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Der Planungs-Publizist Robert Kaltenbrunner 

© privat / Tsp

Metropolen anders denken: Nachruf auf den Planungs-Publizisten Robert Kaltenbrunner

Er war ein vorausschauender Planungsdenker und kritischer Autor, dessen Essays lesens- und sammelnswert sind. Nun ist er überraschend verstorben.

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Es gibt Nachrichten, die schlagen ins Herz. So die vom überraschenden Tod des Architektur- und Städtebaupublizisten Robert Kaltenbrunner. Er verstab, wie erst jetzt durch einen liebevollen Nachruf im Baunetz auch weithin sichtbar bekannt wurde, schon am 21. Februar im Alter von nur 64 Jahren. Hatten wir nicht gerade noch telefoniert, wie so oft in den vergangenen drei Jahrzehnten?

Ein schmaler, angesichts der aus den Augen, aus den Texten sprühenden Energie bemerkenswert kontrolliert erscheinender Mann. Stundenlang konnte man mit ihm debattieren, wie sich das Bauen, wie sich das Land und die Städte nachhaltig, sozial, kulturell, ästhetisch, wirtschaftlich entwickeln sollten, was der Klimawandel für Folgen haben wird, wie die Gentrifizierung das urbane Geflecht zerstört, wie eine effiziente Mieten-, Kultur- und Wohnungsbaupolitik aussehen könne. Eines seiner Bücher, „Die Stadt der Zukunft“ (Aufbau Verlag 2018, unbedingt lesenswert) wurde mit dem Volkswirt Robert Jakubowski geschrieben.

Nie verlor Kaltenbrunner seinen freundlichen oberpfälzischen Akzent. Und doch war er auch leidenschaftlicher, also kritischer Berliner. Er kannte die großen Städte aus eigenen Forschungen, promovierte über Schanghais Wachstum, als viele noch nur staunten. Aber er sah eben auch die mittleren und kleine Städte, kritisierte, dass Regionalplanung seit der Nachkriegszeit fast nur noch von den Metropolen aus gedacht wird.

Die Kraft der Nicht-Metropolen

Hier wohnen die Wähler, hier konzentrieren sich das Kapital, die Forschung, die Industrie, die Medien. Selbst Mittel-, aber vor allem kleine Städte wurden damit aber immer mehr zum machtlosen Umland degradiert, Dörfer zur Folklore gemacht. Lange vor vielen Fachkollegen erkannte er, welches Innovations- und Kraftpotential außerhalb der Metropolen lag. Oft haben wir, beim gemeinsamen Arbeiten mit und an seinen Artikeln, darüber debattiert, wie stark Koalitionen derjenigen werden können, die von den Großstädten ignoriert werden.

Und wie leicht führt deren Wut auf angeblich lebensferne „Linke“, „Grüne“, „Liberale“, „Akademiker“ dazu, dass sie durch Ausgrenzung den eigenen Interessen schaden. Siehe die Niederlande, USA unter Trump, die AfD in Ostdeutschland. Ihr Aufstieg hat ihn, jedenfalls schien es mir so, nur sehr bedingt überrascht.

Kaltenbrunner war Planungs-Fachbeamter, überzeugt, dass eine gute, aufgeklärte, effiziente Verwaltung das Leben für alle besser macht. Zuletzt leitete er die Abteilung Wohnungs- und Bauwesen im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung. Mit großem Erfolg. Doch wollte er immer auch die Debatte in der Öffentlichkeit, mit dieser. Und er konnte sich aussuchen, wo seine Texte am meisten Wirkung haben könnten: in der FAZ, dem Tagesspiegel selbstverständlich, in der Berliner Zeitung, der NZZ. Für Redakteure war es durchaus eine Auszeichnung, wenn er anrief. Man wusste: Hier muss ich zugreifen, sonst geht ein Artikel, der klug ist, zum Nachdenken bringt und meist viele Leserbriefe garantiert, an die Konkurrenz. Es sollte eine Ausgabe seiner Essays geben.

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