zum Hauptinhalt
Die französisch-israelische Soziologin Eva Illouz hält die Laudatio für den Preisträger des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung bei der offiziellen Veranstaltung zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse im Gewandhaus.

© dpa/Hendrik Schmidt

Eva Illouz in Rotterdam ausgeladen: Kein Platz für Jüdinnen im Liebeslabor

Die Soziologin sollte an der Uni Rotterdam einen Vortrag über die romantische Liebe und den Kapitalismus halten – und wurde wieder ausgeladen. Der Grund: ihre Tätigkeit an der hebräischen Universität in Jerusalem.

Stand:

Man hat sich im Kulturbetrieb inzwischen an Ausladungen von einmal eingeladenen Personen hinreichend gewöhnt, aus welchen Gründen auch immer, und doch verblüffen und erschüttern sie ein jedes Mal aufs Neue. Der neueste Fall: Eva Illouz. Eigentlich sollte die israelische Soziologin am 21. November am sogenannten Love Lab der Erasmus-Universität in Rotterdam einen Vortrag über „Romantische Liebe und Kapitalismus“ halten.

Alles „sehr sensibel“

Dafür ist Illouz nach Büchern wie „Warum Liebe endet. Eine Soziologie negativer Beziehungen“ oder „Warum Liebe wehtut. Eine soziologische Beziehung“ geradezu prädestiniert, und dafür ist das Love Lab an der Rotterdamer Uni ein idealer Ort, werden hier doch, wie es auf der Website steht, „sensible Themen im Zusammenhang mit intimen Beziehungen, Liebe und Sexualität in verschiedenen Forschungsgruppen untersucht“.

Wie nun die niederländische Zeitung „NRC Handelsblad“ in dieser Woche vermeldet hat, ist Eva Illouz jedoch wieder ausgeladen worden, ganz formlos, per Mail. Von einem „Unbehagen“ und „Zögern“ der Organisatoren des Love Labs ist die Rede, weil Illouz bis 2022 an der Hebräischen Universität in Jerusalem gelehrt hat.

Das tat sie viele Jahre lang, von 2006 an, was den Love-Lab-Leuten natürlich bekannt gewesen sein dürfte. Die Rotterdamer Universität, dem das Lab angehört, boykottiert wegen des Gaza-Kriegs und Israels Kampf gegen die Hamas seit einigen Monaten mehrere israelische Universitäten, darunter auch die Hebrew University in Jerusalem.

Für Eva Illouz eine „echt antisemitische Entscheidung“

In einer Antwortmail soll die 1961 im marokkanischen Fez geborene und in Frankreich aufgewachsene Illouz laut „NRC Handelsblad“ darauf hingewiesen haben, Französin zu sein und auch an der Pariser Hochschule für Sozialwissenschaften zu lehren, also einer europäischen Universität; doch erklärte man ihr, dass ihre Tätigkeit in Jerusalem „sehr sensibel“ sei und das „Love-Lab-Team“ deshalb per „demokratischem Beschluss mehrheitlich“ entschieden habe, ihren Vortrag wieder abzusagen. Für Eva Illouz eine „echt antisemitische Entscheidung“.

Anders lässt es sich wohl kaum ausdrücken und interpretieren. Obwohl Eva Illouz eine scharfe Kritikerin von Benjamin Netanjahu ist und auch das Vorgehen gegen die palästinensische Zivilbevölkerung in Gaza alles andere als gutheißt, hat sie eine differenzierte Haltung zu den Ereignissen infolge des 7. Oktober 2023, auch was den Kulturbetrieb anbetrifft. Dabei beklagt sie auch den bei den Linken und in der akademischen Welt immer weiter um sich greifenden Antisemitismus.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })