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Eine US-Abschiebehaftanstalt.

© imago images/ZUMA Wire

Wegen Trumps verschärfter Grenzpolitik?: Diese Europäer landeten in den vergangenen Wochen in US-Abschiebehaft

Der ganz überwiegende Teil der Menschen in US-Abschiebehaft kommt nicht aus westlichen Ländern. Doch es gab zuletzt auch prominente Fälle von Deutschen, Franzosen und Kanadiern. Steckt System dahinter?

Stand:

Donald Trump hat eine wesentlich restriktivere Einwanderungspolitik zum zentralen Wahlkampfthema gemacht. Entsprechend wird schon die Einreise in die USA zunehmend schwieriger, und die Migrations- und Zollbehörde „ICE“ verhaftete in den vergangenen Wochen Zehntausende, die sich illegal im Land aufhalten.

Sie alle kommen zunächst in Abschiebehaft, bevor sie in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden. Während sich in diesen Haftanstalten Ende 2023 noch knapp 37.000 Menschen befanden, waren es im März fast 48.000. Viele klagen über schlechte Haftbedingungen.

Die ganz überwiegende Mehrheit der Inhaftierten stammt dabei aus nicht-westlichen Ländern, doch es gab in den vergangenen Wochen auch eine Reihe von Fällen inhaftierter Menschen aus den westlichen Industriestaaten, die große mediale Aufmerksamkeit erregten: darunter eine Kanadierin, eine Britin, ein Franzose und insgesamt vier Deutsche. Mutmaßlich gibt es noch mehr Fälle. Die Bundesregierung nimmt die bekanntgewordenen Fälle sehr ernst, betonte das Auswärtige Amt.

Am Donnerstag wurden entsprechend die Reisehinweise für die USA ergänzt: „Vorstrafen in den USA, falsche Angaben zum Aufenthaltszweck oder eine auch nur geringfügige Überschreitung der Aufenthaltsdauer bei Reisen können bei Ein- beziehungsweise Ausreise zu Festnahme, Abschiebehaft und Abschiebung führen“, warnt das Ministerium. Dies bedeute aber keine Reisewarnung für die USA, präzisierte ein Ministeriumssprecher.

In der Regel nennen die US-Beamten keine Gründe für eine Verweigerung der Einreise, und die Angaben der Betroffenen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Zu den häufigsten Problemen gehören jedoch eine illegale Einreise – etwa mit einem falschen Visum –, der Verdacht, dass eine Ausreise nicht geplant ist und die Einreisenden in den USA bleiben wollen, die Aufnahme einer Arbeit ohne entsprechendes Arbeitsvisum oder vergangene Straftaten. Doch was ist über die bisherigen Fälle bekannt?

Insgesamt vier Fälle aus Deutschland

Einer der bekanntesten Fälle war die Berliner Tätowiererin Jessica Brösche. Sie reiste aus dem mexikanischen Tijuana nach San Diego ein und wurde an der Grenze festgenommen. Vermutlich wurde ihr ein mitgeführtes Tätowierbesteck zum Verhängnis. Die US-Einreisebehörde ICE schloss daraus womöglich, dass die 29-Jährige plane, illegal in den USA zu arbeiten. Brösche war insgesamt sechs Wochen lang inhaftiert, bevor sie nach Deutschland zurückreisen konnte.

Auch Lucas Sielaff reiste über die Landgrenze aus Mexiko ein. Dort war er eigenen Angaben zufolge für vier Tage, um einen Tierarzt für seinen kranken Hund zu finden. Eigentlich wohnte der 25-Jährige bei seiner Verlobten in Las Vegas. Mit seinem ESTA-Visum darf er eigentlich zwei Jahre lang einreisen und bis zu 90 Tage bleiben. Doch an der Grenze wurde Sielaff nach seiner deutschen Herkunft befragt. Dabei sei es zu einem Missverständnis gekommen, und Sielaff vermutet, dass man ihn als vermeintlich illegal in den USA Lebenden gesehen habe. Sielaff verbrachte insgesamt 16 Tage in Haft, bevor seine Verlobte seine Ausreise nach Deutschland organisieren konnte.

Ein geplanter Trip nach Mexiko war womöglich auch der Grund, warum die Studentin Celine Flad gar nicht erst in die USA einreisen durfte. Mitte Februar war sie in Newark bei New York gelandet und hatte offenbar das Misstrauen eines Grenzbeamten erregt. Sie plante von New York zur Springbreak-Party ins mexikanische Cancún zu fliegen, dort einen Onkel zu besuchen und dann wieder in die USA einzureisen. Nach eigenen Aussagen hat sie eine Hotelbuchung, das Flugticket nach Cancún und den Rückflug vorlegen können. Dennoch wurde sie 24 Stunden festgehalten, bevor sie wieder in einen Flieger nach Deutschland gesetzt wurde.

