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Erdogan plant erneut Ende Januar einen Besuch in Deutschland im Wahlkampf.

© AFP/Adem Altan

Vor möglichem Erdogan-Besuch in Berlin: AKP-Politiker droht Gegnern in Deutschland mit „Vernichtung“

Die Debatte über Auftritte türkischer Politiker vor den Wahlen im Frühsommer lebt wieder auf. Erdogan selber will Berichten zufolge Ende Januar nach Berlin kommen.

Bei einem Auftritt in Deutschland hat ein Vertreter der türkischen Regierungspartei AKP türkischen Dissidenten in der Bundesrepublik mit „Vernichtung“ gedroht. Die Türkei werde Anhänger der kurdischen PKK und des Predigers Fethullah Gülen in Deutschland und anderswo ausmerzen, sagte der AKP-Abgeordnete Mustafa Acikgöz in einer Rede in Neuss.

Alarmierte Deutsch-Türken schalteten die nordrhein-westfälische Polizei ein. Vor den türkischen Wahlen im Mai lebt nun die Debatte über türkische Wahlkampfveranstaltungen in Deutschland wieder auf.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan will nach türkischen Medienberichten am 27. oder 28. Januar zu seinem ersten Deutschland-Besuch seit drei Jahren nach Berlin reisen. Die Bundesregierung wollte das auf Anfrage am Montag nicht bestätigen.

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Werben um 1,4 Millionen Wähler in Deutschland

Erdogan war zuletzt im Januar 2020 in Berlin; Bundeskanzler Olaf Scholz hatte den türkischen Präsidenten im vergangenen März in Ankara besucht. Damals ging es vor allem um den Ukraine-Krieg, der Konflikt dürfte auch diesmal das Hauptthema sein. Zudem verlangt Ankara von Deutschland die Auslieferung türkischer Dissidenten.

Vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei, die nach Regierungsangaben von Juni auf Mai vorgezogen werden sollen, werben Erdogan und andere türkische Politiker auch bei den rund 1,4 Millionen türkischen Wählern in Deutschland um Unterstützung. Oppositionschef Kemal Kilicdaroglu war im Dezember in der Bundesrepublik.

Vor sechs Jahren hatte die Bundesregierung alle Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in der Bundesrepublik verboten, weil sie befürchtete, dass innertürkische Konflikte auf deutschem Boden ausgetragen werden könnten. Äußerungen des AKP-Politikers Acikgöz fachen diese Befürchtung jetzt neu an.

Unter dem Beifall der Zuhörer sagte er bei einer Veranstaltung zum Umgang mit PKK und Fetö: „Wir geben ihnen in der Türkei keinen Raum. Wir haben sie ausgemerzt. Mit Gottes Hilfe werden wir sie überall auf der Welt aus ihren Verstecken holen und vernichten. Da könnt ihr euch drauf verlassen.“

Dass Acikgöz seine Äußerungen am Freitag auf seinem Twitter-Konto veröffentlichte, legt nahe, dass er sich der Wirkung seiner Worte in Deutschland nicht bewusst war. Hätte er dieselbe Rede in der Türkei gehalten, wäre er damit nicht aufgefallen: Drohungen gegen die PKK und Gülen-Anhänger sind fester Bestandteil vieler Politiker-Reden in Ankara.

Doch in der Bundesrepublik entsetzte Acikgöz damit viele Erdogan-Kritiker. Der Essener Politologe Burak Copur warf Acikgöz Volksverhetzung und Anstiftung zu Straftaten vor. Nach seinen Angaben sprach der AKP-Politiker in einem Neusser Vereinsheim der rechtsextremistischen „Grauen Wölfe“. Die Gruppe untersteht der rechtsnationalistischen türkischen Partei MHP, einer Bündnispartnerin von Erdogan. Copur fordert ein Verbot der „Grauen Wölfe“ in Deutschland.

Der SPD-Politiker Macit Karaahmetoglu sagte dem Tagesspiegel, rechtlich spreche grundsätzlich nichts gegen Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland. Man kenne „den nationalistischen, aggressiven Ton und das Hochhalten von Feindbildern“ in der Rede von Acikgöz aus früheren Wahlkämpfen. Aber: „Wenn Oppositionelle in Deutschland eingeschüchtert oder gar bedroht und angegriffen werden, ist das nicht hinzunehmen“, sagt Karaahmetoglu.

Er sieht im Wahlkampfeinsatz von Acikgöz ein indirektes Eingeständnis der Schwäche von Erdogan. „Erdogan geht auf dem Zahnfleisch, ihm droht der Machtverlust“, sagte der SPD-Politiker. „Die zunehmende Entsendung von AKP-Rednern nach Deutschland zeigt, wie sehr er um jede Stimme kämpfen muss.“

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