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Sydney Sweeney in „Reality“.

© Seaview

„Reality“ im Berlinale Panorama: Farce mit Whistleblowerin

Wie Russland Wahlen manipulierte: Die Filmemacherin Tina Satter hat mit „Reality“ ein Verhörprotokoll der Trump-Ära verfilmt.

Von Andreas Busche

Die Präsidentschaft Donald Trumps wird das amerikanische Kino noch eine Weile beschäftigen. Die Filmemacherin Tina Satter bedient sich in ihrem Spielfilmdebüt „Reality“ eines Audio-Dokuments dieser Ära, um einen gravierenden Paradigmenwechsel in der amerikanischen Politik zu beschreiben.

Das juristische Vorgehen gegen sogenannte Whistleblower wurde schon unter Barack Obamas drastisch verschärft, der Fall der 25-jährigen Reality Winner hat aber unmittelbar mit der Ära Trump zu tun.

Die Linguistin im Dienst eines NSA-Auftraggebers bekommt am 3. Juni 2017 einen Hausbesuch von zwei FBI-Agenten mit Durchsuchungsbefehl. Winner hat wenige Wochen zuvor einen geheimen Bericht über die Einflussnahme des russischen Geheimdienstes auf die US-Wahl 2016 an die Öffentlichkeit geleakt. Durch die Unachtsamkeit der Online-Plattform wurde sie als Quelle identifiziert.

Satters Film ist ein Re-Enactment des Transkripts der 107-minütigen Befragung von Winner, gespielt von Sydney Sweeney („Euphoria“, „The White Lotus“), durch zwei FBI-Agenten an jenem Junitag 2017. Die Inszenierung tritt so vollkommen hinter den eigentlichen Vorgang zurück, noch dadurch verstärkt, dass die geschwärzten Stellen des Texts auch in „Reality“ Leerstellen bleiben.

Winner ist eine interessante Figur, gerade durch Sweeneys All-Americaness – das ehemalige Mitglied der US-Streitkräfte hatte in ihrem Haus unter anderem eine pinke Automatikwaffe herumliegen – wird die Trump-Politik noch einmal ad absurdum geführt.

Dabei hat „Reality“ durchaus auch komische Züge, weil der Gesprächsverlauf durch die unbeholfene Good Cop/Bad Cop-Routine der FBI-Männer (Marchánt Davis und Josh Hamilton) immer auch als Farce erkennbar bleibt.

Für Winner allerdings mit ernsten Konsequenzen, fünf Jahre Gefängnis. Ein formal überzeugender Filmessay mit den Mitteln des Starkinos, der einen Platz in der Sektion Encounters verdient hätte.   

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