Anders gelagert ist der Fall von Fabian Schmidt, einem 34-jährigen Deutschen, der seit 2007 in den USA lebt. Als Besitzer einer Green Card darf er eigentlich dauerhaft in dem Land leben. Dennoch wurde er bei seiner Rückkehr aus Luxemburg festgenommen.

Hintergrund sind offenbar Drogendelikte in der Vergangenheit. 2015 soll es zu einer Ordnungswidrigkeit wegen Marihuana-Besitzes gekommen sein. Diese wurde später nach Gesetzesänderungen fallengelassen, allerdings soll er 2022 eine Anhörung zu dem Fall verpasst haben. Zudem gab es vor etwa zehn Jahren einen Vorfall wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss. Schmidt befindet sich weiter in einem Abschiebegefängnis. Es ist unklar, ob er aus den USA ausreisen muss. Er klagt über gesundheitliche Probleme und schlechte Haftbedingungen.

Auch ein Franzose, eine Kanadierin und eine Britin sind betroffen

Auch andere Europäer sind betroffen. So wurde am 9. März einem französischen Wissenschaftler, der zu einer Konferenz in die USA reiste, die Einreise verwehrt. Nach einer Befragung und stichprobenartigen Kontrolle sollen Nachrichten auf seinem Mobiltelefon gefunden worden sein, die Donald Trumps Kürzungen in der Wissenschaft kritisierten. Berichten zufolge löste der Vorfall eine FBI-Untersuchung wegen „Hass- und Verschwörungsbotschaften“ aus. Die Anklage wurde später jedoch fallen gelassen. Die französische Regierung verurteilte den Vorfall.

Ein weiterer Fall, der große mediale Aufmerksamkeit erregte, ist der von ​Jasmine Mooney. Die kanadische Unternehmerin reiste in die USA, um in Los Angeles zu arbeiten. Ihren Angaben zufolge besaß sie ein gültiges NAFTA-Arbeitsvisum, speziell für Mexikaner und Kanadier. Dennoch wurde sie von US-Behörden festgenommen, da ihr Visum als unvollständig angesehen wurde. Sie beschrieb ihre Haft in mehreren Medienartikeln als traumatisch, vergleichbar mit einer Entführung.

Auch im Fall von ​Rebecca Burke, einer 28-jährigen britischen Touristin, ging es um ein Arbeitsvisum. Sie wurde während ihrer viermonatigen Rucksackreise durch Nordamerika an der US-Grenze festgenommen. Der Vorwurf lautete, sie habe gegen die Bedingungen ihres Touristenvisums verstoßen, da sie im Rahmen des „Workaway“-Programms für Unterkunft Hausarbeiten verrichtet hatte, was als Arbeit ohne entsprechendes Visum gewertet wurde. Auch sie beschreibt ihre 19-tägige Haft als traumatisch, berichtet von unzureichender Verpflegung und mangelndem Zugang zu rechtlicher Unterstützung.

Unklar, ob hinter den Fällen systematische Praxis steckt

Auch wenn sich die Fälle in den letzten Wochen zu häufen scheinen, handelt es sich nicht um ein gänzlich neues Phänomen. 2022 traf es etwa den 23-jährigen australischen Studenten Jack Dunn. Für sein 90-tägiges Touristenvisum konnte er zwar einen gebuchten Rückflug vorweisen – allerdings nur nach Mexiko. Da die Visa-Auflagen allerdings eine Weiterreise in ein angrenzendes Land ausschließen, wurde er nach einer Nacht in US-Abschiebehaft nach Australien zurückgeschickt. 2018 verbrachte der Deutsche Oliver R. 40 Tage in Abschiebehaft. Er wurde nach einem Kurztrip nach Mexiko bei der Rückkehr in die USA festgenommen, da seine Aufenthaltserlaubnis nur noch einen Tag gültig war und er keine Rückreise gebucht hatte.

Ob hinter den jüngsten Vorfällen verschärfte Regelungen stehen, ist unklar. „Ein ganz klares Bild hat sich mir daraus noch nicht erschlossen“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts auf Nachfrage. Das Ministerium betont in seinen Reisehinweisen, dass eine elektronische Einreisegenehmigung oder ein Visum nicht in jedem Fall zur Einreise in die USA berechtigt. „Die finale Entscheidung darüber, ob eine Person in die USA einreisen kann, liegt bei den amerikanischen Grenzbehörden“, sagte der Sprecher: „Aber das ist keine Überraschung, das ist auch in Deutschland so.“

Trotz der prominenten Fälle gibt es keine belastbaren Zahlen dazu, ob zuletzt tatsächlich mehr Deutsche in den USA inhaftiert worden sind. Klar ist, dass in jedem Fall nur eine sehr kleine Minderheit der über 4.000 Deutschen, die täglich in die USA einreisen, betroffen ist. Klar ist allerdings auch, dass Zehntausende andere Fälle von Abschiebehaft, bei denen zumeist Menschen aus Mittel- und Südamerika betroffen sind, keinerlei mediale Aufmerksamkeit erhalten. (Trf)

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