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Annalena Barbock am 17. November auf dem Grünen-Parteitag.

© REUTERS/Kai Pfaffenbach

Update

USA erlauben Kiew Einsatz weitreichender Raketen: Baerbock begrüßt Entscheidung – Wagenknecht warnt

Washington weicht Berichten zufolge die Beschränkungen für Angriffe der Ukraine mit US-Waffen auf russische Ziele auf. Das löst auch in Deutschland eine Diskussion aus.

Stand:

US-Präsident Joe Biden erlaubte der Ukraine übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge den Einsatz weitreichender Raketen gegen bestimmte Ziele in Russland.

Sie dürften zunächst gegen russische und nordkoreanische Soldaten in der Oblast Kursk eingesetzt werden, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf US-Regierungskreise. In Kursk zeichnet sich eine Gegenoffensive Moskaus ab. Die Regierung in Kiew will laut Reuters den ersten derartigen Angriff in den kommenden Tagen ausführen. Das Weiße Haus hat die Medienberichte weder dementiert noch bestätigt.

Baerbock begrüßt Entscheidung

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat mit Zustimmung auf die US-Berichte reagiert. Es gehe jetzt darum, „dass die Ukrainer nicht warten müssen, dass die Rakete über die Grenze fliegt, sondern dass man die militärischen Abschussbasen, dass man von dort, wo die Rakete geflogen wird, dass man das zerstören kann“, sagte die Grünen-Politikerin im „rbb Inforadio“. Dies sei im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts jedes Landes.

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Es sei schon lange bekannt, dass die Grünen, „das genauso sehen wie unsere osteuropäischen Partner, wie die Briten, wie die Franzosen und auch wie die Amerikaner“.

Union fordert Scholz zur Freigabe auf

Die Union hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu aufgefordert, der Ukraine nach dem Vorbild der USA den Einsatz weitreichender Raketen gegen bestimmte Ziele in Russland zu erlauben. „Es wäre logisch, wenn Deutschland sich wie die USA verhielte“, sagte der Verteidigungsexperte Johann Wadephul (CDU) der „Rheinischen Post“.

Die Entscheidung Bidens sei „eine verständliche Reaktion auf die Eskalation durch Russland, welches jetzt auch nordkoreanische Spezialtruppen einsetzt“ ergänzte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. „Diese können jetzt durch die Ukraine bekämpft werden.“ Russlands Präsident Wladimir Putin müsse „immer wieder erfahren, dass wir ihn mit seiner brutalen Aggression nicht durchkommen lassen“.

Deutschland ist in der Frage der weiter reichenden Waffen deutlich zurückhaltender. Bundeskanzler Scholz lehnt die von der Ukraine gewünschte Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper ab. Diese Haltung bleibe „unverändert“, sagte Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag in Berlin. Begründet wird sie mit der Sorge vor einer Eskalation des Krieges.

Wagenknecht warnt vor Taurus-Lieferung

BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht hat nach Berichten über eine Einsatzerlaubnis weitreichender Raketen vor einer Zuspitzung der Lage gewarnt. Die Entscheidung sei ein weiterer Schritt in Richtung großer Krieg, erklärte Wagenknecht.

Dass nun Grüne, FDP und Union die Taurus-Debatte erneut befeuerten, sei hochgefährlich, fügte Wagenknecht hinzu. „Taurus-Raketen zu liefern, die von der Bundeswehr programmiert werden müssen, ist praktisch eine Kriegserklärung an die Atommacht Russland. Die Debatte zeigt, dass eine Merz-Habeck-Regierung eine Kriegskoalition für Deutschland wäre.“

Russland sieht Eskalation

Der Kreml wertet die angebliche Freigabe von US-Raketen als Verwickelung westlicher Staaten in den Krieg. „Wenn eine solche Entscheidung tatsächlich formuliert und dem Kiewer Regime mitgeteilt wurde, hat das die Qualität einer neuen Windung der Eskalationsspirale“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Es sei auch eine „qualitativ neue Lage hinsichtlich der Verwickelung der USA in den Konflikt“, sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge.

Peskow stellte klar, dass der Kreml dazu bislang nicht mehr wisse, als US-Medien berichteten. Er wiederholte, was Putin schon früher über den Einsatz solcher Waffen behauptet hatte. „Diese Schläge verübt ja nicht die Ukraine“, sagte Peskow. „Diese Schläge verüben die Staaten, die die Erlaubnis geben, denn die Zielprogrammierung und die sonstige Versorgung übernehmen nicht ukrainische Militärs, das machen Spezialisten aus diesen westlichen Ländern.“ Russland reagierte auf die Ukraineunterstützung schon mehrfach mit dem Vorwurf an den Westen, Spannungen zu schüren. Auch andere russische Politiker beschworen nun wieder die Gefahr eines „Dritten Weltkriegs“ herauf.

Die Erlaubnis für die Ukrainer, die Langstreckenraketen – sogenannte Army Tactical Missile Systems (ATACMS) – einzusetzen, sei eine Reaktion auf die jüngste Entscheidung Russlands, nordkoreanische Truppen in den Kampf einzubeziehen, schreiben „New York Times“ und „Washington Post“ übereinstimmend.

Raketeneinsatz bislang auf Verteidigung Charkiws beschränkt

Bislang beschränkten die USA den Einsatz ihrer Waffen gegen Russland auf die Abwehr der russischen Offensive gegen die ostukrainische Stadt Charkiw. Hier haben die USA den Einsatz des Raketenwerfersystems vom Typ Himars erlaubt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert seit Monaten eine Freigabe für Angriffe tiefer im russischen Landesinneren. Als Begründung wird von Kiew angeführt, dass nur so russische Militärflughäfen erreicht werden können, von denen Kampfjets aufsteigen, um auf ukrainische Ziele Gleitbomben abzuwerfen oder Raketen abzufeuern.

Bidens Entscheidung kommt etwa zwei Monate, bevor sein designierter Nachfolger Donald Trump die Macht im Weißen Haus übernimmt. Es war zunächst unklar, ob dieser die Regelung fortführen würde. Auch prominente Mitglieder seiner republikanischen Partei haben gefordert, die Vorgaben für die Ukraine zu lockern. Umstritten ist in den USA dabei, wie groß die Auswirkungen auf den Kriegsverlauf sein dürften.

Die polnische Regierung befürwortete die Entscheidung Bidens. Er habe auf die Entsendung nordkoreanischer Truppen nach Russland und die massiven russischen Raketenangriffe auf die Ukraine am Sonntag „in einer Sprache geantwortet, die (der russische Präsident) Wladimir Putin versteht“, schrieb Polens Außenminister Radoslaw Sikorski im Onlinedienst X. „Das Opfer einer Aggression hat das Recht, sich zu verteidigen“, fügte er hinzu.

Die Ukraine hat zuletzt Geländeverluste hinnehmen müssen. Möglicherweise könnte die neue US-Regelung die Verhandlungsposition der Regierung in Kiew bei etwaigen Gesprächen über eine Waffenruhe stärken. (AFP, Reuters, dpa, Tsp)

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