
© Johannes Puch/ORF
Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb: Klagenfurt in Ekstase
Ganz im Zeichen der österreichischen Literatur und unter dem Eindruck der Fußball-Euphorie: Am Abend wird in Klagenfurt das Ingeborg-Bachmann-Preislesen eröffnet.
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Die Hauptstadt der Literatur, wie sich Klagenfurt während des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs gern nennt, hat es dieser Tage schwer. Denn da gibt es gerade auch die Fußball-Europameisterschaft und vor allem eine recht verheißungsvoll spielende österreichische Nationalmannschaft.
Am frühen Dienstagabend ist am Klagenfurter Neuen Platz kein Durchkommen, wer zu spät kommt, bekommt nicht mal einen Stehplatz: Public Viewing, das Spiel Österreich gegen Niederlande im Berliner Olympiastadion, übertragen von Servus TV, dem Red-Bull-Sender, und nach dem Sieg der Österreicher dann „Ekstase“, wie die Medien am Tag darauf urteilen.
Dass nicht weit vom Neuen Platz kurz zuvor im Garten des ORF-Studios Brandy Brandstätters Ingeborg-Bachmann-Installation „enthüllt“ worden war, wie der ORF in einer Pressemeldung verkündete, ging beim Fußballtrubel naturgemäß etwas unter.
Brandstätters drei Meter hohes und dreieinhalb Meter breites Edelstahlporträt, das man schon einmal 2016 im Klagenfurter Robert-Musil-Literatur-Museum sehen konnte, ziert nun während der 48. Tage der deutschsprachigen Literatur, wie der Bachmann-Wettbewerb auch genannt wird, den Ingeborg-Bachmann-Park, wie wiederum der Garten des ORF-Geländes inzwischen offiziell heißt.
An diesem Mittwoch, da abends der Wettbewerb mit der Auslosung der Lesereihenfolge und der Klagenfurter Rede zur Literatur beginnt, machen also die dunklen Wolken über der Stadt und dem Wörthersee niemandem etwas aus. Der Literatur kommt dabei zugute, dass nicht nur das Wetter ab Donnerstag besser wird, sondern Österreichs Fußballer ihr Achtelfinale erst am Sonntag spielen.
Drei Österreicherinnen beim Bachmann-Wettlesen
Die Kärntner „Kleine Zeitung“ stimmt denn auch schon mal in ihrer Mittwochsausgabe auf das Wettlesen ein, in dem es die drei österreichischen Teilnehmerinnen und eine in Wien lebende Autorin vorstellt unter der Überschrift: „Sie freuen sich auf die Atmosphäre vor Ort.“
Alle vier sind tatsächlich nicht die bekanntesten Autorinnen – obwohl die aus dem Burgenland stammende und in Hamburg lebende Johanna Sebauer von ihrem beim Kölner DuMont Literaturverlag veröffentlichten Debütroman „Nincshof“ über ein kleines und vergessenes burgenländisches Dorf schon 20.000 Exemplare verkauft haben soll.
Zwei der Autorinnen schlugen zunächst auch andere künstlerische Karrieren ein: Die 1985 in Graz geborene Ulrike Haidacher ist preisgekrönte Kabarettistin und begann erst während der Corona-Pandemie, Prosatexte zu schreiben. Und Tamara Stajner, die 1987 im slowenischen Novo mesto geboren wurde, hat in Wien Musik studiert und ist ausgebildete Bratschistin.
Auch die 1978 als Tochter polnischer Einwanderer geborene Autorin Kaska Bryla studierte zunächst Volkswirtschaft, bevor sie sich dem Schreiben zuwandte; wie Haidacher hat Bryla inzwischen zwei Romane veröffentlicht, zuletzt „Der Eistaucher“, erschienen beim Residenz Verlag.
Mit ihren slowenischen, polnischen und deutschen Einflüssen wird die österreichische Literatur also nicht ganz so in Rot-Weiß getaucht sein wie das gesamte Land in seiner Fußball-Euphorie. Und doch passt es, dass auch die Klagenfurter Rede zur Literatur von einem Österreicher gehalten wird.
Wie es Tradition ist, stammt diese Rede oft von einstigen Bachmann-Preisträgerinnen oder -Preisträgern. Dieses Jahr ist es Ferdinand Schmalz, der 2017 den Wettbewerb gewann und als gelernter Theaterautor 2021 dann auf dem Klagenfurter Preistext basierend seinen ersten Roman „Mein Lieblingstier heißt Winter“ veröffentlichte. Der Titel seiner Rede, von der sonst nichts weiter bekannt ist: „Hoppla, die Leberwurst“. Wenn das nicht viel verspricht.
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