
© Plaion Pictures/Kristof Galgoczi Nemeth
Das bringt die neue Kino-Woche: Warum Cate Blanchett als Angela Merkel von Moorleichen bedroht wird
Die Kino-Woche ist wie eine kleine Weltreise. Es geht nach China, Albanien, in den Amazonas und in den Iran.
Stand:
Die doppelte Cate: Cate Blanchett kommt in dieser Woche mit gleich zwei Filmen in unsere Kinos. Als Angela Merkel in einer Horror-Politsatire und als Agentin in einem klassischen Spionage-Thriller von Steven Soderbergh mit Michael Fassbender als Co-Star.
Dazu gibt es spannende und berührende Ausflügen in den Amazonas-Dschungel mit „Systemsprenger“-Star Helena Zengel sowie nach China, Albanien und ins Italien der Nachkriegsjahre. Dazu findet eine Horror-Filmreihe nach 14 Jahren seine Fortsetzung.
1 Caught by the Tides
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Und bis zum Schluss sagt Qiaoqiao kein Wort. Fast zwei Filmstunden lang bleibt ihr Gesicht ein stummer Spiegel der beiden Jahrzehnte, die an ihr vorüberziehen. Von der kohlestaubgetränkten Tristesse im nordchinesischen Datong 2001 bis zum Erlahmen der Lebensgeister während der Corona-Epidemie reicht der Bogen, den Jia Zhangke in seinem halbdokumentarischen Panorama schlägt. Und während man zusieht, wie rasant sich der Abschied von einem Land der Arbeiter und Bauern hin zu einer urbanen Hypermoderne vollzieht, hört man, wie an die Stelle von Volksliedern, alten Schlagern und Melodien der Shanxi-Oper Techno und Discohits treten.
„Caught by the Tides“ ist ein Wunderwerk der Montagekunst auf der visuellen wie der akustischen Ebene. Ein Fest des Ineinandergreifens von Outtakes früherer Filme und nie gesichteten Archivmaterials, mit dem Jia, anfangs per Video, später digital, Chinas Wandlungen festhielt und nun im großen Zusammenhang präsentiert.
Zhao Tao, seit „Platform“ (2000) in Jias Filmen dabei und auch privat an seiner Seite, gleitet so unberührt wie unberührbar durch die Erinnerungsschichten. Die Rolle der Sängerin und Tänzerin Qiaoqiao folgt eher einer erzählerischen Zuschreibung als der Erschließung ihrer Persona. Auch Qiaoqiaos Suche nach Bin (Li Zhubin), ihrem einstigen Manager, der sich wortlos aus dem Staub gemacht hat, erweist sich eher als willenlose Unterwerfung unter den chronologischen Lauf der Zeiten denn als erkennbare Verzweiflung. Man muss die einzelnen Bezüge nicht kennen, um sich diesem atmosphärisch dichten Film zu überlassen. Aber ein Stück Vertrautheit mit Jias neorealistischem Weltkino befördert die Freude, die Anspielungen zu entschlüsseln.
Gregor Dotzauer
2 Final Destination 6: Bloodlines
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Menschen, die von Glasscheiben zermalmt, von Weidezaundrähten zerschnitten, von Fahrstühlen geköpft, von Feuerleitern durchbohrt oder von Blechschrapnells enthauptet werden: Die Macher der Horrorfilmreihe „Final Destination“ haben von 2000 bis 2011 Dutzende spektakulärer Todesarten ausgetüftelt.
Das Perfide dabei war oft nicht die sadistische Brutalität, sondern das schier unerträgliche Hinauszögern des Geschehens, ehe das bedauernswerte Opfer endlich sein oder ihr schauriges Schicksal ereilt. Ob sich das Erfolgsrezept – die bisherigen fünf Teile spielten mehr als das Vierfache ihrer rund 150 Millionen Dollar Produktionskosten ein – nach 14 Jahren Pause weiterspinnen lässt?
Das hängt wohl davon ab, was sich Regisseure, Drehbuchautoren und Maskenbildner für „Final Destination 6: Bloodlines“ (der Film wurde der Presse nicht vorab gezeigt) an neuen Fiesheiten haben einfallen lassen.
