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Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Grünes Licht in letzter Sekunde
Bis zum Schluss stand das Vorhaben auf der Kippe, nun hat Claudia Roth doch noch eines ihrer wichtigsten Ziele erreicht. Der Weg für eine handlungsfähigere Preußen-Stiftung ist geebnet.
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Die Erleichterung war am Freitagmorgen im monumentalen Treppenhaus des Neuen Museums fast körperlich spürbar: Das lange debattierte Gesetz zur Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist beschlossen worden. Fünf Stunden zuvor, um 2.07 Uhr, zehn Minuten vor Ende des bisher längsten Sitzungstags der Legislaturperiode.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth wirkte trotzdem bemerkenswert entspannt: „Das ist gerade nach dem Geschehen am Mittwoch ein Zeichen, dass, wenn man es denn will, die demokratischen Fraktionen und Parteien etwas gemeinsam erreichen können.“
Eine Chance für mehr Dynamik
Die Reform der Preußen-Stiftung war eines ihrer politischen Hauptziele. Noch arbeitet die Stiftung mit dem vom Kalten Krieg geprägten ersten Gesetz von 1957. 1996 wurde es überarbeitet, seitdem sind alle Bundesländer mit im Stiftungsrat vertreten. Sie trugen das ihrige dazu bei, die mit den eigenen Museen, Bibliotheken, Archiven und Forschungsinstitutionen konkurrierende Preußen-Stiftung auszubremsen. Während der Bundestag den Bauetat immer wieder aufstockte, blieb deswegen der Betriebsetat seit 1996 faktisch gedeckelt, konnte nur ab und zu vom Bund oder dem Land Berlin Sonderdotationen erhalten.
Das ist gerade nach dem Geschehen am Mittwoch ein Zeichen, dass, wenn man es denn will, die demokratischen Fraktionen und Parteien etwas gemeinsam erreichen können.
Staatsministerin Claudia Roth (Grüne)
All das führte dazu, dass die Stiftung immer unbeweglicher wurde, bürokratischer, erstarrter, hierarchischer. Nun aber, so Roth und Stiftungspräsident Hermann Parzinger, sollen die Staatsbibliothek, die 15 Staatlichen Museen, das Geheime Staatsarchiv, das Lateinamerikanische Institut und das für Musikforschung aktiver werden können, dynamischer. Dazu sollen sie autonomer in Finanz- und Personalfragen werden. Die von vielen Museumsdirektoren als Hemmnis empfundene, seit 1830 bestehende Generaldirektion der Museen ist bereits abgeschafft.

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Die Stiftungszentrale unter Parzinger und bald unter seiner designierten Nachfolgerin Monika Ackermann – auch sie dankte Claudia Roth für ihr Engagement und ihre vielen Reisen in die Bundesländer – soll sich als Organisationszentrum für gemeinsame Aufgaben neu erfinden. Ein neues „Kollektives Leitungsgremium“ mit sieben Mitgliedern wird ab Dezember 2025 die Stiftung leiten, in dem die Zentrale, die Staatsbibliothek, vier Personen von den Staatlichen Museen und eine von den Instituten entscheiden.
Erhebliche Verteilungskonflikte sind absehbar
Das Humboldtforum, bisher eine eigene, privatrechtlich organisierte Stiftung, kann nun zu einem Teil der Preußen-Stiftung werden. Ob das sinnvoll wäre, ist allerdings heftig umstritten, genauso wie die Autonomisierung der Museumsabteilungen. Da die Reform bisher im Betriebsetat finanziell nicht unterfüttert wird – die im Dezember zugesagten zwölf Millionen zusätzlich zum „Sockelbetrag des Betriebsetats“ sind angesichts der immensen Investitionsrückstände in den Bauten, den Sammlungen, ihrer Restaurierung und Herkunftsforschung allenfalls eine Willensbekundung, aber keine Lösung der Probleme –, sind erhebliche Verteilungskonflikte absehbar. Und das Versprechen niedriger Hierarchien hängt bisher vollständig ab von den Leitungspersonen, ist nicht institutionell verankert.
Der Stiftungsrat, der die Aktivitäten kontrolliert, sollte eigentlich radikal von 20 auf neun Mitglieder geschrumpft werden. Nun aber, nachdem Mitglieder vor allem der CDU und der FDP vehement die Beteiligung des Bundestags gefordert haben, werden vier Bundestagsmitglieder mit einziehen. Roth betont allerdings: Sie sollen mitdebattieren, haben aber kein Stimmrecht. Die Dominanz der Länder bleibt gewahrt, von denen sechs Posten rotieren. Dazu kommen Bundesfinanzministerium und Kulturstaatsministerium, die Leitung hat traditionell der Berliner Kultursenator.
Die Linke, AfD und BSW haben abgelehnt
Zugestimmt haben dem Gesetz im Bundestag die Abgeordneten von SPD, CDU, FDP und Grünen, das BSW hat sich enthalten. Abgelehnt wurde es von der Linken, der unter anderem die Mitbestimmungsrechte der mehr als 2000 von der Stiftung Beschäftigten nicht weit genug gehen, aber auch der AfD. Deren Perspektive auf die SPK ist von den kruden Geschichtstheorien Alexander Gaulands geprägt, der immer wieder die autoritären Seiten Preußens sowie seine tatsächlich gute Zusammenarbeit mit dem autokratischen russischen Kaiserreich betont. Nicht nur die brutale Unterdrückung Polens durch Russland und Preußen wird dabei vollständig ausblendet.
Die Preußen-Stiftung ist aus dieser Perspektive geradezu der Inbegriff einer verweichlicht-woken Haltung zur deutschen Geschichte. Auch, weil sich ihre Ethnologischen Museen und die Sammlungen Asiatischer Kunst nach jahrzehntelanger Verweigerung inzwischen intensiv um die Aufarbeitung der eigenen und der deutschen Geschichte bemühen.
Dass nun in den nächsten Stiftungsrat auch ein Mitglied der AfD entsandt werden könnte, hätte seine Ironie. Aber Roth ist auch da zuversichtlich: Angst sei kein guter Ratgeber. Dann müssten sich eben die demokratischen Parteien zusammenraufen, bei allen Unterschieden in den Auffassungen, und gegenhalten.
Und was wird aus dem Namensteil „Preußisch“, der nach Meinung von Claudia Roth international kaum vermittelbar oder wenigstens verständlich ist? Er wird bleiben. Dafür sorgte die CDU. Man darf ihr dafür danken, dass diese Debatte damit endlich zu Ende ist.
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