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Anthony Hopkins als „Freud“ im Kino: Der Glaube, ein Märchen
Gibt es einen Gott? Im Drama „Freud – Jenseits des Glaubens“ treten Anthony Hopkins und Matthew Goode als Gelehrte Sigmund Freud und C.S. Lewis gegeneinander an.
Stand:
Seltsam, dass ein Drama, das so große Themen umwälzt und zwei bedeutende Figuren des 20. Jahrhunderts in einen Schlagabtausch stellt, so spannungsarm ausfallen kann.
Der britische Regisseur Matthew Brown hat Mark St. Germains Theaterstück „Freud’s Last Session“ in ein allzu gepflegtes Kammerspiel verwandelt, das am Beginn des Zweiten Weltkriegs in London spielt.
Ein bärbeißiger Egozentriker
Der 86-jährige Schauspielstar Anthony Hopkins verkörpert den Neurologen und Begründer der Psychoanalyse mit latentem Overacting als bärbeißigen Egozentriker. Sein Sigmund Freud agiert nicht mehr ganz auf der Höhe seiner geistigen und körperlichen Kräfte und feuert trotzdem eine Sottise nach der anderen ab. Besonders gerne, wenn es um Freuds Religionskritik geht, um den Glauben an Gott, den er „Fairytale of Faith“ nennt.
Sein Gegenspieler, C. S. Lewis, ist heute noch in Großbritannien so bekannt wie es Sigmund Freud in Österreich damals war. Nicht in erster Linie für die zahlreichen christlichen Schriften, die der Oxford-Professor und vormalige Atheist verfasst hat. Sondern für die „Narnia-Chroniken“, eine siebenbändige Fantasy-Romanreihe für Kinder, in der man durch einen Wandschrank in eine mythische Abenteuerwelt gelangt.
Ihn verkörpert Matthew Goode, der bisher weniger durch seine Charakterrollen, sondern für seine tadellose Haltung als arroganter Adeliger in „Downtown Abbey“ auffiel. Als Konterpart von Hopkins wirkt Goode überfordert.
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Anthony Hopkins selbst hat in den Neunzigern in dem großartigen Melodram „Shadowlands“ von Richard Attenborough auch einmal ein weitaus charismatischeren C. S. Lewis gespielt. In „Freud – Jenseits des Glaubens“ nun lassen er und das Drehbuch den christlichen Apologeten und Freund von J. R. R. Tolkien ziemlich blass aussehen, indem sie ihm viel zu wenige Pointen zugestehen.

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Freuds Frage an Lewis „Warum sollte ich Christus‘ Behauptung, Gott zu sein, ernster nehmen als die meiner Patienten, die behaupteten, Jesus zu sein?“ ist nur einer der originellen Einwürfe des Religionsverächters Freud, den Lewis bei diesem fiktiven Treffen am 3. September 1939 im Londoner Haus des exilierten Freud schwer parieren kann.
Er schließe aus, dass die Evangelien Mythen seien, sagt Lewis: „Sie sind nicht künstlerisch genug, sondern plump geschrieben.“ Wenn jemand eine Legende hätte schaffen wollen, hätte er nicht so eine schlechte Erzählung zugelassen, ist der Gelehrte überzeugt.

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Was die visuelle Ebene angeht, verlässt sich „Freud – Jenseits des Glaubens“ ganz auf die dialogische Kammerspielsituation im Arbeitszimmer Freuds. Durchbrochen wird sie durch Rückblenden in die Erinnerung der Disputanten, die – schließlich geht es um Psychoanalyse – bis in die Kindheitstraumata von Freud und Lewis zurückreicht. Lewis ist von seiner Internatszeit und dem Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg gezeichnet. Freud leidet unter dem Verlust seiner Wiener Heimat, ist todkrank und abhängig von Morphium.
Liv Lisa Fries als Anna Freud
Eine weitere Ebene bringt das historisch verbürgte Abhängigkeitsverhältnis von Tochter Anna Freud, ebenfalls Psychoanalytikerin, zum Übervater ins Spiel. Liv Lisa Fries behauptet sich in der Rolle der fürsorglichen Tochter, die sich seiner Dominanz nicht entziehen kann. Ihrer Liebe zu einer Kollegin begegnet Freud, der große Deuter sexueller Sehnsüchte, mit Ablehnung und Ignoranz. Die dabei sichtbar werdenden Charakterdefizite Freuds spielt Anthony Hopkins in bewährt verklemmter Wortkargheit.
Gottes- und Sinnfragen vor dem durch Radiomeldungen in die Gelehrtenklause einbrechenden Kriegschaos zu diskutieren, gibt „Freud – Jenseits des Glaubens“ Fallhöhe. Trotzdem stellt sich beim Betrachten der konventionellen Inszenierung von Matthew Brown statt höchster Dringlichkeit nur schläfrige Gleichgültigkeit ein. Der vom Regisseur beabsichtigte Lerneffekt für die Gegenwart, dass man unterschiedlicher Meinung sein und sich trotzdem respektieren kann, stellt sich so nur widerwillig ein.
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