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Abschluss der „Avatar“-Trilogie: James Cameron erfindet das Kino neu
Drei Jahre mussten die Fans auf „Avatar: Fire and Ash“ warten. Camerons Trilogie sucht in der Filmgeschichte ihresgleichen. Aber kann sie auch das Kino retten?
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James Cameron ist wohl der letzte Hollywood-Regisseur, dessen Filme auf einem zunehemd unberechenbaren Kinomarkt das Prädikat „too big to fail“ verdienen. Man sehe sich nur das Einspielergebnis von „Avatar: Way of Water“ vor drei Jahren an (2,3 Milliarden Dollar).
Aber auch als Pionier der Performance-Capture-Technologie, der fotorealistischen VFX-Animation und digitalen Stereoskopie – kurz gesagt, aller Werkzeuge, die das heutige Franchise-getriebene Unterhaltungskino ausmachen – ist er immer noch den Gesetzen des Marktes unterworfen.
Cameron kann sich qua seiner Macht zwar gegen den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei Dreharbeiten oder im kreativen Schreibprozess stemmen; er ist dieser Hinsicht eine Art Ein-Mann-Gewerkschaft. Aber der Deal, den Disney und OpenAI vergangene Woche verkündet haben, geht gegen alle Prinzipien, die der Technik-Freak und Kino-Gläubige Cameron stets verteidigt hat. Disney gehört seit 2019 das Studio 21st Century Fox, welches wiederum die Rechte an den „Avatar“-Filmen besitzt.
Nach dem Milliarden-Deal zwischen dem Software-Unternehmen und dem Unterhaltungskonzern, der es OpenAI-Nutzern künftig erlauben soll, für eigene Kurzfilme Figuren aus dem Disney-Portfolio legal zu benutzen, ist die Vorstellung, dass die Charaktere Jake Sully, Neytiri oder Kiri irgendwann außerhalb des von Cameron geschaffenen Kino-Dispositivs „Avatar“ ein Eigenleben entwickeln, nicht mehr ganz abwegig.
Für einen Regisseur, der eigens für den visuell bahnbrechenden „Avatar: Way of Water“ neue Imax-Technologie entwickeln ließ, um einen maximalen Immersionseffekt zu erzielen, musste diese Nachricht kurz vor dem Start von „Avatar: Fire and Ash“ wie ein schlechter Witz wirken.
Die drei „Avatar“-Filme kosten über eine Milliarde Dollar
„Avatar: Fire and Ash“, den Cameron bereits mit dem Vorgänger „Avatar: Way of Water“ abgedreht hatte, könnte in der gegenwärtigen Kinolandschaft allerdings auch einer der letzten Filme seiner Art bleiben. Beide Filme kosten Branchen-Experten zufolge zusammen zwischen 800 und 900 Millionen Dollar, Cameron hatte bei seinem Mammutprojekt finanziell nahezu freie Hand.
Es gibt nicht mehr viele Regisseure, die in Hollywood solche Freiheiten genießen. Camerons Vision von Kino erweist sich aber auch als immer unvereinbarer mit den Anforderungen der Streamingplattformen, die mehr Interesse an Inhalten („content“) und weniger an (kostspieligen) ästhetischen Positionen haben.
„Avatar: Fire and Ash“ ist die Antithese zu diesem Streaming-Paradigma. Cameron hatte sich schon 2009 mit dem ersten Film der nun abgeschlossenen Trilogie vor allem eher als Erschaffer von Fantasiewelten denn als herausragender Geschichten bewiesen. Die logische Steigerung zu „Avatar: Fire and Ash“ wäre demnach eigentlich auch kein vierter oder fünfter Film – die Cameron bereits angekündigt hat (allerdings mit neuen Figuren) –, sondern eine Virtual-Reality-Installation, die zum Erkunden einlädt. Der Planet Pandora ist der Fixpunkt der „Avatar“-Filme, die mit jedem Kapitel um eine weitere Ökosphäre erweitert wurden.
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Nach der Unterwasserwelt der Metkayina, in die „Way ou Water“ spektakulär einführte, tritt in „Fire and Ash“ mit den Mangkwan, deren Habitat durch einen Vulkanausbruch in eine Aschelandschaft verwandelt wurde, ein weiteres Na’vi-Volk auf den Plan. Die Mangkwan, angeführt von der kriegerischen Varang (Oona Chaplin), haben mit der Naturgläubigkeit der Na’vi gebrochen, sie geben der allmächtigen Eywa, dem ökologischen Bewusstsein des Planeten Pandora, die Schuld an der Zerstörung ihres „Lebensbaums“.
Erstmals treten sie bei einem Angriff auf eine Karawane des Tlalim-Clans in Erscheinung, die den von Omaticaya-Anführer Jake Sully (Sam Worthington) und seiner Familie adoptierten Menschenjungen Spider (Jack Champion) aus der Reichweite seines Vaters, dem im ersten Film getöteten Colonel Quaritch (Stephen Lang), bringen sollen.
