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Nach dem Tod der künstlerischen Leiterin: Venedig Biennale stellt Konzept vor
„In Minor Keys“ lautet der Titel der nächsten Venedig Kunstbiennale im Mai 2026. Und auch die Künstlerinnen des deutschen Pavillons stehen fest.
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Etwa ein Jahr vor Eröffnung werden traditionell Titel und Thema der nächsten Ausgabe der Venedig Biennale, der bedeutendsten Kunstausstellung der Welt, vorgestellt. Dieses Mal wurde der ritualisierte Ablauf durch eine schockierende Nachricht unterbrochen. Die künstlerische Leiterin Koyo Kouoh starb im Mai unerwartet mit nur 57 Jahren, zehn Tage bevor sie ihr Konzept für die Biennale vorstellen wollte.
In der Kunstwelt habe Kouohs Tod „eine Welle von Emotionen ausgelöst“, heiß es bei der Biennale-Pressekonferenz in Venedig am Dienstmittag, die mit siebentägiger Verspätung veranstaltet und online live übertragen wurde. Und natürlich wollen alle wissen, wie geht es jetzt ohne die Hauptkuratorin weiter?
Ko-Kuratorenteam übernimmt
Als Koyo Kouoh Ende 2024 als künstlerische Leiterin ernannt wurde, waren die Reaktion sehr positiv. Kouoh, 1967 in Kamerun geboren und in der Schweiz aufgewachsen, stand für einen pan-afrikanischen Ansatz, war seit 2019 Direktorin des Zeitz Museum of Contemporary Art in Kapstadt (MOCAA), ein Haus, das seit seiner Gründung mit Skandalen zu kämpfen hatte und von Kouoh auf Vordermann gebracht worden war. Sie war die erste Frau vom afrikanischen Kontinent, die die die Venedig Biennale verantworten sollte.
In Venedig brandet Beifall auf, als zu Beginn der Präsentation Porträtbilder von Koyo Kouoh eingeblendet werden. „In Minor Keys“ lautet der Titel, den die Kamerunerin für die 61. Venedig Biennale ausgewählt hat. Minor key würde man auf Deutsch mit „Molltonart“ übersetzen. Sowohl den Titel als auch den zugrundeliegenden kuratorischen Ansatz, das Design, die Moodboards, alles, was bisher zur Biennale geplant worden ist, stammt aus der Feder Kouohs.

© dpa/Mirjam Kluka
„Mit der vollen Unterstützung der Familie von Koyo Kouoh“ habe man beschlossen, ihr Konzept genauso umzusetzen, wie sie es definiert habe, so die Biennale. Man werde das Projekt genauso weiterverfolgen, wie Kouoh es konzipiert und definiert hat, auch um ihre Gedanken nach ihrem Tod zu bewahren und zu verbreiten.
Ein Wispern, ein gemeinsamer Ton
Vier Ko-Kuratoren hat Kouoh benannt. Sie werden nun gemeinsam mit ihrem Assistenten Rory Tsapayi das Konzept bis zur Eröffnung im Mai 2026 umsetzen. Die Ko-Kuratoren sind die in Toronto geborene Film- und Kunstkuratorin Rahsa Salti, die in Berlin und Beirut lebt, die KuratorinMarie Helene Pereira aus Dakar im Senegal, der Londoner Kurator und Kunsthistoriker Gabe Beckhurst Feijoo und als Editor-in-Chief Siddhartha Mitter. Alle fünf zeigen sich bei der Pressekonferenz auf die Bühne und geben jeweils kurze, eher poetische, mit Zitaten unterlegte Erläuterungen zum Konzept.
„In Minor Keys“, so Rasha Salti, beschreibe sowohl eine Struktur als auch eine Emotion. Für die Ausstellung bedeute es, einen Gang herunterzuschalten. Das Gefühl dazu zeigen die eingeblendeten Bilder: dramatische Sonnenuntergänge, Natur, afrikanische Häuser, Höfe, Terrassen, Rückzugsorte.
Menschen lassen gemeinsam Schönheit entstehen.
Marie Helene Pereira, Kuratorin aus Dakar
Statt laut und anklagend soll die nächste Biennale „ein Portal“ sein für die leiseren Töne, für das Summen und Flüstern, die Poesie und für Improvisation wie im Jazz, ein Zusammenspiel. In schrecklichen Zeiten soll die Kunst ein Ort der Begegnung sein, soll nährende Beziehungen ermöglichen, von Netzwerken und Schulen ist die Rede, frei und informell. „Menschen lassen gemeinsam Schönheit entstehen“, sagt Marie Helene Pereira. Die Biennale werde eher sinnlich als didaktisch, eher erneuernd und kraftspendend als erschöpfend.
Man strebe mit der Ausstellung keine Kommentierung des Weltgeschehens an, aber auch keine Flucht, stattdessen soll ein Raum für Staunen, Meditation und Träume entstehen. Man besinnt sich auf die nährenden, verbindenden Seiten des Kunstmachens.
Auch Biennale-Präsident Pietrangelo Buttafuoco sprach anlässlich der Pressekonferenz ein paar Worte, nannte Afrika einen „Motor für die Zukunft“ und stellte die warme, emotionale und familiäre Seite Kouohs heraus. Für den Journalisten und Vertrauten von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist es die erste Biennale, der er als Direktor vorsteht.
Die Liste der teilnehmenden Künstler und Künstlerinnen sowie die teilnehmenden Länder für die nächste Ausgabe der Venedig Biennale werden am 25. Februar 2026 in Venedig vorgestellt.
Seit Montag ist auch bekannt, wer den Deutschen Pavillon 2026 bespielen soll: die deutsche Künstlerin Henrike Naumann und die vietnamesisch-deutsche Künstlerin Sung Tieu. Beide reflektierten in ihrem Werk „gesellschaftliche, bürokratische und soziale Ordnungssysteme“ und hinterfragten sie kritisch, teilte das zuständige Institut für Auslandsbeziehungen der Nachrichtenagentur dpa mit. Kürzlich wurde bekanntgegeben, dass die Direktorin des Georg Kolbe Museums in Berlin, Kathleen Reinhardt, den Deutschen Pavillon im kommenden Jahr kuratiert.
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