffenes Land mindestens 128 Kampfflugzeuge, sagte Selenskyj bei einer Rede in der Ronald-Reagan-Stiftung. Mehr hier.
- Noch in diesem Sommer sollen die von ausländischen Partnern versprochenen F-16-Kampfjets in der Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffskrieges zum Einsatz kommen. Der Transfer der Jets sei bereits im Gange, kündigten die USA, die Niederlande und Dänemark in einer gemeinamen Erklärung am Rande des Nato-Gipfels in Washington an. Mehr in unserem Newsblog.
- Polen muss seine Soldaten laut Generalstabschef Wieslaw Kukula auf einen vollumfassenden Konflikt vorbereiten. Das osteuropäische Land fühlt sich seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 viel stärker bedroht als zuvor.
- Russlands Militär arbeitet nach Angaben des Präsidialamtes in Moskau weiterhin an der Bildung einer Pufferzone in der ukrainischen Region Charkiw. Dies brauche aber noch Zeit. Der russische Präsident Wladimir Putin hat im Mai erklärt, Russland schaffe eine solche Zone, um seine eigenen Grenzregionen vor ukrainischen Angriffen zu schützen.
- Nach den schweren Luftangriffen auf Kiew und andere Städte am 8. Juli hat die Militärverwaltung der Hauptstadt auf ihrer Webseite Zahlen veröffentlicht. Demnach wurden 34 Menschen getötet, darunter fünf Kinder, 117 Personen wurden verletzt.
- Die Ukraine will auf dem Nato-Gipfel in Washington den Druck auf die Vereinigten Staaten erhöhen, damit diese die Beschränkungen für den Einsatz amerikanischer Waffen gegen Ziele auf russischem Territorium aufheben. Das erklärte der Leiter des Präsidialamtes, Andriy Yermak, gegenüber „Politico“.
- Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben einen ukrainischen Angriff auf ein russisches Kriegsschiff verhindert. Ein Agent des ukrainischen Geheimdienstes sei festgenommen worden, berichten russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf den FSB.
- Die Mehrheit der Deutschen ist damit einverstanden, mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur stellten sich 51 Prozent hinter die Zusage der Bundesregierung, dieses Nato-Ziel langfristig einzuhalten.
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