Mit dieser grandiosen Luftschlacht – das Händlervolk der Tlalim transportiert seine Waren mit Hilfe ballonartiger Quallenwesen, die Mangkwan attackieren mit Banshees, den auf Pandora einheimischen Flugdrachen – unterstreicht Cameron früh im Film ein weiteres Mal seine Meisterschaft als Action-Regisseur. Trotz aller Technologie, die ihm zur Verfügung steht, sieht er seine Geschichte immer noch in der physischen Realität verankert; die Einheit von Zeit und Raum löst sich selbst im unübersichtlichsten Kampfgetümmel nie auf.

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Etwas langatmig wird es, nicht nur wegen der Länge von fast 200 Minuten, immer dann, wenn Cameron zum vermeintlich erzählerischen Kern seines Filmes vorzudringen versucht. In Interviews hat er „Avatar: Fire and Ash“ kürzlich mit dem Mafia-Epos „Der Pate“ verglichen: Er verstehe seine Trilogie als „Familiensaga“.
Zwischen Familienkonflikten und spiritueller Erbauung
Die Frage, wie sich die Kinder zu den Eltern verhalten und ihre eigenen Wege finden und was eine Familie überhaupt ausmacht, ist nach dem Tod des ältesten Sohns Neteyam in „Way of Water“ noch einmal verkompliziert. Der mittlere Sohn Lo’ak (Britain Dalton) ringt um den Respekt seines autoritären Vaters – einmal Soldat, immer Soldat –, Adoptivsohn Spider wird als Bedrohung wahrgenommen, weil er die RDA-Soldaten um Quaritch auf ihre Fährte locken könnte. Und Kiri, wieder gespielt von einer digital verjüngten Sigourney Weaver, muss erst noch in ihre Rolle als Vermittlerin zwischen den Na’vi und Eywa – und damit dem gesamten ökologischen System von Pandora – hineinwachsen.
Es gibt in „Avatar: Fire and Ash“ also eine sehr nachvollziehbare emotionale Dimension, die Coming-of-Age-Geschichte der Kinder, und eine spirituelle, die Erkundung des Planeten Pandora, für die Cameron wieder viel Zeit aufwendet. Die Action-Setpieces verleihen diesen beiden zentralen, sich immer wieder gegenseitig ausbremsenden Erzählungen, eine zusätzliche Unwucht.
Denn Quaritch hat einen Pakt mit Varang geschlossen, die die spanische Schauspielerin Oona Chaplin mit einer archaischen Bösartigkeit spielt. Er verspricht ihr das „Feuer“ aus den Waffenarsenalen der Kolonisatoren, mit dem sie ganz Pandora in eine Aschewüste verwandeln kann. Im Gegenzug soll sie ihm dabei helfen, seinen Sohn zu finden – und den Verräter Jake Sully zu töten.
Die Allianzen sind in „Fire and Ash“ komplizierter als noch in den ersten beiden Filmen: Es gibt dieses Mal gute und böse Na’vi (womit Cameron auch mit dem rassistischen Stereotyp der „edlen Wilden“ bricht), Jake und Quaritch müssen kurzzeitig sogar ein Zweckbündnis eingehen, um Spider zu retten.
Letztlich können die wechselnden Konfliktlinien aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich viele der Handlungsstränge aus „Way of Water“ in leicht abgewandelter Form in der Fortsetzung „Fire and Ash“ wiederholen. Viele Variationen ermöglicht der simple Grundplot eben nicht, Cameron reizt die Geschichte mit nunmehr neun Stunden etwas zu sehr aus.

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Zumal der emotionale Schmierstoff, die Eltern-Kinder-Konflikte, vor allem dazu dient, noch tiefer in die Lebenswelten des Planeten Pandora einzutauchen. Hier beweist Cameron ein weiteres Mal, dass er als Special-Effect-Filmemacher die Naturelemente beherrscht; ein „König der Welt“, als der er sich nach seinem Oscar-Triumph mit „Titanic“ ausrief, mit Gottkomplex. In „Fire and Ash“ vereint er Land und Luft, Wasser und Feuer; zum großen Finale ergreift sogar Eywa Partei für die Omaticaya und die Metkayina gegen das abtrünnige „Aschevolk“.
Es könnte allerdings sein, dass James Cameron als Pionier der bewegten Bilder ein Solitär bleiben wird. Vor 16 Jahren war er angetreten, das Kino neu zu erfinden. Aber solange sich die Produktionskosten von Filmen wie „Avatar: Fire and Ash“ im mittleren dreistelligen Millionenbereich bewegen, wird er einer der wenigen Regisseure bleiben, die solche Projekte finanzieren können.
In Interviews spricht er selbst davon, dass er bereits daran arbeitet, mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz die Kosten für SFX-Animationen deutlich zu verringern. Es wäre immerhin ein sinnvollerer Einsatz von KI als bloße Fan-Fiction aus dem Marvel/Star-Wars-Kontinuum, wie die Disney/OpenAI-Kooperation befürchten lässt.
Mit dem Kino, wie wir es kennen, hat die gewöhnungsbedürftige Ästhetik von „Avatar: Fire and Ash“ allerdings auch nicht mehr viel zu tun. Die höhere Bildrate, die Cameron mit seinen neu entwickelten Kameras erzielt, sorgt weniger für ein gesteigertes Realitätsgefühl, als für eine größere Distanz zu den Figuren. Die Mimik der Schauspieler mag realistisch anmuten. Aber James Camerons Zukunft des Kinos sieht mehr denn je wie eine Virtual-Reality-Simulation aus.
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