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Frisch verliebt: Naomi (Daniel Kitsis) und Eyad (Tawfeek Barhom) in "Mein Herz tanzt".

© nfp

"Mein Herz tanzt" im Kino: Ist Außenseitertum erblich?

Der israelische Film „Mein Herz tanzt“ von Eran Riklis erzählt von Liebe, Freundschaft und Erwachsenwerden in Zeiten des Krieges: Humorvoll, melancholisch, eindringlich.

Eyad und Yonatan sind Freunde. „Ich vergess’ manchmal, dass du Araber bist“, sagt Yonatan zu Eyad und formuliert so die ganze Tragik und Hoffnung dieser Jahre zwischen der ersten Intifada und dem Golfkrieg. Die beiden sind Außenseiter in einer Welt der Stigmatisierung, Heranwachsende, die mit dem Erbe ihrer Väter kämpfen. Der Palästinenser Eyad lebt allein unter jüdischen Israelis in einem Jerusalemer Eliteinternat und soll den Traum des Vaters vom Bildungsaufstieg einlösen. Yonatan ist an den Rollstuhl, später ans Bett gefesselt, erkrankt wie sein Vater an ALS. Mit dem Humor der Verzweiflung sagt Yonatan, die Vererbbarkeit von ALS sei nicht bewiesen – ganz im Gegensatz zu Eyads Los als Araber in Israel.

Die Mitschüler begegnen Eyad mit Spott. Er spricht anders, kennt weder ihre Musik noch ihre Bücher. Doch dann verliebt sich ausgerechnet die jüdische Mitschülerin Naomi in ihn – worauf die Eltern ihr verbieten, weiter zur Schule zu gehen. Erst als Eyad die Schule verlässt, darf sie zurückkommen. Er hält sich mit Aushilfsjobs über Wasser, als Araber scheint er zum Spüljungen verdammt. Bis er mit dem Pass des jüdischen Freundes den ersehnten Kellnerjob ergattert. Yonatans Mutter wird zu seiner Verbündeten. Als ihr Yonatan stirbt, treffen die beiden eine radikale Entscheidung.

Humor in Zeiten des Krieges

Der israelische Regisseur Eran Riklis („Die syrische Braut“, „Lemon Tree“) hat mit „Mein Herz tanzt“ einen teils autobiografischen Roman des in den USA lebenden „Haaretz“-Kolumnisten Sayed Kashua verfilmt. Krieg, Liebe, Freundschaft, Jugend, Krankheit, Tod – das klingt fast schon nach Überfrachtung. Doch Riklis inszeniert die Zerrissenheit seines Protagonisten auf der Suche nach Identität zurückhaltend, einfühlsam, zuweilen melancholisch, mit einem großartig intensiv spielenden Tawfeek Barhom. So spiegelt der Film die großen gesellschaftlichen Brüche in der Sensibilität eines Heranwachsenden – nicht wertend oder anklagend, dafür umso eindringlicher. Und obwohl der Krieg allgegenwärtig ist, blitzt immer wieder leiser Humor auf, etwa wenn Eyads Familie nachts auf dem Hausdach Saddams Gesicht im Vollmond imaginiert.

In 6 Berliner Kinos. OmU: fsk am Oranienplatz, Hackesche Höfe

Sabrina Wagner

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