
© Marco Borggreve
Die Komische Oper Berlin zu Fazil Says Israel-Äußerungen: „Hat sich wahrscheinlich verleiten lassen“
Fazil Say postete auf X, Israels Premier Netanjahu gehöre wegen „Völkermords“ in Gaza vor Gericht. Was sagt die Komische Oper Berlin dazu, in deren Neujahrskonzert der Starpianist auftritt?
Stand:
Der türkische Starpianist Fazıl Say postete nach dem Deutschland-Besuch von Präsident Erdogan im November auf X seine Zustimmung zu dessen Israel-Äußerungen. Bereits im Oktober hatte Say einen Erdogan-Post geteilt, in dem dieser den Raketeneinschlag auf das Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza Israel zuschrieb, und dazu kommentiert, Premier Netanjahu solle wegen „Völkermords“ vor Gericht gestellt werden. Auch nach Erdogans Zurücknahme der Zuschreibung revidierte Say seine Forderung nicht. Der Tagesspiegel berichtete darüber.
Den Hamas-Terror benannte Say nicht. Von einer „Politik des Todes“, von „Massakern“, „Kriegsverbrechen“ und „Völkermord“ ist in seinen Posts ausschließlich mit Blick auf Israels Vorgehen in Gaza die Rede.
Am 1. Januar tritt Fazıl Say gemeinsam mit dem türkischen Sänger Çem Adrian beim Neujahrskonzert der Komischen Oper im Schillertheater auf. Wie Say gehört Adrian zu den mutigen Menschen, die sich in der Türkei zu Zensur, Meinungsfreiheit und Menschenrechten äußern. Auf Nachfrage des Tagesspiegel, wie die Komische Oper zu Says Israel-Äußerungen steht, gab die Intendanz folgendes Statement ab. (chp)
„Fazıl Say steht und stand in der Vergangenheit immer für Versöhnung und Frieden ein. Wie Sie selbst schreiben, ist Say ein freiheits- und friedensliebender Brückenbauer zwischen den Kulturen. Als solchen und als hervorragenden Künstler freuen wir uns also, ihn an der Komischen Oper Berlin willkommen zu heißen.
In dem von Ihnen angesprochenen Fall hat er sich wahrscheinlich verleiten lassen, Tweets vom türkischen Präsidenten unkommentiert zu teilen. Das war seine persönliche Entscheidung, die wir als Komische Oper falsch finden.
Allerdings kennen wir und Sie einige Intellektuelle und Künstler:innen, die sich gerade in diesen komplexen und unübersichtlichen Zeiten zu politisch missverständlichen Kommentaren haben hinreißen lassen und dadurch zwischen alle Stühle geraten sind. Künstler:innen sind nun mal keine Politiker:innen, die jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen, sondern reagieren häufig emotional und intuitiv.
Als westlich orientierter Starpianist hat es Fazıl Say unter der aktuellen türkischen Regierung selbst nicht leicht gehabt und wurde juristisch verfolgt. In unserem Konzert tritt Fazıl Say mit Çem Adrian auf. Wir halten das für ein starkes Signal in Richtung einer weltoffenen Haltung. Beide verbindet nicht nur eine Freundschaft, sondern aufgrund ihrer Haltung auch eine nicht einfache Lebenssituation in der Türkei.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: