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Radikalschnitt an Birnenbäumen in der Immanuelkirchstraße.

© privat

Obstbäume in der Innenstadt: Gebt uns Birnen!

Nikolaus Bernau wünscht sich Berliner Straßengrün, das nicht nur hübsch aussieht, sondern auch Früchte trägt. Leider denkt das für Prenzlauer Berg zuständige Grünflächenamt da anders.

Nikolaus Bernau
Ein Kommentar von Nikolaus Bernau

Stand:

In der Immanuelkirchstraße in Prenzlauer Berg sind die Birnbäume zu Staken geworden. Das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) hat sie reichlich grob beschneiden lassen, als Vorbereitung zur Fällung. Dabei sollten doch derzeit hier Bienen und Hummeln die fluschigen Blüten von Pyrus Calleryana umschwirren, bekannter als Chinesische Wildbirne, auf dass sie befruchtet werde.

Aber diese Bäume, so das Grünflächenamt, sollten nur hübsch sein, keine Frucht tragen können. Eine „falsche Charge“ sei 1997 geliefert worden. Abgesehen davon, dass die Erkenntnis dieser Illegalität 25 (!) Jahre brauchte: Es ist schon pervers, fruchtlose Bäume zu pflanzen. Außerdem weiß doch jedes Schulkind, dass die Natur immer einen Weg findet, um sich auszubreiten: Jede Baustelle ist nach einem Vierteljahr Nichtbetrieb grün.

Wie gefährlich kann Fallobst werden?

Man könnte ja auf den Birnchen ausrutschen, sagt das SGA, behauptet, die seien größer als die kaum drei Zentimeter messenden Norm-Früchte von Pyrus Calleryana. Besorgte Fußgänger hätten sich beschwert. Wo waren die nur das vergangene Vierteljahrhundert, um die Menschheit vor den Birnen zu retten? Und sollen die Städte nicht zum Nahrungs-Produktionsort werden? Glashäuser auf die Dächer, fordern die Planer, Gemüse und Kräuter auf die Balkone, warum nicht Obstbäume an die Straßen?

Auch Obstbäume halten die Straßen schattig, stabilisieren mit ihren Wurzeln den Damm, und an den Früchten kann man sich laben, Marmelade machen, Kompott. Einst dienten Obstbaumalleen sogar der lokalen Sozialarbeit: Die Früchte wurden verkauft, um Armen-, Waisen- oder Altenhäuser zu finanzieren. Wäre doch mal eine neue Social-Care-Idee: Sammelt Birnen für die Nachbarn.

Gärtner loben die Genügsamkeit

Allerdings: Die Chinesische Wildbirne gilt in den USA als invasive Art. Vögel jedoch lieben sie ebenso wie Insekten, Stadtplaner sind begeistert vom schnellen, platzsparenden Wachstum, Gärtner loben die Genügsamkeit: Wenig Wasser, viele Blätter, die den Großstadtstaub binden.

Also: Lasst die Immanuel-Birnen stehen, ihre Äste nachwachsen. Allerdings, für Menschen gelten die Früchte bisher als ungenießbar. Kaum vorstellbar, dass sich die chinesische Küche diese Ressource hat entgehen lassen. Suchauftrag an die geneigte Leserschaft also: Rezepte für Chinesische Wildbirnen. Vielleicht Kompott an Vanilleeis?

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