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Ukraine-Invasion, Tag 929: Ukrainische Soldaten und ihre neue Rolle als Besatzer
Putin-Partei verkündet eigenen Wahlsieg. Moskau setzt bei kremlkritischer Berichterstattung offenbar auf mildere Politik. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Seit einigen Wochen kommt ukrainischen Soldaten eine neue Rolle im Krieg zu, der seit zweieinhalb Jahren wütet: Sie sind Besatzer. Rund 100 russische Dörfer sollen seit der Offensive in die Region Kursk unter ukrainischer Kontrolle sein. Wie das ukrainische Militär mit dieser neuen Rolle umgeht, darüber berichtet das „Wall Street Journal“ (WSJ).
„Es ist wichtig, dass wir uns nicht so verhalten wie diejenigen, die den Krieg mit Plünderungen und Vergewaltigungen zu uns gebracht haben“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj vergangene Woche bei einer Pressekonferenz.
Die WSJ-Journalisten berichten unter anderem von Maria Andreeva. Nachdem das ukrainische Militär das Dorf der 76-Jährigen eingenommen hatte, erhielt ihre Familie die Nachricht, ukrainische Soldaten hätten sie brutal ermordet.
Tatsächlich aber entdeckte Andreevas Tochter, die in Norwegen lebt, ein Video in sozialen Netzwerken. Darin zu sehen: ihre Mutter, die von ukrainischen Soldaten ein Paket mit Wasser und Nahrung bekommt. Über das ukrainische Militär organisierte Andreevas Tochter einen Transport ihrer Mutter in Sicherheit: in die Ukraine.
Einen humanitären Korridor, über den die rund 20.000 Menschen in der Region versorgt werden oder ausreisen können, gibt es nicht. Nach ukrainischen Angaben weigert sich Russland, einen solchen Korridor einzurichten. Unabhängige Nachrichten aus der Region Kursk zu bekommen, ist schwierig.
Erst vor wenigen Tagen aber hat die Regierung in Kiew eine Hotline einrichten lassen. Dort können sich Russinnen und Russen melden, die eine Evakuierung aus der besetzten Region in die Ukraine wünschen. Wie oft sie genutzt wird, dazu gibt es keine Angaben.
Maria Andreeva lebt nun in Sumy, in der Grenzregion im Nordosten der Ukraine. Früher, sagt sie, habe man nicht gewusst, wo Russland endet und die Ukraine beginnt. „Wir waren Freunde. Und heute, nur wegen eines Idioten, bekämpfen wir uns.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
- Bei den Regionalwahlen in Russland hat die Partei von Präsident Wladimir Putin nach eigenen Angaben einen ungefährdeten Sieg eingefahren. Aus den Wahlen vom 6. bis 8. September in 83 Regionen des Landes seien die Kandidaten von „Einiges Russland“ als Sieger hervorgegangen, sagte der Sekretär des Generalkomitees der Partei, Wladimir Jakuschew, am Montag. Mehr hier
- Russische Behörden gehen offenbar wieder vermehrt gegen zu kritische Militärblogger im eigenen Land vor. Allerdings soll dich die Art des Umgangs mit kremlkritischer Berichterstattung im Verlauf der Zeit geändert haben. Mehr hier
- Die Europäische Union hat von ihren Verbündeten „glaubwürdige Informationen“ über die Lieferung ballistischer Raketen durch den Iran an Russland erhalten. „Wir prüfen die Angelegenheit mit den Mitgliedstaaten, und wenn sie bestätigt wird, würde diese Lieferung eine bedeutende materielle Eskalation in der Unterstützung des Iran für Russlands illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine darstellen“, sagte der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, Peter Stano, am Montag in Brüssel. Mehr im Liveblog
- Russland hat nach eigenen Angaben eine weitere Ortschaft nahe der strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk im Osten der Ukraine eingenommen. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte am Montag, die russische Armee habe das rund 20 Kilometer von Pokrowsk gelegene Dorf Memryk „befreit“.
- Der Kreml sieht anders als Bundeskanzler Olaf Scholz derzeit keine Grundlage für Friedensgespräche mit der Ukraine. „Was eine friedliche Beilegung des Konflikts in der Ukraine betrifft, zeichnen sich bislang keine greifbaren Konturen ab“, sagte Dmitri Peskow, Sprecher von Präsident Wladimir Putin, in Moskau.
- Polens Geheimdienste haben nach Regierungsangaben einen Ring von Saboteuren zerschlagen, die im Auftrag von Russland und Belarus Cyberattacken im Land geplant haben sollen. Ziel der Gruppe sei es gewesen, Informationen abzuschöpfen, die sich zur Erpressung eignen, sagte Digitalisierungsminister Krzysztof Gawkowski in Warschau.
- Russland hat in der Nacht erneut die ukrainische Hauptstadt Kiew aus der Luft attackiert. „Es war der fünfte Luftangriff auf Kiew seit Anfang September“, schrieb die Militärverwaltung der Stadt Kiew bei Telegram. Alle für die Hauptstadt gefährlichen Drohnen seien abgeschossen worden.
- Dem ukrainischen Außenminister Andriy Sybiga zufolge muss die NATO auf russische Spionageflugzeuge reagieren, die in den europäischen Luftraum eindringen. Die Verletzung des rumänischen und lettischen Luftraums durch russische Drohnen am Montag erinnere daran, dass Russlands aggressive Handlungen über die Ukraine hinausgehen, schrieb der Minister auf seiner Facebook Seite.
- China hat ein gemeinsames Militärmanöver mit Russland angekündigt, das noch in diesem Monat stattfinden soll. Die Übung ziele darauf ab, „die strategische Zusammenarbeit zwischen dem chinesischen und dem russischen Militär zu vertiefen“, erklärte das Verteidigungsministerium in Peking am Montag.
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