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Kriege, Kohle, Klima: Sieben Lügen und Übertreibungen in Trumps UN-Rede im Faktencheck
„Wunderschöne und saubere Kohle“, die angeblich beste US-Wirtschaft aller Zeiten und er selbst als großer Friedensstifter: Donald Trumps UN-Rede war gespickt von Eigenlob und schiefen Behauptungen. Der Faktencheck.
Stand:
Viel Eigenlob, ein Rundumschlag an Kritik für Europa und einige bizarre Behauptungen: US-Präsident Donald Trump hat mit seiner Rede vor den Vereinten Nationen am Dienstag wieder einmal sein politisches Portfolio präsentiert.
Oft entsprachen seine Aussagen dabei nicht der Wahrheit. Acht Trump-Aussagen im Faktencheck:
1. Kohle ist „sauber und wunderschön“
Die gesetzlichen Vorgaben in den USA für die Kohleindustrie sind in den vergangenen Jahren deutlich strenger geworden. Moderne Kohlekraftwerke können mit Technologien wie Rauchgasentschwefelung den Schadstoffausstoß durchaus reduzieren, CO₂-Abscheidung die Klimabilanz verbessern. Doch von „Sauberkeit“ ist Kohle weit entfernt.
Kohle bleibt eine der klimaschädlichsten Energiequellen, da sie pro Kilowattstunde mehr CO₂ emittiert als Öl oder Gas und erst recht als erneuerbare Energien. Auch die Luftverschmutzung durch Kohle ist weiter erheblich größer als bei Solar- und Windkraft, sowohl bei der Verbrennung als auch beim Brennstoffabbau. Gerade in den USA führten die Folgen der Kohleverbrennung zwischen 1999 und 2020 laut einer Studie mehrerer Harvard-Wissenschaftler zu fast 500.000 Todesfällen.
Ob Kohle schließlich „wunderschön“ ist, ist eine Geschmacksfrage.

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2. „Ich habe sieben Kriege in sieben Monaten beendet.“
Eine mittlerweile schon oft getätigte Aussage Trumps, die mit seinem großen Wunsch zusammenhängt, den Friedensnobelpreis zu bekommen. So behauptete er am Dienstag auch, „jeder sage“, er solle den Nobelpreis bekommen. Doch die Zahl bleibt eine Übertreibung, zumal er im August noch von sechs Kriegen sprach und in der Zwischenzeit kein gelöster Konflikt hinzukam.
Trump vermittelte tatsächlich einen Waffenstillstand zwischen Kambodscha und Thailand, wobei er beiden Staaten mit strengen Zöllen drohte, wenn sie ihre Kampfhandlungen nicht einstellen. Auch am Entwurf eines Friedensabkommens zwischen Armenien und Aserbaidschan war die US-Regierung beteiligt, ebenso zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo. Dort flammten die Kämpfe aber wieder auf.
Widerspruch bekam Trump vor allem für seine Behauptung, er habe für Frieden zwischen Indien und Pakistan gesorgt. Die Weigerung von Indiens Premierminister Modi, dies öffentlich zu bestätigen, sorgte laut Medienberichten für einen Bruch des Verhältnisses zwischen den USA und Indien und für eine Erhöhung der Strafzölle gegen das bevölkerungsreichste Land der Welt.
Zwischen Israel und dem Iran herrscht nach Kämpfen im Sommer eine Waffenruhe, dauerhaft gelöst ist der Konflikt aber nicht: Im Atomstreit drohen dem Iran neue Sanktionen.
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Die zwei verbliebenen Kriege sind laut US-Außenministerium „Kosovo gegen Serbien“ und „Äthiopien gegen Ägypten“. In beiden Fällen gab es aber keine Kampfhandlungen, die hätten beendet werden können.
3. „Deutschland ist auf fossile Brennstoffe und Atomkraft umgestiegen“
Deutschlands im Inland erzeugter Strommix am 24. September sieht laut „Zeit-Energiemonitor“ wie folgt aus: 26 Prozent Kohle, 26 Prozent Wind, 17 Prozent Solar, 16 Prozent Erdgas, 8 Prozent Biomasse. Eine Rückkehr zur Atomkraft hat es in Deutschland nicht gegeben.
Auch die Behauptung eines „Umstiegs auf fossile Brennstoffe“ ist nicht zutreffend. Schon im April behauptete Trump, in Deutschland würden diverse neue Kohlekraftwerke in Betrieb genommen. Das letzte neue Kohlekraftwerk in Deutschland wurde laut Bundesnetzagentur aber im Jahr 2020 fertiggestellt. Einzig über die Erschließung neuer Erdgasfelder, etwa im Wattenmeer, wird diskutiert.
4. „London will die Scharia einführen“
Dies ist eine Lüge ohne jede Grundlage. Die Scharia soll weder in London noch in Großbritannien eingeführt werden. Zwar existieren in Großbritannien schon seit Jahren private Scharia-Räte, die in Familienstreitigkeiten Empfehlungen geben – aber ohne offizielle Rechtskraft. Es gibt keine Scharia-Gesetze im britischen Rechtssystem.
