
© dpa/Oliver Berg
Falscher Steuerbescheid: Plötzlich war ich evangelisch
Verwirrung beim Finanzamt: Wie unsere jüdische Kolumnistin zur Zahlung von Kirchensteuer aufgefordert wurde – und nun im Behörden-Pingpong feststeckt.
Stand:
2022: Ich habe vorbildlich meine Steuererklärung für 2021 abgegeben und erhalte ein Schreiben vom Berliner Finanzamt: Ich sei ihnen Kirchensteuer schuldig. Weil ich seit 2021 evangelisch sei. Das ist überraschend! Ich rufe also beim Finanzamt an und teile mit der netten Mitarbeiterin meine Verwunderung.
Das Ganze ist entstanden, weil ich in diesem Jahr „konfessionslos“ angegeben habe. Und das wiederum habe ich getan, weil ich Sorge hatte, dass es am Ende eine Falschangabe sein könnte, wenn ich angebe, dass ich jüdisch bin, weil ich kein Gemeindemitglied bin und damit keine Gemeindebeiträge zahle.
Aber scheinbar hält Berlin nichts von Konfessionslosigkeit und so wurde beschlossen, ich sei jetzt evangelisch.
Die nette Mitarbeiterin sagt, dass sie mir Unterlagen schickt, damit sie das wieder rausnehmen könne. Die Unterlagen: Wann bin ich aus der evangelischen Gemeinde ausgetreten? (Nachweis anfügen), wann wurde ich getauft? Wo wurde ich getauft? Wie war meine Wohnanschrift zum Zeitpunkt der Taufe … Mir bleibt nichts anderes übrig, als überall „nie“ und „nirgends“ zu vermerken. Und trotzdem: Erfolg! Mein Steuerbescheid wurde korrigiert.
Naiverweise dachte ich, damit wäre das Problem auch für die Zukunft gelöst. Also übernehme ich 2023 die Daten vom Vorjahr. Ich bekomme einen Bescheid mit einem Schreiben anbei: Ich schulde Kirchensteuer … Ich rufe an, wir klären das, Steuerbescheid wird korrigiert.
Die Steuersoftware schleudert mir Warnungen entgegen
Vergangenes Jahr habe ich mir eine Steuersoftware zugelegt. Um mir das Hin und Her der Vorjahre zu ersparen gebe ich „Sonstiges“ an und packe in das Freifeld „Jüdisch ohne Gemeindezugehörigkeit“. Es will von mir wissen, wie viel Kirchensteuer ich gezahlt habe (denn ich bin ja offensichtlich nicht konfessionslos laut meiner Angabe). Ich gebe null Euro an.
Das Programm ist nicht glücklich mit mir. Schleudert mir Warnung, nach Warnung an den Kopf und will mich meine Erklärung nicht abschicken lassen.
Dieses Jahr sitze ich also vor meiner Steuererklärung und überlege zum Protestantismus überzutreten. Nur um Stress zu sparen … Den kann ich nämlich nicht von der Steuer absetzen.
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