
© SR/Iris Maria Maurer
Saarbrücker „Tatort“: Wie zuverlässig sind die Fahrer eines Geldtransporters?
Der famose Saarbrücker „Tatort“ über einen blutigen Überfall auf einen Geldtransporter traut sich etwas, was wenige in dieser Krimireihe wagen.
Stand:
Saarbrücken, tief in der Nacht. Ein Geldtransporter rast durch die Stadt. Plötzlich in einer Unterführung ein Stopp, durch zwei Autos bedrängt. Vermummte steigen aus. Eine Explosion am Transporter zerreißt die Stille. Die Beute: drei Millionen Euro. Einer der beiden Wachmänner stirbt. Warum verhält sich der Kollege so merkwürdig, als die Ermittler anrücken?
Man fragt sich ja auch manchmal, wie sich das so anfühlt für den mäßig bezahlten Fahrer eines Geldtransporters, mit zig Millionen Euro hinten drin. Will man dieses viele Geld nicht auch mal haben? Und dann noch die ständige Angst vor einem Überfall.
Der „Tatort: Das Ende der Nacht“ (ARD, 26.1., 20:15 Uhr) nimmt diese Fragen auf und spinnt um Fahrer-, Familien- und Verbrecherehre einen äußerst packenden Krimi um das äußerst fragile Ermittler-Quartett um Hauptkommissar Leo Hölzer (Vladimir Burlakov).
Zur Erinnerung, die Saarbrücker Ausgabe läuft ja nur einmal im Jahr: Es gibt kaum ein Ermittlerteam im „Tatort“-Universum, dass so jung-dynamisch, so divers, aber auch so angreifbar ist wie die Kommissare Hölzer, Kollegin Esther Baumann (Brigitte Urhausen), die schlaflose Kollegin Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) und Adam Schürk (Daniel Sträßer).

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Das wird Fragen auf: Wie moralisch einwandfrei müssen Kommissare sein? Wieviel Dreck am Stecken haben?
Wie die befreundeten Hölzer und Schürk, die infolge der Ermittlungen nach diesem blutigen Überfall mit eigenen Verfehlungen konfrontiert werden. Sie hatten in einem früheren Fall die verdächtigen Spuren zu einem gewissen Moritz Leimer verwischt. Schürk war mit diesem über seinen Vater verbandelt.
Lieber in Freiheit sterben als im Knast leben.
Carla Radek (Lena Urzendowsky) im Saarbrücker „Tatort“
Leimer gehört nun neben dem verschuldeten Wachmann und einer international gesuchten Verbrecherbande aus dem benachbarten Frankreich zu den Verdächtigen des blutigen Überfalls in Saarbrücken. Allen voran Banden-Youngster Carla Radek (grandios: Lena Urzendowsky), die dem Krimi als Tochter eines kriminellen, selbstsüchtigen Paares mit der todessüchtigen Variante „Ich will doch nur, dass Ihr mich liebt“ psychologischen Thrill gibt.
Genug Nervenkitzel, dass die frühe Klärung des Whodunit eben so wenig stört wie ein paar Ungereimtheiten im Buch (Melanie Waelde; Regie: Tini Tüllmann). Kommissarin Heinrich wird entführt, die Kidnapper können trotz Straßensperren fast seelenruhig durchs halbe Saarland fahren. Frei nach Hitchcock: „Diese Geschichte darf unwahrscheinlich, aber sie darf nie banal sein. Sie sollte dramatisch und menschlich sein.“
Das alles macht Lust auf mehr „Tatort“ aus Saarbrücken. Man sieht Hölzer & Co. nur zu gerne bei ihrem Menscheln, bei ihren Verfehlungen und Ermittlungen zu. Da muss am Ende gar nicht alles aufgelöst werden. Dieser Krimi hat einen Cliffhanger. Das hat sich lange kein „Tatort“ mehr getraut.
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