
© Warner Bros
Verfilmung von „Minecraft“: Der Film zur Hollywoodkrise
Das erfolgreichste Videospiel aller Zeiten ist als ziemlich durchgeknalltes Action-Abenteuer für Kinder verfilmt worden. Nur die Fantasie der Vorlage bleibt dabei auf der Strecke.
Stand:
Man hat sich fast schon daran gewöhnt, dass man im Kino Bauklötze staunt – etwa in diversen „Lego Movies“ und Retrokitsch wie dem unglaublich erfolgreichen „Super Mario“-Film, der vor zwei Jahren in einem Anflug von Nostalgie auch die pixelige 8-Bit-Ästhetik des Videospiel-Klassikers zitierte. Wundert es da noch, dass man es bei Warner für eine gute Idee hielt, aus dem klobigen Open-World-Game „Minecraft“ einen Kinderfilm zu machen?
Eine solche Idee liegt nach dem Erfolg von „Barbie“ natürlich nahe. Und die Hemmschwelle ist angesichts der kreativen wie wirtschaftlichen Krise der Hollywoodstudios ins Bodenlose gesunken. Schließlich gelten dort inzwischen auch der Sneaker Air Jordan und der Frühstückssnack Pop-Tarts (Jerry Seinfelds „Unfrosted“) als „geistiges Eigentum“ (oder „Intellectual Property“, wie man in Hollywood sagt), das sich in einen Kinofilm, buchstäblich, ummünzen lässt.
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Der Witz eines Minecraft-Films ist fast so gut wie die Idee, dass Martin Scorsese einen Film über das Getränkepulver Kool Aid macht. Mit dem Unterschied, dass letztere Idee tatsächlich nur ein Witz ist (in der Apple-Serie „The Studio“, überhaupt die momentan lustigste Show über Hollywood), während man „Ein Minecraft Film“ seit dieser Woche in den Kinos bewundern kann. Bleibt nur zu hoffen, dass der unbestimmte Artikel im Titel nicht schon die unverhohlene Drohung impliziert, dass in der gegenwärtigen Franchiseindustrie Hollywoods mit ihrem Faible für Multiversen nicht noch irgendwo weitere Minecraft-Filme lauern.
Die „eckige Kugel“ der Weisheit
Jack Black spielt mit unerreichtem School-of-Rock-Enthusiasmus (es gibt sogar ein paar Gesangsnummern, geschrieben von Devo-Mastermind Mark Mothersbaugh) den Türknaufvertreter Steve, den der Fund eines magischen Würfels, im weiteren Verlauf nur noch „eckige Kugel“ genannt, in die Oberwelt von „Minecraft“ verschlägt. Man kann Black natürlich stundenlang beim Herumalbern zugucken, erst recht im Duett mit Jason Momoa, der den Achtziger-Jahre-Gamechampion Garrett „Garbage Man“ Garrison im pinken Wrestler-Outfit mit verspiegelter Wraparound-Sonnenbrille spielt. Der minderbemittelte Held könnte den Schatz in den Minen von Oberland gut gebrauchen, um sein Videospielgeschäft vor dem Ruin zu bewahren.
Aber aus den fantastischen Möglichkeiten einer offenen Spielewelt macht Regisseur Jared Hess, der mit den Außenseiterkomödien „Napoleon Dynamite“ und „Gentlemen Broncos“ schon skurrilste Nerd-Mikrokosmen auf die Leinwand gezaubert hat, nichts. Stattdessen landet nach einer viel zu langen Einführung der „Garbage Man“ mit den beiden Waisen Natalie (Emma Myers) und Henry (Sebastian Hansen) sowie der Immobilienmaklerin Dawn (Danielle Brooks) im Schlepptau durch ein Missgeschick in dem Spiel.
Dort müssen sie die Oberwelt vor der Herrscherin von Nether, der schweinsköpfigen Malgosha, retten. Schwer zu sagen, warum für diesen Vorwand eines Plots fünf Autoren nötig waren; die Hauptarbeit verrichten ohnehin die Programmierer, um die blockige Fantasiewelt – inklusive eckiger Schafe und Bienen – zu animieren.
Dabei war die ursprüngliche Idee hinter dem Spiel „Minecraft“ genial. Wenn die Kids schon stundenlang am Computer daddeln, dann wenigstens sinnvoll: um etwas aufzubauen, statt nur kaputtmachen; eine Welt zu gestalten, statt in linearen Plots, die immer stärker die Erzähl-Mechaniken des Kinos emulieren, mit NSCs (Nicht-Spieler-Charakteren) zu interagieren.
Der schwedischen Programmierer Markus Persson erschuf vor 15 Jahren eine Welt, in der der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind, seit einigen Jahren wird Minecraft sogar in der Bildungsarbeit mit Kindern eingesetzt. Für „Ein Minecraft Film“ ist das eher nicht zu empfehlen. Vielmehr setzt Hess’ Film das Dilemma des aktuellen CGI-Kinos (Marvel & Co) fort: Gerade, weil dank computergenerierter Bilder heute im Grunde alles möglich erscheint, mangelt es den Geschichten umso mehr an Fantasie. Auch die vermeintliche offene Welt von „Ein Minecraft Film“ stößt da sehr bald an ihre Grenzen.
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