Jörg Wunder
3 Transamazonia
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Endloses Grün in Cinemascope. Die Kamera fliegt darüber, dann taucht sie in eine unwirklich wirkende Welt. Der brasilianische Regenwald am Amazonas. Dass sich nach und nach Flugzeugtrümmer aus dem Dickicht des Regenwalds schälen, macht die Szenerie nicht realer.
Ein kleines Mädchen, das als einzige überlebt, ein Indigener mit Pfeil und Bogen, der sie rettet. Dass Rebeccas Vater (Jeremy Xido), ein Missionar, das Mädchen zur Wunderheilerin erklärt und ihren Ruf für seine Gottesdienste nutzt, scheint nach diesem wundersamen Filmbeginn naheliegend.
Die Berliner Arthouse-Regisseurin Pia Marais hat sich für ihre thematisch etwas vage bleibende, aber atmosphärisch dichte Meditation über Religion, Ökofrevel, Lüge und das Miteinander zwischen Weißen und Indigenen die richtige Hauptdarstellerin ausgesucht: Helena „Systemsprenger“ Zengel. Ihr darstellerisches Charisma und ihr Talent für Sprachen (im Original spricht sie Englisch und Portugiesisch) trägt durch die Auseinandersetzung zwischen räuberischen Holzfällern und widerständigen Indigenen, mit denen Rebecca sympathisiert. Und durch den Konflikt mit ihrem Vater, der Wahrheiten predigt und Lügen lebt.
Gunda Bartels
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4 Tanz der Titanen
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Die deutsche Bundeskanzlerin knüpft sich die Bluse zu, während der kanadische Premier das Kondom in den Busch wirft. Das Regie-Trio Maddin, Johnson und Johnson denkt in „Tanz der Titanen“ den diplomatischen Austausch über seine Notwendigkeiten hinaus.
Im deutschen Ort Dankerode im Harz findet der G7-Gipfel statt, hier treffen sich die Vertreterinnen von Deutschland (Cate Blanchett), Großbritannien (Nikki Amuka-Bird), Frankreich (Denis Ménochet), den USA (Charles Dance), Japan (Takehiro Hira), Italien (Rolando Ravello) und Kanada (Roy Dupuis).
Ihr gemeinsames Ziel, eine vorläufige Absichtserklärung zu unterzeichnen, wird dabei von der apokalyptischen Auferstehung von Moorleichen verhindert, und bald müssen die ungleichen Staatsoberhäupter um ihr Leben fürchten. „Tanz der Titanen“ ist eine konsequent doppeldeutige und dabei absurd-humorvolle Politsatire, die jeglichen Vergleich zur aktuellen politischen Lage, zu staatstheoretischen Denkschulen, den Vorbildern der fiktiven Staatsoberhäupter und ihren jeweiligen Länderklischees herausfordert.
Fabian Kurtz
5 Mein Platz ist hier - Il Mio Posto
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Die sogenannten kleinen Leute gibt es immer nur im Plural. Sobald wir den Einzelnen in den Blick nehmen, eröffnet sich ein Kosmos. Wenn jemand Marta in ihrem süditalienischen Kuhdorf überhaupt anblickt, dann voller Verachtung (als unverheiratete Mutter) oder voll Wut und Bitterkeit (im engen Elternhaus).
Als ihr Verlobter 1945 nicht aus dem Krieg heimkehrt, wird sie einem alten Witwer versprochen. Und lernt im Ehevorbereitungskurs Lorenzo kennen. Der Assistent des Pfarrers ist schwul, gebildet, weit gereist und eröffnet der jungen Frau eine neue Welt: Er steckt ihr Bücher in die Tasche, bringt sie in Kontakt mit jungen Kommunisten und auf dem Moped zum Schreibmaschinenkurs. Alles heimlich, natürlich!
Vorsichtig, aber beharrlich lotet Marta ab da ihre Möglichkeiten aus. Mit dem Fokus auf eine Gesellschaft im Umbruch und den Kampf um Eigenständigkeit wirkt der Film fast zeitlos. Zeitlos auch die Werte, die hochgehalten werden: Solidarität, menschlicher Anstand, auch Sich-selbst-in-den-Hintern-treten. Auf der Reise dieser zarten, mutigen Person zu einem besseren Leben ist man gerne dabei.
