
© dpa/Michael Kappeler
Macron in Meseberg: Ukraine soll auch Stützpunkte in Russland „neutralisieren“ dürfen – aber nicht alle
Der Bundeskanzler und Frankreichs Präsident betonen, dass die Ukraine bei ihrem Abwehrkampf auch Ziele in Russland angreifen darf. Zudem will man neue Milliardenhilfen – finanziert über russische Vermögen.
Stand:
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will der Ukraine das Angreifen von Stellungen in Russland ermöglichen. „Wir müssen ihnen erlauben, militärische Stützpunkte zu neutralisieren, von denen aus Raketen abgeschossen werden“, sagte Macron am Dienstag bei einem deutsch-französischen Regierungstreffen auf Schloss Meseberg bei Berlin. Die Ukraine werde von Stützpunkten in Russland angegriffen, betonte er.
Er stellte jedoch klar: „Wir sollten nicht erlauben, andere Ziele in Russland zu treffen, zivile Kapazitäten natürlich oder andere militärische Ziele.“ Ukrainischer Boden werde „de facto von Stützpunkten aus angegriffen, die sich in Russland befinden“, sagte Macron weiter.
„Wie erklärt man den Ukrainern, dass sie ihre Städte schützen müssen?“, sagte der französische Präsident. Wenn man ihnen sage: „Ihr dürft den Punkt, von dem aus die Raketen abgefeuert werden, nicht erreichen“, dann sage man ihnen im Grunde: „Wir liefern euch Waffen, aber ihr dürft euch nicht verteidigen“. Macron zeigte dabei eine Karte mit dem aktuellen Frontverlauf in der Ukraine und betonte, dass Frankreich keine weitere Eskalation wolle.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich in Meseberg dafür aus. „Die Ukraine hat völkerrechtlich alle Möglichkeiten für das, was sie tut“, sagte Scholz. Der Kanzler wies Medienberichte zurück, dass Deutschland dies für gelieferte Waffensysteme untersage. Entsprechende Erklärungen habe es niemals gegeben „und wird es auch nicht geben“, sagte er in der Pressekonferenz mit Macron.
Deutsch-französische Langstrecken-Raketen sollen entwickelt werden
Deutschland und Frankreich wollen außerdem zusammen Langstrecken-Raketen entwickeln. „Frankreich und Deutschland werden gemeinsam mit Partnern eine langfristige, umfassende und inklusive Zusammenarbeit im Bereich weitreichender Abstandswaffen eingehen“, heißt es in einer am Dienstag in Meseberg beschlossenen Erklärung des deutsch-französischen Sicherheits- und Verteidigungsrates. Dies solle auch zur Stärkung der europäischen Rüstungsindustrie dienen.
Beide Regierungen seien sich einig, was „die zentrale Bedeutung der nuklearen Abschreckung für die Sicherheit Europas und der Nato“ angehe, hieß es. Dies gelte auch für die Abschreckungsrolle der strategischen französischen Nuklearstreitkräfte. „Wir sind uns bewusst, dass unser Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv auf einer geeigneten Mischung aus nuklearen, konventionellen und Raketenabwehrfähigkeiten, ergänzt durch Weltraum- und Cyberfähigkeiten, beruht“, wird betont.
Scholz und Macron wollen sich für zusätzliche Milliardenhilfen einsetzen
Zudem setzen sich Deutschland und Frankreich dafür ein, dass die großen westlichen Industriestaaten die Ukraine mit zusätzlichen Milliardenhilfen unterstützen. Es werde geprüft, wie Zinseinnahmen aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank genutzt werden könnten, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz.
„Wir wollen der Ukraine den Zugang zu zusätzlichen Finanzmitteln in Milliardendimension ermöglichen, damit sie ihre Verteidigung verlässlich leisten und damit die Sicherheit ganz Europas weiter erhöht werden kann.“ Ziel sei es, die Bemühungen der G7-Staaten und der EU zu bündeln und zu verstärken.

© IMAGO/Bestimage/IMAGO/Ludovic Marin/Pool/Bestimage
Die Finanzminister der G7-Staaten hatten Ende vergangener Woche in Norditalien bereits Wege zur Nutzung der Zinserträge beraten. Noch gibt es aber keine Einigung über den idealen Weg. Die USA hatten zuletzt vorgeschlagen, die G7 könnten der Ukraine einen großen Kredit geben, der durch die Zinserträge aus den eingefrorenen russischen Zentralbankgelder abgesichert würde. Dieser Kredit könnte ein Volumen von rund 50 Milliarden Dollar haben.
Die EU-Staaten haben sich dazu bisher zurückhaltend positioniert – unter anderem, weil beim US-Vorschlag auch künftige Zinserträge eingeplant wären, die je nach Zinsentwicklung und Entwicklung des Ukraine-Kriegs gar nicht sicher zur Verfügung stehen.
Die EU selbst hat beschlossen, 90 Prozent der bereits angefallenen, nutzbaren Zinserträge in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung zu leiten. Mit den restlichen zehn Prozent soll unter anderem der Wiederaufbau von zerstörter Infrastruktur in der Ukraine finanziert werden.
Macron will Plan für Militärausbildung in der Ukraine vorlegen
Zur Frage einer möglichen Entsendung französischer Militärausbilder in die von Russland angegriffene Ukraine will Macron in der kommenden Woche einen Plan vorlegen. Dies wolle er beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Normandie zum Gedenken an die Landung der Alliierten im Zweiten Weltkrieg tun. Er werde sich zu diesem Zeitpunkt „sehr genau äußern, um anzukündigen, was wir tun werden“. Zuvor habe es zu den Militärausbildern eine „unkoordinierte und unglückliche Kommunikation“ gegeben, sagte Macron.
Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow hatte am Montagabend Aussagen des ukrainischen Oberbefehlshabers Olexander Syrskyj zurechtgerückt, wonach eine Mission französischer Ausbilder bereits beschlossene Sache sei. Die von Russland angegriffene Ukraine verhandele noch mit Frankreich und anderen Ländern über das Entsenden ausländischer Militärausbilder in ihr Land. Kiew schlage seit Februar vor, ukrainische Soldaten nicht mehr zum Training ins Ausland zu schicken, sondern im eigenen Land ausbilden zu lassen, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit. (dpa, AFP)
- Die EU
- Emmanuel Macron
- Frankreich
- Friedrich Merz
- Krieg in der Ukraine
- Olaf Scholz
- Russland
- Ukraine
- USA
- Zweiter Weltkrieg und Kriegsende
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: