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Die beiden Herren von Daft Punk, wie stets in ihren Robot-Anzügen

© AFP/FREDERIC J. BROWN

Daft Punk und Air sollen Weltkulturerbe werden: Pop will eat itself

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sich für die Aufnahme der französischen Housemusik in das immaterielle Kulturerbe der UNESCO ausgesprochen. 

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Popmusik, wie sie früher verstanden wurde, war etwas für den Moment, für die drei Minuten, die auf eine Vinylsingle passten, für ein Glück, das naturgemäß nicht von Dauer sein kann, kurzum: vergänglich. Dass die Popindustrie gern dagegen steuerte mit Auszeichnungen wie den Grammys oder den MTV Awards oder was auch immer: geschenkt.

Seit mindestens einem Jahrzehnt ist allerdings die Popmusik zu einem Gut der Klassik geworden: Sie wird kanonisiert, die Listen mit den besten Songs und besten Alben aus bestimmten Epochen und von bestimmten Künstlern und Künstlerinnen werden länger und länger und mehr und mehr, iim Museum ist Pop des Öfteren schon gelandet, und der Berliner Techno ist im März des vergangenen Jahres (zusammen mit der Finsterwalder Sangestradition) gar von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe ernannt worden.

Vorbild für Macron: der Berliner Techno

Insofern ist es wenig verblüffend, dass der französische Präsident Emmanuel Macron Anfang dieser Woche in einem Interview mit dem französischen Dance-Music-Radiosender FG Radio gesagt hat, dass doch bitte schön auch der sogenannte French Touch zum immateriellen Kulturerbe der Unesco gehören sollte.

Mit dem „French Touch“ meint er die französische Spielart der Housemusik von Bands wie Daft Punk, Motorbass, Étienne de Crécy oder Cassius, dann und wann auch Filterhouse genannt, in jedem Fall eine viel weichere, smartere Spielart der elektronischen Musik als der deutsche Techno.

„Wir sind die Erfinder von Electro, wir haben den French Touch, wir haben die Künstler“, hat Macron in dem Gespräch gesagt, ohne eine Ahnung von den Ursprüngen elektronischer Sounds zu haben. Und: „Ich liebe Deutschland, ihr wisst, wie europäisch ich bin – aber wir brauchen keine Lektionen.“ Das wiederum bezog sich auf das Vorbild des Berliner Techno und seinen neuen Status bei der Unesco.

Macron ist stolz auf Daft Punk

Überraschend ist natürlich, dass Macron einem Sender wie RG Radio überhaupt ein Interview gewährt; die Berater des Präsidenten dürften das eingefädelt haben, da am Wochenende die „France Music Week“ zu Ende und auch die alljährliche „Fete de la Musique“ über die Bühne ging. Macron ist ein stolzer Franzose, sein Heimatland nach wie vor für ihn die grande nation.

Und warum nicht auch stolz sein auf den französischen House, auf Bands wie Daft Punk, Air oder Motorbass? In die Zeit passt es, in eine Zeit, da selbst der schnelllebige Pop nicht mehr nachkommt mit der digitalen Geschwindigkeit und plötzlich in die Nähe eines schützenswerten Gutes gerät, obwohl es viel mehr popferne Musik gibt, die es wirklich zu schützen gilt.

Aber populärer ist es selbstredend, sich als französischer Präsident zum Retter der Popkultur aufzuschwingen. Selbst wenn es schwerfällt, sich Brigitte und Emmanuel Macron im Élysée-Palast beim flotten Tanz zu beispielsweise Daft Punks Song „One More Time“ vorzustellen.

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