Antje Scherer
6 Black Bag - Doppeltes Spiel
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Eine Woche hat der britische Geheimdienstler George Woodhouse (Michael Fassbender), um den Verräter aus den eigenen Reihen zu finden, der einen supergeheimen Computervirus entwendet hat. Dieser könnte die Kernschmelze in einem russischen Atomkraftwerk auslösen.
Zu den fünf Verdächtigen zählt auch Georges Frau Kathryn (Cate Blanchett), wie er beim MI6 tätig. Regisseur Steven Soderbergh hat, von „Out of Sight“ (1998) bis zum Redneck-Heist-Film „Logan Lucky“ (2017), zahlreiche Ausflüge ins Thrillergenre unternommen. Doch ein lupenreiner, geradezu altmodisch auf Dialoge und Spannung fokussierter Agententhriller war noch nicht dabei.
Die Ränkeschmiede und Psychospielchen des fintenreichen Drehbuchs von David Koepp lassen denn auch eher an die tolle Le-Carré-Verfilmung „Tinker Tailor Soldier Spy“ von 2011 denken als an die Materialschlachten der großen Kino-Spione Bond, Bourne oder Hunt.
Getragen wird das Ganze von einem gut aufgelegten Starensemble, in dem Fassbender und Blanchett nonchalant brillieren.
Jörg Wunder
7 Sieben Tage
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Seit sechs Jahren ist die iranische Aktivistin Maryam im berüchtigten Gefängnis Evrin inhaftiert. Nach einem Herzinfarkt darf sie für sieben Tage raus, um sich ärztlicher Behandlung zu unterziehen.
Ihr Mann Behnam (Majid Bakhtiarx), der mit den beiden Kindern im deutschen Exil lebt, hat ihre Flucht vorbereitet. Aber auch wenn sich Maryam auf den beschwerlichen Weg über die Berge macht, um Mann und Kinder zu treffen, will sie nach sieben Tagen zurück ins Gefängnis und von dort aus ihren politischen Kampf weiterführen.
Regisseur Ali Samadi Ahadi spitzt nach dem Drehbuch von Mohammad Rasoulof den Konflikt zwischen Familienglück und politischen Idealen hochemotional zu. Maryam fühlt sich ihren Mitkämpferinnen im Knast genauso verbunden wie ihren Kindern. Ein Mann werde für eine solche Entscheidung zum Märtyrer, eine Frau zur schlechten Mutter, sagt sie wütend zu Behnam.
Vishka Asayesh spielt die herzzerreißenden Seelenkonflikte ihrer Figur überzeugend aus. Dass es auf Gewissensfragen keine einfachen Antworten gibt, darauf beharrt „Sieben Tage“ ohne Pathos.
Martin Schwickert
8 Wo/Men
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„Nur ein Sohn hält das Feuer im Haus am Brennen“, so heißt es in Albanien. Und die Söhne konnten knapp werden, wo die Blutrache herrschte, nach dem Kanun, dem mündlich überlieferten mittelalterlichen Gewohnheitsrecht. Damit das Feuer am Brennen blieb, sieht der Kanun die Möglichkeit vor, dass eine junge Frau die Rolle eines Mannes annehmen kann – wenn sie dafür schwört, für ihre Familie zu sorgen und enthaltsam zu leben.
Sexuell, denn als Burrnesha stehen ihr sonst nahezu alle Freiheiten wie den geborenen Männern zu. Für einige ein Weg, Zwangsehen und Unfreiheit zu entgehen. Die Dokumentarfilmerinnen Kristine Nrecaj und Birthe Templin stellen sechs der letzten „Schwurjungfrauen“ Albaniens vor.
Um die Posen und Schutzpanzer zu durchdringen, die die Burrneshas in unterschiedlichen Stärken tragen, verzichtet der Film weitgehend auf historische Einordnungen, sondern erzählt aus ihren Biografien heraus und zeigt sie in ihrem Alltagsleben. Faszinierende, starke Charaktere, die aber häufig selbst im traditionellen Rollensystem stecken geblieben sind. Denn die Opfer, die sie gebracht haben, zählen in der modernen Gesellschaft wenig.
Ingolf Patz
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