
© Galerie Crone Wien
Gestärkt und gefaltet: In Wien starten die Galerien in den Herbst
Mit der Messe Viennacontemporary und kuratierten Ausstellungen in 24 Galerien macht die österreichische Metropole auf sich aufmerksam.
Stand:
Auch wenn in Berlin die Art Week noch bis Sonntag in vollem Gange ist, lohnt sich ein Blick über die Grenze zum südlichen Nachbarn nach Wien. Mit dem Galerienfestival Curated By und der Messe Viennacontemporary für zeitgenössische Kunst bietet sich die Donaumetropole als entspannte Alternative zur hektischen deutschen Hauptstadt an.
Das wissen auch einige Berliner sehr zu schätzen. Vor allem die von eingeladenen, externen Kuratoren gestalteten Ausstellungen von Curated By in 24 Wiener Galerien genießen bei Sammlern, Kuratoren und den Künstlern selbst hohes Ansehen.
Wildes West-Berlin
Ein absolutes Juwel ist in der Galerie Exile, die 2018 von Berlin nach Wien gezogen ist, mit „The Depressiva Revolutions“ zu sehen. Die 1952 geborene S.M. van der Linden darf als Entdeckung Oliver Koerner von Gustorfs gelten, früher selbst Galerist und jetzt eine der wichtigsten Stimmen der deutschsprachigen Kunstkritik, der die Ausstellung in den winzigen Räumen souverän in Szene setzt.
Er kennt die Künstlerin noch aus den wilden West-Berliner Zeiten. 1975 aus den Niederlanden gekommen, entschied sie sich bewusst für ihre Arbeit als Domina. Außerdem betrieb sie eine Bar, in der sich die Kunst- und Schwulenszene traf. Nebenbei schuf sie Kunst, mehr für sich selbst als für ein Publikum.
Nur selten sind die offen queeren und aktivistischen Arbeiten öffentlich zu sehen gewesen, und dann nur in Off-Spaces. In den Handel ist kaum etwas gelangt und die meisten Werke hat sie selbst zerstört.
Nach Preisen für die Videos und Grafiken gefragt, weiß Galerist Christian Siekmeier zunächst keine Antwort. Ob der sehr laute Ruf dieser Schau nach einem institutionellen Ankauf wohl in Berlin gehört wird?
Hoodies als Publikumsmagnet
Von einer ganz neuen Erfahrung weiß man in der Wiener Dependance der Galerie Crone im Zusammenhang mit der von Damian Lentini kuratierten Gruppenausstellung „Fold“ zu berichten: „Die Hoodies von Hamid Zénati ziehen ein ganz anderes Publikum in die Galerie“, erzählt Andreas Osarek. „Das sind junge Leute, die davon erst mal angesprochen werden und hereinkommen. Wenn sie dann erfahren, dass die vermeintlichen Kleidungsstücke überhaupt nicht zum Verkauf stehen, sehen sie sich trotzdem die gesamte Ausstellung an.“
Auch bei Crone geht es nicht primär ums Geld. Da der Künstler bereits verstorben sei, gebe es keinen Nachschub und daher keine Edition. Es gehöre eben auch zur Aufgabe einer Galerie, Positionen zu zeigen, weil sie Aufmerksamkeit verdienen und zum Diskurs beitragen, nicht zum Kontostand.
Durchaus verkäuflich sind die Arbeiten von Olaf Holzapfel (ab 16.000 Euro) aus der Ausstellung bei Christine König, die von der Kuratorin des deutschen Pavillons der nächsten Biennale di Venezia Kathleen Reinhardt zusammengestellt wurde.
Blick nach Osten
Vor allem um den Handel geht es auf der Viennacontemporary, die unter der neuen Direktorin Abaseh Mirvali nach einigen schwächeren Ausgaben ihren angestammten Fokus auf die CEE-Länder (Central Eastern Europe) wieder stärker betont. Das tut der Messe gut und der Attraktivität des Standorts Wien ebenfalls.
Es steht zu hoffen, dass die Stadt nach der Überführung der Organisation in eine Vereinsstruktur das ebenfalls so sieht und die kommerzielle Kunstvermittlung als kulturellen Standortfaktor begreift und unterstützt. Auch in diesem Punkt gibt es Überschneidungen mit Berlin.
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