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Die Aussage könnte der Stimmungsmache gegen Londons muslimischen Bürgermeister Sadiq Khan dienen. Möglicherweise bezog sich Trump auch auf gefälschte Zitate, die in rechtspopulistischen Kreisen in der Vergangenheit immer wieder in sozialen Medien geteilt wurden.
Ein Sprecher von Khan erklärte als Reaktion trocken: „Wir werden seine ungeheuerlichen und heuchlerischen Aussagen nicht mit einer Antwort ehren“. Am Mittwoch sagte Khan dann aber dem britischen Sender Sky News, Trump habe gezeigt, dass er „rassistisch, sexistisch, frauenfeindlich und islamfeindlich“ sei.
5. „Der Klimawandel und grüne Energie sind der größte Betrug aller Zeiten“
Die Behauptung widerspricht nahezu allen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Der Klimawandel ist durch unzählige Studien belegt. Selbst ölproduzierende Staaten wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, denen Trump wohlgesonnen ist, investieren massiv in erneuerbare Energien, etwa auch in den Offshore-Windpark Baltic Eagle in der deutschen Ostsee.
Auch Trumps Behauptung, dass erneuerbare Energien „jede Wirtschaft ruinieren“, ist falsch, auch wenn etwa die deutsche Energiewende durch fehlenden Netzausbau in ihrer Umsetzung Probleme wie hohe Strompreise mit sich bringt. So ist der Ausbau erneuerbarer Energien in Verbindung mit niedrigen Energiepreisen etwa neben dem Tourismus ein wesentlicher Motor des zuletzt starken Wirtschaftswachstums in Spanien – einer der derzeit am stärksten wachsenden Ökonomien Europas.
6. „72 Prozent der Gefängnisinsassen in der Schweiz sind Ausländer“
Grundsätzlich stimmt die Zahl tatsächlich. Laut Bundesamt für Statistik liegt der Anteil der Häftlinge ohne Schweizer Pass bei 72,5 Prozent. Insgesamt sind 6994 Menschen in der Schweiz in Haft, 5069 sind ausländische Staatsbürger. Dies umfasst sowohl Asylsuchende als auch EU-Bürger mit Wohnsitz in der Schweiz – und Untersuchungshäftlinge. Menschen ohne Schweizer Pass werden wegen Fluchtgefahr deutlich häufiger in U-Haft genommen.
Am häufigsten wurden im Jahr 2023 Ersatzfreiheitsstrafen für eine nicht geleistete Geldstrafe (42 Prozent), etwa wegen Schwarzfahrens, vollzogen. Der Anteil längerer Freiheitsstrafen beträgt 38 Prozent. Rund die Hälfte der Häftlinge ist lediglich zwischen 1 und 30 Tagen im Vollzug. Eine genaue Aufschlüsselung nach Nationalität ist öffentlich nicht verfügbar.
Trump führte die Zahl vor allem als Beispiel dafür an, dass „illegale Migration“ die „schöne Schweiz“ zerstöre. Kriminologe Dirk Baier von der Universität Zürich erklärte gegenüber dem Portal nau.ch allerdings, dass der Anteil von etwa 72 Prozent „seit vielen Jahren stabil“ sei.
Ein großer Grund dafür sei weniger die Asylwelle als vielmehr der „Kriminaltourismus“: „Das heißt, Personen aus dem europäischen Ausland kommen hierher, um Einbrüche, Diebstähle und so weiter zu begehen“, sagte Baier. Außerdem sei zu beachten, dass die Schweiz auch grundsätzlich einen der größten Ausländeranteile Europas habe. „Insofern ist klar, dass auch der Ausländeranteil in Gefängnissen überdurchschnittlich ausfällt.“
7. „Die USA erleben ein goldenes Zeitalter mit der besten Wirtschaft aller Zeiten. Die Inflation ist besiegt“
Trump versucht seit Amtsantritt, das Narrativ zu spinnen, dass die Wirtschaft unter ihm aufblühe, doch dies entspricht nicht ganz der Realität. Allen voran die Inflation ist zuletzt vor allem wegen Trumps Zollpolitik wieder stärker gestiegen. Gleichzeitig sank die Konsumstimmung im Land.
Einen Boom erlebte die US-Wirtschaft vielmehr unter Trumps Amtsvorgänger Joe Biden, in dessen Amtszeit sie dank großer Investitionspakete wie dem „Inflation Reduction Act“ um insgesamt 12,5 Prozent wuchs. Kurz vor der Wahl schrieb der renommierte britische „Economist“ im Oktober 2024 noch, Bidens Wirtschaftslage werde „weltweit beneidet“.
Seit dem Amtsantritt Trumps wurden Wachstumsprognosen des IWF dagegen nach unten korrigiert. Für 2025 geht er von 1,9 Prozent Wachstum in den USA aus, während es 2024 unter Biden noch 2,8 Prozent waren. Immerhin: Das zweite Quartal brachte ein robustes Wachstum von drei Prozent, im ersten Quartal war die US-Wirtschaft dagegen erstmals seit Anfang 2022 sogar geschrumpft – Auslöser war damals der Beginn des Ukraine-Krieges.
Auch die Wähler in den USA schreiben Donald Trump in Umfragen deutlich weniger Wirtschaftskompetenz zu als noch vor der Wahl.
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