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Bundeskanzler Olaf Scholz und Wolodymyr Selenskyj bei einem bilateralen Gespräch auf dem Flughafen in Frankfurt.

© dpa/Boris Roessler

Zwölf Panzerhaubitzen für die Ukraine: Selenskyj wirbt in Deutschland für mehr Waffen - mit Erfolg

Beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein bittet Selenskyj persönlich um mehr Hilfe. Pistorius sagt zwölf neue Panzerhaubitzen für das von Russland angegriffene Land zu.

Stand:

Angesichts der schwierigen Lage an der Front und verheerender russischer Luftangriffe ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj überraschend nach Ramstein gereist, um beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe persönlich für mehr internationale Hilfe zu werben.

Nötig seien „mehr Waffen“, sagte Selenskyj. Außerdem müsse seine Armee die vom Westen gelieferten Langstreckenwaffen auch für Angriffe auf Ziele in Russland nutzen dürfen.

„Wir müssen diese Langstreckenfähigkeit nicht nur auf dem besetzten Gebiet der Ukraine, sondern auch auf russischem Territorium haben“, sagte Selenskyj am Freitag auf der US-Militärbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz. Insgesamt seien „mehr Waffen“ nötig, „um die russischen Streitkräfte von unserem Land zu vertreiben“.

Lloyd Austin und Wolodymyr Selenskyj bei ihrem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf der US Air Base Ramstein.

© dpa/Andreas Arnold

„Rote Linien“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin sollten die westlichen Alliierten ignorieren, sagte Selenskyj am Freitag bei dem Treffen in Ramstein. Deutschland wies diese Forderung zurück. Die Haltung dazu sei unverändert, erklärte Verteidigungsminister Boris Pistorius. Selenskyj sagte weiter, die ukrainischen Streitkräfte brauchten zudem weitere F-16-Kampfjets und mehr Kapazitäten für die Luftverteidigung, um gegen das russische Militär bestehen zu können.

Pistorius sagt in Ramstein zwölf Panzerhaubitzen zu

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin kündigte in Ramstein an, dass Präsident Joe Biden ein zusätzliches Hilfspaket in Höhe von 250 Millionen Dollar (rund 225 Millionen Euro) für die Ukraine unterzeichnet habe. Erwartet wird, dass die neuen US-Hilfen Munition für Himars-Raketenwerfer, Artilleriegeschosse, Panzerabwehr- und Luftabwehrwaffen umfassen, wie es aus US-Verteidigungskreisen hieß.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der ebenfalls an dem Treffen in Ramstein teilnahm, kündigte an, dass Deutschland zwölf weitere Haubitzen vom Typ 2000 zur Verfügung stellen werde. Dieses Jahr sollten sechs dieser Haubitzen in die Ukraine gebracht werden. Die übrigen sechs im kommenden Jahr. Sie hätten einen Gesamtwert von 150 Millionen Euro. Zudem wolle man mit anderen europäischen Partnern der ukrainischen Armee so rasch wie möglich 77 Kampfpanzer vom Typ Leopard 1A5 überlassen.

Wir werden zwölf moderne Panzerhaubitzen vom Typ 2000 an die Ukraine liefern.

Boris Pistorius in Ramstein

Großbritannien kündigte an, der Ukraine 650 leichte Mehrzweckraketen im Wert von 162 Millionen Pfund zur Verfügung zu stellen. „Diese neue Zusage wird der ukrainischen Luftverteidigung einen wichtigen Impuls geben“, sagte Verteidigungsminister John Healey.

Selenskyj trifft Scholz in Frankfurt

Es ist Selenskyjs fünfter Besuch in Deutschland seit Kriegsbeginn. Zuletzt sprach er im Juni im Bundestag in Berlin. Am Nachmittag kam der ukrainische Präsident zu einem Vier-Augen-Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Frankfurt am Main zusammen.

Anschließend wollte der ukrainische Präsident nach Italien weiterreisen. Dort will er nach eigenen Angaben an einem Wirtschaftsforum teilnehmen und „Verhandlungen“ mit Regierungschefin Giorgia Meloni führen.

Bundeskanzler Olaf Scholz und Wolodymyr Selenskyj bei einem bilateralen Gespräch auf dem Flughafen in Frankfurt.

© dpa/Boris Roessler

Selenskyj: „Ich bin Deutschland dankbar“

Selenskyj dankte im Online-Netzwerk X „Deutschland, seiner Regierung und seinem Volk für all ihre Unterstützung“. Mit Pistorius habe er in Ramstein insbesondere über die russischen Angriffe auf die Energie-Infrastruktur sowie den Zeitrahmen für weitere Militärhilfe insbesondere zur Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung gesprochen.

Bei den Treffen im sogenannten Ramstein-Format beraten Verteidigungsminister und Militärvertreter regelmäßig über die Bemühungen, die Ukraine mit Waffen, Ausrüstung und logistischer Hilfe im Krieg gegen Russland zu unterstützen. Die Teilnahme von Staats- und Regierungschefs ist nicht üblich.

Ich bin Deutschland, seiner Regierung und seinen Menschen für all ihre Unterstützung dankbar.

Wolodymyr Selenskyj via X

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte derweil angesichts der schwierigen Lage in der Ukraine für den kommenden Winter weitere humanitäre Hilfen in Aussicht. Im Onlinedienst X kündigte sie ein „neues Paket von 40 Millionen Euro für Reparaturarbeiten, Strom, Heizung und Unterkünfte“ an. Davon sind 35 Millionen Euro für die Ukraine selbst vorgesehen und weitere fünf Millionen zur Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge im Nachbarland Moldau. „Die Temperaturen werden bald sinken“, betonte sie.

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Warum Selenskyj gerade jetzt nach Deutschland reist

Mit seiner Visite wollte Selenskyj offenbar den Ernst der Lage im Ukraine-Krieg deutlich machen. Seit Monaten rückt die russische Armee im Osten des Landes vor. Erst am Donnerstag hatte Russlands Staatschef Wladimir Putin erklärt, dass die Kontrolle der ukrainischen Region Donbass das „wichtigste Ziel“ Moskaus sei. Dort konnte die ukrainische Armee am Freitag einen Erfolg vermelden. Ein Teil des Ortes New York im Osten des Landes sei zurückerobert worden.

Zudem waren erst am vergangenen Dienstag bei einem besonders schweren russischen Angriff waren in der zentralukrainischen Stadt Poltawa mindestens 55 Menschen getötet und mehr als 300 weitere verletzt worden. Am Freitag wurde in Pawlograd nahe der Großstadt Dnipro nach Behördenangaben zudem mindestens ein Mensch durch eine Salve russischer Raketen getötet; 40 weitere seien verletzt worden. (AFP, Reuters, dpa, Tsp.)

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