
© Nancy Jesse
Märchenoper, Strawinsky und Brahms: Die sechs besten Klassik-Konzerte in Berlin in der zweiten Oktober-Woche
Für die ganze Familie: eine opulent inszenierte Musiktheater-Premiere mit Kindern in den Hauptrollen. Welche klassischen Konzerte lohnen sich diese Woche sonst noch?
- Frederik Hanssen
- Frank Weiss
- Ingolf Patz
- Tobias Schwartz
Stand:
Neue Wege: Ein ehemaliger Rugby-Spieler erhält den Opus Klassik. Auch sonst feiert die aktuelle Konzertwoche Innovation und Vielfalt. Wir sagen Ihnen, auf welchen Bühnen es spannend wird.
1 Mit der ganzen Familie: Die drei Rätsel

© Ruth Tromboukis
Die titelgebenden drei Rätsel sind natürlich die der Prinzessin Turandot – eine aus der orientalischen Märchenwelt stammenden Figur. Sie ist die Tochter des Kaisers von China, die Rätsel stellt sie ihren Verehrern. Wer es vermag, sie zu lösen, den heiratet sie. Wer scheitert, stirbt.
In dieser Version haben wir es mit einer Oper für Kinder und Erwachsene zu tun, „einer wilden Mischung aus Märchen und Sozialdrama, Road-Movie und großer Oper“, wie es in der Ankündigung der Deutschen Oper heißt. Die Handlung ist in die Gegenwart verlegt: Lasso, Sohn einer alleinerziehenden Mutter, zieht in die Welt hinaus, um seiner Prinzessin – hier heißt sie Scharada – ebenfalls drei Fragen zu stellen.
Das wichtigste Anliegen der modernen Fassung von Komponist Detlef Glanert, 2003 in Halle uraufgeführt, ist es, dass dieses lustige, durchaus etwas gruselige Musiktheaterprojekt auch mit Kindern stattfindet. Die Hauptrollen übernehmen entsprechend zwei Kinder, die neben erwachsenen Sängerinnen und Sängern sowie einem Kinder- und Jugendchor auf der Bühne stehen. Auch das Opernorchester erhält Unterstützung von Heranwachsenden. Regie führt Brigitte Dethier, Dominic Limburg dirigiert.
2 Die Lebensgeschichte ist besonders – die Stimme aber erst

© Capucine de Chocqueuse
„I sing, I eat, I laugh. Simple.“ So charakterisiert sich Pene Pati auf Instagram selbst. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Neben seinem wunderschönen lyrischen Tenor und seiner imposanten Gestalt war er überall in der Presse mit seiner Geschichte, wie er auf Samoa vom Rugby zur Oper wechselte.
Mit dieser Medienpräsenz muss das musikalische Talent erst einmal Schritt halten. Aber Pati hat das Match gewonnen. Heute zählt er zu den heißesten Klassikstars und erhält den Opus Klassik für sein Album „Nessun Dorma“ mit bekannten italienischen Arien und neuen Entdeckungen. Dabei ist inzwischen schon sein neues Album „Serenata a Napoli“ erschienen, auf dem er auf sehr natürliche Weise neapolitanische Lieder singt.
Da muss er zum Opus Klassik gleich zweimal ran: Zur TV-Gala im Konzerthaus singt er mit Golda Schultz im Duett. Am Vorabend, beim intimeren Preisträger:innen-Konzert in St. Elisabeth, begleitet er sich selbst mit der Gitarre. Ganz einfach.
Außerdem dabei: Lang Lang, Louis Philippson und Hayato Sumino am Klavier und Saxofonistin Asya Fateyeva spielt Abba mit den Lokalmatadoren Lautten Compagney.
3 Seltenes von Mozart – und ein Hit

© Lennard Ruehle/Lennard Ruehle
17 Jahre war Mozart alt, als er 1773 sein 1. Violinkonzert komponierte. Es zeigt eindrucksvoll, welche Begabung er auch als Geiger hatte. Zwei Jahre später sollte er seine vier anderen Violinkonzerte vollenden. Das 1. Violinkonzert wird nicht allzu häufig aufgeführt.
Die Akademie für Alte Musik spielt es mit Carolin Widmann an der Violine. Sie ist auch Solistin bei Joseph Haydns Konzert für Violine und Orchester G-Dur Hob VIIa:4, der als ein Mentor Mozarts gilt. Wie auch sein Bruder Michael Haydn, dessen Sinfonie Nr.23 den Auftakt bildet. Mit „Die kleine Nachtmusik“ ist auch ein Klassiker der Klassik dabei.
4 Das Versprechen einer besseren Welt

© Piergab
„Welt, gute Nacht“ heißt das Programm des Ensembles Pygmalion aus Chor und Orchester und seines Gründers Raphaël Pichon, aber es geht nicht um Wiegenlieder und sanftes Schlummern. Oder eben doch? Die Traumata des Dreißigjährigen Kriegs waren in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts noch allgegenwärtig, und auch das Bewusstsein, wie schnell das Leben enden kann! Die geistliche Musik von Dieterich Buxtehude, Philipp Heinrich Erlebach, Nicolaus Bruhns spendete den Menschen Trost und versprach eine bessere Welt – hier und im Jenseits.
5 Kollegiale Begeisterung

© Borggreve, Marco
Über die Entstehungsgeschichte von Brahms 3. Sinfonie ist wenig bekannt. Nur eines ist gewiss, das Werk fand großen Anklang bei den Kollegen. Antonín Dvorák schwärmte von den herrlichen Melodien: „Das Herz geht einem dabei auf.“ Und Clara Schumann hörte ein klingendes Naturidyll, einen „geheimnisvollen Zauber des Waldlebens!“ Vor der Pause spielen Dirigent Daniele Gatti und die Philharmoniker Anton Weberns „Langsamer Satz für Streichquartett“ und Igor Strawinskys Sinfonie in C.
6 Gratulation für das XXL-Instrument

© Peter Adamik
In der Philharmonie bildet das Orchester den Mittelpunkt, und zwar wortwörtlich: Das Publikum umringt die Musikerinnen und Musiker von allen Seiten. Die Orgel hoch oben über dem Block E auf der rechten Saal-Seite fällt da kaum auf. Aber sie ist ein beachtliches Instrument, mit 6500 Pfeifen die zweitgrößte in Berlin.
In diesem Herbst wird sie 60 Jahre alt – und als erster Gratulant tritt jetzt Jan Liebermann auf. Er ist gerade einmal 20 Jahre alt und wird in Fachkreisen schon hoch gehandelt. Technische Schwierigkeiten scheint er nicht zu kennen, außerdem spielt er sämtliche Stücke auswendig. Für seinen Auftritt hat er Wagners Meistersinger-Ouvertüre ausgewählt, die Air aus Bachs Orchestersuite Nr. 3 sowie zwei französische Werke. Über die Geschichte der Orgel informiert aktuell auch eine Ausstellung im Foyer der Philharmonie.
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