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Palästinenser versammeln sich am 25. Juni 2025 in der Nähe des Flüchtlingslagers Nuseirat im zentralen Gazastreifen an einem von der privaten Gaza Humanitarian Foundation (GHF) eingerichteten Verteilungspunkt für Hilfsgüter (Symbolbild).

© AFP/EYAD BABA

„Unschuldige unnötig verletzt“: Private US-Sicherheitskräfte sollen auf Hilfesuchende im Gazastreifen geschossen haben

An Verteilzentren der Gaza Humanitarian Foundation soll Security aus Amerika auf Palästinenser gefeuert haben. Das Personal sei schwer bewaffnet und oft unqualifiziert, heißt es in einem Bericht.

Stand:

Sicherheitspersonal aus den USA soll an Verteilzentren der umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation (GHF) auf Palästinenser geschossen haben, berichtet die Nachrichtenagentur AP. Demnach wurden scharfe Munition, Blendgranaten und Pfefferspray gegen Hilfesuchende eingesetzt, wie Augenzeugenberichte und Videos zeigen sollen.

Ihre Kollegen seien oft unqualifiziert, schwer bewaffnet und könnten tun und lassen, was sie wollen, sollen zwei Sicherheitsmitarbeiter der Agentur geschildert haben. Auf Videos, die einer von ihnen aufgenommen haben soll, ist demnach eine Blendgranate zu erkennen, die in eine Menschenmenge fliegt. In einem anderen seien mehrere Schüsse in der Nähe zu hören, hätten unabhängige Audioexperten bestätigt.

Wenn die Operationen so weitergehen, werden weiterhin unschuldige Hilfssuchende unnötig verletzt. Und möglicherweise getötet.

Ein Sicherheitsmitarbeiter berichtet der Nachrichtenagentur AP

Es sei wiederholt zu solchen Vorfällen gekommen. Mindestens einmal, glaube der Mitarbeiter, sei jemand durch Schüsse getroffen worden. „Unschuldige Menschen werden verletzt. Schwer. Unnötigerweise“, wird er von der AP zitiert.

Schüsse in Video zu hören

Ein Video zeigt Menschenmengen, dicht gedrängt zwischen Metallzäunen. In einem weiteren sind die Schüsse zu hören – mindestens 15 zählt die Nachrichtenagentur. Nach Angaben des Sicherheitsmitarbeiters hätten seine Kollegen von mindestens zwei Stellen aus auf die Palästinenser geschossen. Andere Kollegen sind in dem Video zu hören, wie sie sich anstachelten, berichtet AP.

„Ich glaube, Sie haben einen getroffen“, ist auf der Aufnahme zu hören. Eine andere Stimme ruft: „Hell, yeah, Junge!“ Die Sicht wird durch einen Erdhügel verdeckt. Bei fast jeder Verteilung von Lebensmitteln sei geschossen worden – mit scharfer Munition und Blendgranaten – oder Pfefferspray eingesetzt worden, auch wenn keine Bedrohung vorgelegen habe, schilderten die zwei Quellen der Nachrichtenagentur.

Einem internen Bericht des Logistikunternehmens zufolge, das für die GHF die Verteilzentren betreut, sollen bei fast einem Drittel der Ausgabetermine innerhalb von zwei Wochen im Juni Hilfesuchende verletzt worden sein, berichtet AP. Auf Anfrage habe das Unternehmen erklärt, es handele sich um leichtere Verletzungen. Schwere Verletzungen habe es nicht gegeben.

Jeder Sicherheitsmitarbeiter sei mit einer Pistole, Blendgranaten, Tränengas und einem automatischen Gewehr ausgerüstet worden, berichtete eine der Quellen der Agentur.

Ein weiterer hochrangiger Sicherheitsmitarbeiter habe die Operation in einer E-Mail an den Chef des privaten Sicherheitsdienstleisters, der die GHF-Verteilzenten bewacht, als „Amateurarbeit“ bezeichnet, heißt es in dem Bericht. Es gebe nicht genug Personal und Ausstattung, was die Standorte „nicht sicher“ mache.

Palästinenser versammeln sich am 25. Juni 2025 in der Nähe des Flüchtlingslagers Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens an einem von der privaten Gaza Humanitarian Foundation (GHF) eingerichteten Verteilungspunkt für Hilfsgüter.

© AFP/EYAD BABA

Die beiden zitierten Sicherheitsmitarbeiter sagten AP zudem, dass sie und ihre Kollegen nicht überprüft wurden, ob sie sicher mit einer Waffe umgehen könnten. Dem widersprach ein Sprecher des Unternehmens. „Wenn die Operationen so weitergehen, werden weiterhin unschuldige Hilfssuchende unnötig verletzt“, zitiert AP einen der Mitarbeiter. „Und möglicherweise getötet.“

GHF will Gaza-Einsatz fortführen

„Wir schließen nicht. Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen“, erklärte GHF-Präsident Johnnie Moore am Mittwoch vor Journalisten in Brüssel. „Jeden Tag kostenlose Lebensmittel für die Menschen im Gazastreifen bereitzustellen, ist sehr einfach“, fügte er hinzu. Seinen Angaben zufolge hat die GHF seit Beginn ihrer Arbeit Ende Mai bereits mehr als eine Million Kisten Lebensmittel ausgegeben.

An den Verteilzentren der Stiftung kommt es immer wieder zu Chaos und Gewalt. Mehrere Hilfsorganisationen, darunter Ärzte ohne Grenzen und Save the Children, hatten deshalb gefordert, dass die GHF ihre Arbeit einstellt.

Die von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Behörden im Gazastreifen werfen der israelischen Armee vor, auf Zivilisten zu schießen, die für Hilfsgüter anstehen. Bei den Vorfällen hat es nach Angaben der Hamas zahlreiche Tote gegeben.

Johnnie Moore, Präsident der Gaza Humanitarian Foundation (GHF), trinkt, während er zu Journalisten in Brüssel spricht.

© REUTERS/Yves Herman

Moore wies die Vorwürfe zurück. „Wir hatten keine gewalttätigen Zwischenfälle an unseren Verteilzentren“ oder in deren unmittelbarer Nähe, erklärte er.

Die GHF wird von den USA und Israel unterstützt. Israel hatte Anfang März eine Blockade für Hilfslieferungen in den Gazastreifen verhängt. Erst Ende Mai wurde die Blockade teilweise wieder aufgehoben. Daraufhin nahm die GHF ihre Arbeit auf und eröffnete vier Verteilzentren im Süden und im Zentrum des Palästinensergebiets.

Die UN und große Hilfsorganisationen verweigern die Kooperation mit der Stiftung. Sie werfen ihr vor, sich nach den Plänen der israelischen Armee auszurichten und damit gegen grundlegende humanitäre Prinzipien zu verstoßen. (dak mit AFP)

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