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Angriff auf Iran gefährdet Kulturgüter: „Wie soll man archäologische Stätten schützen? Das ist unmöglich”
Schon nach den ersten Angriffen Israels wurden alle Museen im Iran geschlossen. Kulturgüter werden an sichere Orte gebracht. Doch bedeutende archäologische Stätten sind schwer zu schützen.
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Sofort nach den ersten Angriffen der israelischen Luftwaffe auf Iran am 13. Juni hat der stellvertretende iranische Minister für Kulturerbe, Ali Darabi, angeordnet, alle Museen und Kulturstätten des Landes zu schließen. Am nächsten Tag wurden kulturell wertvolle Artefakte nach einem Notfallplan an sichere Orte im ganzen Land gebracht, wie das französische Kunstmagazin „BeauxArts“ berichtete.
Das iranische Nationalmuseum beherbergt die weltgrößte Sammlung an persischen archäologischen Funden. Das Museum für zeitgenössische Kunst hat eine bedeutende Sammlung westlicher Kunst, die in den 1970er-Jahren von Farah Diba Pahlevi, der Frau des Schahs, angelegt worden war.
Zahlreiche Unesco-Welterbestätten und Museen
Iran verfügt insgesamt über ein reiches kulturelles Erbe. Es gibt allein 28 Unesco-Welterbestätten und rund 840 Museen, von denen etwa 300 vom Kulturministerium verwaltet werden.
„Iran hat eine gut organisierte und professionell arbeitende Denkmalbehörde“, sagt Judith Thomalsky, Leiterin der Außenstelle Teheran des Deutschen Archäologischen Instituts, die seit 2023 von Berlin aus arbeitet. Das Institut selbst auf dem Gelände der deutschen Botschaft setzt seine Arbeit mit Ortskräften fort.
Archäologische Stätten bei Isfahan und Kermanshah
Neben Teheran wurden in der vergangenen Woche auch Ziele in Isfahan, Khorramabad und Kermanshah angegriffen, Orte, die für ihre große Dichte an historischen Gebäuden und archäologischen Stätten bekannt sind.

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„Die iranische Antikenverwaltung weiß genau, was sie zu tun hat“, sagt Thomalsky, die über 20 Jahre im Iran gearbeitet hat. „Was uns große Sorgen macht: Wie soll man offene archäologische Stätten wie Persepolis, Bisotun und Tacht-e Soleyman schützen? Das ist unmöglich.” Aktuell bestehe keine akute Bedrohung von Kulturgut, aber man wisse ja nicht, wie es weitergehe, sagte sie dem Tagesspiegel.
Schwere Raketenangriffe um Taq-e Bostan
Schon an den ersten Tagen des Krieges gab es schwere Raketenangriffe im Umkreis von drei Kilometern um Taq-e Bostan, einen bedeutenden archäologischen Komplex aus der Zeit der Sasaniden mit einzigartigen monumentalen Felsreliefs. Erschütterungen und Druckwellen gefährden die Kunstwerke. In der Nähe soll sich ein Waffenlager der Revolutionsgarden befunden haben, berichtet Thomalsky.
Alles hänge nun von US-Präsident Donald Trump ab, sagte sie. Er habe schon 2020 dem Iran damit gedroht, im Falle eines Vergeltungsschlages 52 iranische Ziele zu zerstören, einschließlich kultureller Stätten. Das wäre ein Kriegsverbrechen, aber kümmere das Trump?
Damals hatten iranische und internationale Wissenschaftler protestiert. Außerdem habe Trump seinerzeit damit gedroht, die umfangreiche Sammlung von 30.000 Tontafeln aus Persepolis, die seit 1936 vom Oriental Institute of Chicago aufgearbeitet wird, zu beschlagnahmen und zu verkaufen. Von dieser Drohung sei momentan nichts mehr zu hören, sagt Thomalsky, was hoffentlich so bleibe.

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Auch in Israel hat man nach den ersten iranischen Gegenangriffen die Notfallpläne aktiviert. Wie „BeauxArts“ meldet, hat auch das Tel Aviv Museum of Art seine bedeutende Sammlung israelischer und internationaler bildender Kunst in unterirdischen Räumen gesichert. Auch das Israel Museum in Jerusalem, mit 500.000 Objekten eines der größten im Nahen Osten, ist geschlossen.
Israel zählt neun Unesco-Welterbestätten wie die „Weiße Stadt” von Tel Aviv, die Felsfestung Masada und die Altstadt von Akko. „Nach unserem besten Wissen wurden bisher keine Schäden an archäologischen Artefakten unter der Verantwortung der israelischen Altertumsbehörde verursacht, und es sind keine Berichte über Schäden an Exponaten in Museen eingegangen“, heißt es in einer Erklärung der israelischen Antikenbehörde IAA, die sowohl von der „Times of Israel“ als auch der „Times of Teheran“ verbreitet wurde.
Die unabhängige Society for Iranian Archaeology forderte auf ihrem Telegram-Kanal die iranische und die israelische Regierung auf, zur Bewahrung von Menschenleben und kulturellem Erbe ihre Angriffe zu stoppen. Das kulturelle Erbe gehöre der ganzen Menschheit.
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