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Eine Regenbogenbinde steckt in einem Fußballschuh.

© IMAGO/Hanno Bode

Kolumne „Mehrwert“, Folge 28: Der Sport und die Menschenrechte

Nach der EM ist vor den Olympischen Spielen: Alles Fairplay und ohne Diskriminierung, wenn große Turniere in demokratischen Ländern stattfinden? Ein Blick zurück nach vorn.

Christiane Peitz
Eine Kolumne von Christiane Peitz

Stand:

Nach der EM ist vor den Olympischen Spielen. Deutschland und Frankreich sind demokratische Länder, kein Problem also mit den Menschenrechten wie zuletzt bei den Sportevents in Russland, Sotschi, Peking und Katar.   

Kein Problem? Die EM wurde von China und Katar gesponsert. Was Diskriminierungen hierzulande betrifft, schloss die EM-Menschenrechtserklärung der Bundespolitik die Einrichtung einer niedrigschwelligen Beschwerdestelle mit ein. Es wird interessant sein zu sehen, was gemeldet wurde - Berliner Awareness-Teams berichteten von sexuellen Übergriffen auf der Fanmeile. Rechtsanwältin Asha Hedayati erläuterte zudem im Tagesspiegel-Interview den Zusammenhang zwischen Fußballspielen und der Zunahme häuslicher Gewalt.   

Hier die Uefa-Kapitänsbinde mit dem Schriftzug „Respect“, dort die DFB-Kampagne „Fußball ist die beste Zeit gegen Rassismus“: Profi-Events haben Signalwirkung für den Amateursport. Der Schwarze Ex-Fußballer Pablo Thiam, der bis 2008 unter anderem bei Bayern München und dem VfL Wolfsburg kickte, fordert jedoch anstelle immer neuer Kampagnen konsequenteres Handeln.

Die NRW-Meldestelle für Diskriminierung im Fußball verzeichnet seit 2022 über 1800 rassistische, sexistische, queerfeindliche und antisemitische Vorfälle, bei Profi- wie Amateurligen, Tendenz steigend. „Da wünscht die eine Fan-Gruppe die andere ins KZ“, so Projektleiter David Johannes Berchem, der mehr konzertierte Aktionen anmahnt.

Während der DFB seit 1900 ausschließlich weiße Männer als Präsidenten hat, annonciert Frankreich jetzt die ersten Olympischen Spiele, an denen ebenso viele Frauen wie Männer teilnehmen. In Tokio 2020 lag die Quote bei „nur“ 47,8 Prozent. Also nochmal, alles bestens, wenn Demokratien solche Turniere ausrichten?

Die Sports & Rights Alliance, ein Bündnis diverser Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, prangert das Kopftuchverbot, das für Frankreichs eigene Athletinnen gilt, als diskriminierend an. Seit Monaten kritisieren Hilfsverbände außerdem die deutliche Zunahme von Räumungen provisorischer Migrantenunterkünfte und die „Umsiedlung“ Obdachloser. Den Vorwurf der „sozialen Säuberung“ weist die Sportministerin allerdings zurück: Die Räumungen hätten nichts mit den Spielen zu tun.  

Das IOK sitzt in der Schweiz, ebenso die Fifa. Die Schweiz profitiert vom Profit der über 50 ansässigen Sportverbände, macht die Einhaltung der Menschenrechte für diese jedoch nicht zur Pflicht – auch darauf wies die Sports & Rights Alliance kürzlich hin. Beim Fußball wird es also wohl weitergehen mit der Austragung von Turnieren in Ländern, die die Meinungsfreiheit missachten, die Ausbeutung von Arbeitskräften oder Queer-Diskriminierung zulassen.

Jedenfalls bei den übernächsten Runden: Ausrichter der WM 2030 soll unter anderem Marokko werden, die EM 2032 soll in der Türkei und Italien stattfinden, einziger WM-Bewerber für 2034 ist Saudi-Arabien. Will sonst keiner? Erinnern wir uns an die Winterspiele-Ablehnung für 2022 von Garmisch-Partenkirchen und Co.: Solange die Bürger demokratischer Länder Trubel und Aufwand großer internationaler Turniere scheuen, bleibt das Thema Sportevents und Menschenrechte auf der Agenda.   

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