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Ein roter Rosenstrauß.

© IMAGO/Cavan Images

Ukraine-Invasion Tag 985: Warum „Der Bachelor“ in der Ukraine mehr als ein Rosenkavalier ist

Annalena Baerbock in der Ukraine. 200 Millionen Euro Winterhilfe. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

Ein bis zwei dutzend Frauen versuchen das Herz eines Mannes zu erobern. Dieser sortiert Woche für Woche die Damen aus, die ihn nicht begeistern können, bis zuletzt seine vermeintliche Traumfrau übrig bleibt, dem er dann „die letzte Rose“ überreicht. So funktioniert das Reality-Format „Der Bachelor“, das in Deutschland seit Jahren im Privatfernsehen gezeigt wird.

Was bei uns bloß der Unterhaltung dient, hat in der Ukraine inzwischen eine politische Dimension angenommen. Das Format existiert auch in der Ukraine, hat sich – wie so vieles – durch den russischen Angriffskrieg massiv verändert. Die „Washington Post“ (Quelle hier) hat mit dem ukrainischen Bachelor, den Teilnehmern und den Produzenten gesprochen.

40 Prozent des Kamera-und Lichtteams seien zum Krieg eingezogen worden. Ausgangssperren hätten die Arbeitszeiten eingeschränkt, exotische ausländische Drehorte seien ausgeblieben. Die größte Veränderung aber betreffe das Profil des „Bachelors“.

Das ist in diesem Jahr Oleksandr Budko. Er war einst ehemaliger Zugführer eines Infanteriebataillons. Im August 2022 jedoch verlor er beide Beine, als eine Rakete den Schützengraben seines Bataillons in der Region Charkiw traf. „Es war extrem schmerzhaft. Ich schaute nach unten und sah, dass ein Bein fast weg war und das andere … nur ein Durcheinander aus Armeestiefeln, Fleisch und Erde war“, erinnert er sich.

Budko aber habe sich nicht unterkriegen lassen. Er begann, sich aktiv für mehr Barrierefreiheit und Behindertenrechte einzusetzen. Er veröffentlichte seine Kriegserinnerungen in einem Buch und gewann Bronze im Schwimmen bei den Invictus Games, dem internationalen Sportwettbewerb für verwundete Veteranen, der von Prinz Harry ins Leben gerufen wurde.

Budko, der jetzt Prothesen trägt, möchte die gesellschaftliche Stigmatisierung von Frontheimkehrern bekämpfen, die oft als Alkoholiker, traumatisierte Opfer und Unruhestifter angesehen würden. „Ich möchte zeigen, dass Menschen, die nach dem Krieg schwer verletzt wurden, ihr Leben in vollen Zügen genießen können und dass sie absolut gleiche Chancen haben.“

Anna Kalina, die zehn Staffeln von „Der Bachelor“ moderierte, war sofort von Budko beeindruckt. „Der Junggeselle ist nicht nur der schönste oder begehrenswerteste Mann für alle Frauen des Landes. Er muss auch ein Held für das Land und ein Held der Zeit sein, in der wir drehen.“

Jemand aus dem Produktionsteam sagte gegenüber der „Washington Post“: „Ich möchte, dass das ukrainische Publikum versteht, dass es immer Zeit für Liebe gibt. Viele Ukrainer glauben, dass man im Krieg alles aufgeben muss, außer der Kriegsteilnahme. Liebe, Sex, Vergnügen: Was einen als Person glücklich macht, hilft einem, den Feind zu bekämpfen.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist in Kiew zu ihrem achten Besuch seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 eingetroffen. In der ukrainischen Hauptstadt will sich die Grünen-Politikerin ein Bild von der Lage im ukrainischen Abwehrkampf machen. „Fast 1000 Tage erschüttert Putins Krieg den Alltag der Ukrainerinnen und Ukrainer - nicht aber ihren Mut und ihre Hoffnung auf ein sicheres Leben in einer freien Ukraine“, erklärte Baerbock bei ihrer Ankunft mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Deutschland stellt der Ukraine weitere 200 Millionen Euro an Winterhilfe zur Verfügung. „Wir als deutsche Bundesregierung, als größtes Land Europas, wissen um unsere Verantwortung“, sagte Baerbock bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha und fügt hinzu. „Ihr seid nicht alleine.“
  • Bei dem jüngsten Luftangriff Russlands auf die Stadt Charkiw sind dem Gouverneur der gleichnamigen Region zufolge mindestens 15 Menschen verletzt worden. Durch die Einschläge der Bomben seien zwei Wohnhäuser sowie zwei Supermärkte, ein Cafe, zahlreiche Kioske und ein Einkaufszentrum beschädigt worden, schreibt Oleh Synjehubow auf Telegram. Unter den Verletzten seien vier Mitarbeiter des Innenministeriums.
  • Südkorea ist wohl bereit, seine Unterstützung für die Ukraine zu verstärken. Dies erklärte der Außenminister der Republik Korea Cho Tae-il, wie Reuters berichtet. Auslöser für das Umdenken ist die Entsendung nordkoreanischer Soldaten nach Russland.
  • Gemäß dem Abkommen mit Russland hat Nordkorea eine Reihe von Zusagen im Gegenzug für die Beteiligung ihres Militärs in der russischen Region Kursk bekommen. Das berichtet die Nachrichtensendung TSN Ukraine unter Berufung auf südkoreanische Quellen. Der ehemalige südkoreanische Botschafter in Russland, Wee Sung-luck, sagte, Putin habe Kim Jong-un die Lieferung von 600 bis 700 Tausend Tonnen Reis versprochen.
  • Das Tempo der Mobilisierung in der Ukraine hat sich verlangsamt. Der Parlamentsabgeordnete und Sekretär des Verteidigungsausschusses Roman Kostenko fordert deshalb, dass insgesamt 500.000 Mann eingezogen werden müssten, so wie es der ehemalige Chef der Streitkräfte Valeriy Zaluzhnyy gefordert habe.

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