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Hildegard Knef zog aus in die weite Welt.

© Privatarchiv Hildegard Knef

Tag 8 bei der Berlinale: Mit Hildegard Knef durch den BVG-Streik

Die Welt läuft aus dem Ruder. Und jetzt fährt nicht mal mehr die U-Bahn. Unser Autor erlebt bei der Berlinale brutale Welten – und findet darin neue Hoffnungen.

Robert Ide
Eine Kolumne von Robert Ide

Stand:

Bei der Berlinale 2020 brach Corona los, bei der Berlinale 2022 der Ukraine-Krieg. Keine Ahnung, was das jetzt für die Bundestagswahl bedeutet. Rund um die Kinos haben sie die Wahlplakate verbannt – was gerade in der Welt abgeht, kann sich sowieso kein Film ausdenken. Und jetzt streikt auch noch die BVG.

„Wir empfehlen Ihnen rechtzeitig zu überprüfen, mit welchen Verbindungen Sie am besten zu den Spielstätten kommen“, schreibt mir die Berlinale. Also prüfe ich die beste Verbindung zum Haus der Berliner Festspiele, wo ich eine Doku über die immer nach neuer Hoffnung suchende Hildegard Knef sehen will. Sie ist von Berlin aus in die weite Welt gezogen. Da kann ich auch mal durch Berlin wandern.

Warum läuft unsere Welt so aus dem Ruder? Die Berlinale zeigt darauf viele Antworten, wenn wir sie denn sehen wollen – und dabei der wichtigsten Frage nicht ausweichen: Warum jammern wir so viel rum, gerade wir? Die Filme aus der weiten Welt zeigen, wie viele Welten da draußen viel brutaler sind zu den Menschen, die in ihnen leben sollen. Sie zeigen uns die Gesichter ertrinkender Flüchtlinge, die Überlebensangst von Bauern in weiten Steppen, denen ihre Tiere gestohlen werden, die Trauer in Augen, die nicht diejenigen lieben dürfen, nach denen sie sich sehnen. Und sie zeigt den unbedingten Willen der Menschen, ihre Hoffnungen trotzdem immer neu zu suchen. Darauf, nicht nur die eigene, sondern auch mal die weite Welt zu erleben, vor allem die weiteste in uns allen.

Im Kurzfilm „Don’t Wake the Sleeping Child“ will Diamant nicht mehr aufwachen.

© Berlinale

Diamant ist 15 und soll verheiratet werden. Doch am großen Tag liegt das Mädchen in ihrem Bett in der senegalesischen Hauptstadt Dakar und schläft weiter, sie atmet auf und ab, wacht einfach nicht auf, egal wie sehr es zu spät wird. Sie schläft, als Kinder an ihr rütteln, ihre Eltern sie schlagen, als der herbeigerufene Arzt sie verzweifelt anfleht, sie schläft sogar weiter, als das Haus anfängt zu brennen, als die brutale Welt um sie herum sich aus den Flammen zu retten versucht. In der will sie sowieso nicht aufwachen.

Immer wenn ich aus dem Kino komme und ein bisschen von der weiten Welt gesehen habe, sehe ich unsere nicht mehr so eng. In zwei Tagen fährt die U-Bahn wieder. „Ich hatte einen wunderschönen Traum“, sagt Diamant, nachdem sie doch wieder erwacht ist. Und ich singe im Laufen: Das Glück sollte sich sanft verhalten. Es soll mein Schicksal mit Liebe verwalten.

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