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Performance-Star Florentina Holzinger steht vor dem Beginn einer Probe in einem Probenraum des Mecklenburgischen Staatstheaters.

© dpa/Jens Büttner

Die 100 wichtigsten Player des Kunstbetriebs: Blut, Fleisch und Tränen

Wer ist die Schönste im Land? Zum Jahresende kürt die Zeitschrift „Monopol“ die Top 100 des Kunstbetriebs.

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Zu den Ritualen der Kunstwelt gen Jahresende gehört die Kür der besten Ausstellungen, ärgerlichsten Ereignisse und wichtigsten Player. „Monopol“ bespielt damit stets eine ganze Strecke in seinen Dezember-Ausgaben, denn die Kunstzeitschrift bestimmt nicht nur die ersten drei Plätze, wer denn nun die Schönste im ganzen Land sei, sondern gleich die ersten Hundert. Auf diese Weise bildet das Magazin zuverlässig ab, wer in den vergangenen zwölf Monaten am stärksten dem Kunstbetrieb seinen Stempel aufgedrückt hat.

Die Übung war in diesem Jahr nicht besonders schwer, denn die österreichische Choreografin Florentina Holzinger hat es in Stuttgart mit ihrer Operninszenierung „Sancta“ geschafft, dass bei der Premiere diverse Zuschauer kollabierten: so viel Kunstblut, mit der Kamera vergrößerte Schnitte ins nackte Fleisch, soviel Schauerliches auf offener Bühne.

Im härter gesottenen Berlin als nächster Tourneestation wurde die Inszenierung zwar bereits als lasche Rocky Horror Holzinger Show rezipiert, aber der Performerin und ihrem unerschrockenen Ensemble gebührt der Verdienst, große Bilder kreiert zu haben. Die Reaktionen darauf bis hin zu Morddrohungen demonstrieren, wohin die Skandalisierung in der Kunst führen kann, die eigentlich ein safe space sein sollte. Eine traurige Erkenntnis.

Vielleicht lenkt „Monopol“ deshalb schnell ein mit Paris auf dem zweiten Platz als tollster Kunststadt des vergangenen Jahres: sensationelle Messe, große Galerien, super Sammler und dazu der Schick der Modehäuser, die sich als Sponsoren im renovierten Grand Palais drängeln. Davon kann Berlin nur träumen und runterrechnen, was nach den Kürzungen im Kulturetat 2025 überhaupt noch geht.  

Filmstill aus Yael Bartana Videoinstallation „Farewell“ im Deutschen Pavillon in Venedig.

© Farewell Filmstil

Auf Platz drei steht die Videokünstlerin Yael Bartana, die souverän mit Ersan Mondtag den Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig bespielte. Manchem mag auch hier schwummerig geworden sein angesichts der tanzenden Maiden à la Leni Riefenstahl, die an die Apsis des NS-Baus projiziert wurden. Aber auch hier bewies sich, dass gute Kunst keine Couch ist – sondern eher ein Nagelbrett wie bei Florentina Holzinger.  

Natürlich tauchen in der Liste diverse Bekannte der letzten Jahre wieder auf: Max Hollein, der unvermindert erfolgreiche Direktor des Metropolitan Museum in New York, sein Berliner Kollege Klaus Biesenbach von der Neuen Nationalgalerie, der das komatöse Kulturforum erfolgreich wiederbelebt, oder Marion Ackermann als künftige Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die im neuen Jahr von den Kunstsammlungen Dresden herüberwechselt, wo sie Erfahrungen im Krisenmanagement sammeln konnte.

Die Galeristen Iwan und Manuela Wirth, David Zwirner, Max Hetzler sind mal weiter oben, mal weiter unten im Ranking platziert, sie gehören mit ihren Top-Künstlern zuverlässig zu den wichtigsten Strippenziehern. Nur selten schleichen sich Außenseiter ein, die dafür umso mehr erfreuen: etwa das muslimisch-jüdische Ehepaar Saba-Nur Cheema und Meron Mendel, das unermüdlich gegen die Spaltung des Kulturbetriebs durch den Nahost-Konflikt ankämpft. 2024 erhielt es dafür den Verdienstorden der Bundesrepublik.

In Berlin machen Cheema und Mendel in dieser Woche gleich weiter mit dem von ihnen kuratierten Symposium „Kunst und Aktivismus in Zeiten der Polarisierung“ anlässlich der Nan Goldin-Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie. Ein paar Positionen unter ihnen im Ranking ist die amerikanische Künstlerin genannt, deren Aktivismus und starke Meinung zur Opioid-Krise oder zum Krieg in Gaza die Kunstwelt aufmischt. Auch das ist ein Verdienst.

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