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Günther, Woidke und Co.: Nördliche Bundesländer fordern Ende einheitlicher Strompreise in Deutschland
Deutsche Stromkunden zahlen derzeit überall die gleichen Börsenpreise. Der Norden könnte günstiger wegkommen – doch dann würde es im Süden teurer.
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Die Regierungschefs mehrerer nördlicher Bundesländer haben einen neuen Anlauf für ein Ende des Systems der einheitlichen Strompreise in Deutschland unternommen. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) forderten im Gespräch mit dem „Handelsblatt“ eine Abschaffung der bislang einheitlichen Stromgebotszone in der Bundesrepublik.
Der Großhandelspreis ist deshalb in ganz Deutschland derselbe. Er bildet sich auf Basis der günstigsten Stromproduktion, dies ist häufig Windenergie aus den nördlichen Bundesländern. Der Süden profitiert dann von den günstigen Preisen.
Allerdings steigt bei niedrigem Strompreis die Nachfrage in ganz Deutschland und die Übertragungsnetzkapazitäten reichen nicht immer aus. Dann müssen die Netzbetreiber eingreifen und die Einspeisungen aus Kraftwerken anpassen, was die Stromverbraucher jährlich rund 2,7 Milliarden Euro kostet. Diese Kosten könnten nach Einschätzung von Experten durch kleinere Strompreiszonen gesenkt werden. Angebot und Nachfrage könnten sich lokal besser anpassen.
Woidke beklagt Wegducken beim Ausbau Erneuerbarer
„Es geht nicht an, dass die Länder bestraft werden, die beim Ausbau der Erneuerbaren gut aufgestellt sind“, beklagte Dietmar Woidke. „Voraussetzung für die Beibehaltung einer einheitlichen Strompreiszone ist, dass es endlich beim Netzausbau vorangeht und kein Land sich beim Ausbau Erneuerbarer wegduckt“.
Amtskollege Tschentscher sagte dem „Handelsblatt“, unterschiedliche Stromgebotszonen seien „ein starker marktwirtschaftlicher Anreiz für einen sinnvollen regionalen Ausbau der Stromnetze und der regenerativen Stromproduktion sowie für den Einsatz innovativer Technologien“. Unterstützung bekommen die Ministerpräsidenten aus Schweden.
Die dortige Energieministerin Ebba Busch hatte Deutschland bereits Mitte Dezember aufgefordert, die Strompreiszonen aufzuteilen. Da viele Nachbarländer über Stromleitungen mit Deutschland verknüpft sind, wirken sich hohe Strompreise auch dort aus, etwa in Skandinavien. In Europa wird das Ganze unterschiedlich gehandhabt: Während etwa Frankreich und Spanien ebenfalls eine einheitliche Zone haben, unterscheiden sich die Strompreise in Schweden oder Italien je nach Region.
Protest von Söder: „Süden ist das wirtschaftliche Leistungsherz“
Die Denkfabrik Agora Energiewende etwa geht davon aus, dass unter dem Strich die Stromkosten niedriger ausfallen würden, allerdings vor allem im Norden Deutschlands. Deutsche Wirtschaftsverbände befürchten hingegen höhere Preise für die Industrie mit vielen Standorten im Süden des Landes. Der Stadtwerkeverband VKU warnte angesichts des erneuten Vorstoßes der Nordländer vor „schwerwiegenden negativen wirtschaftlichen und energiepolitischen Folgen“.
Die Debatte über eine Aufteilung der Stromgebotszone wird schon länger geführt. In den Koalitionsverhandlungen hatte sich die SPD dafür eingesetzt, Veränderungen am Status Quo zumindest zu prüfen. Am Ende setzten sich CDU und vor allem CSU aber durch. Bayerns Ministerpräsident Söder betonte: „Unser Land darf nicht gespalten werden. Der Süden ist das wirtschaftliche Leistungsherz und auch der Westen ist wirtschaftlich stark“. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir halten an einer einheitlichen Stromgebotszone fest“. (AFP, jmi)
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