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Perfekt an der Wirklichkeit vorbei inszeniert: Donald Trump als Ehemann, Vater, Staatsoberhaupt.

© Evan Vucci/dpa

Kolumne Spiegelstrich: Trump könnte mit seinen Lügen Erfolg haben

Der Parteitag der Republikaner erinnert an eine Farce. Die Lobgesänge auf den Präsidenten klingen wie aus einer anderen Realität - ohne Rassismus und Covid-19.

Klaus Brinkbäumer war zuletzt Chefredakteur des „Spiegel“ und arbeitet heute als Autor unter anderem für „Die Zeit“. Sie erreichen ihn unter Klaus.Brinkbaeumer@extern.tagesspiegel.de oder auf Twitter unter @Brinkbaeumer. In seiner wöchentlichen Kolumne „Spiegelstrich“ betrachtet er das Verhältnis von Sprache und Politik.

Ruhmeskult und Unterhaltungssucht sind zwei der Gründe, warum die USA inmitten von Pandemie und Wirtschaftskrise, inmitten einer nationalen Debatte über rassistische Polizeigewalt und endloser Demonstrationen, einen auf dummdreiste Weise überforderten Präsidenten haben. Wäre der zuvor mehrfach bankrotte Donald Trump nicht durch die Reality-Show „The Apprentice“ zum TV-Star geworden, säße heute Hillary Clinton oder Jeb Bush im Weißen Haus. Aber nicht Trump.

Es gibt eine zweite Serie, die etwas über Trumps Amerika aussagt: „Stranger Things“. Darin entdecken drei beste Freunde, auf der Suche nach dem verschwundenen vierten besten Freund, eine Gegenwelt voller Schleim und Glibber; es ist eine gespiegelte und zugleich finsterfalsche Wirklichkeit der Monster und der Destruktion: „The Upside Down“. Falls dieses „Upside Down“ gewinnt, ist die Welt, die wir kennen und an den meisten Tagen lieben, verloren.

Der Präsident lässt sich königlich ausleuchten

Der Parteitag der Republikaner, der am Donnerstag endete, dürfte dereinst wegweisend genannt werden, denn einen solchen gab es noch nicht. Trump und seine Leute brachen im Minutentakt das Gesetz, sie missbrauchten das Weiße Haus für ihren Wahlkampf. Und lachten, wenn sie darauf angesprochen wurden; „mein Haus“ sagte Trump. Die Regisseure ließen den Präsidenten königlich von unten anstrahlen und seine durch nichts qualifizierten und von niemandem gewählten Kinder Hymnen auf Papi vortragen.

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Man sollte hin und wieder daran erinnern, dass Trump seinen Sohn Don Jr., der zum politischen Erben aufgebaut wird, vor wenigen Jahren „nicht das schärfste Messer in der Schublade“ nannte. Jedes Parteimitglied hingegen, das irgendwann mal ein kritisches Wort über Trump gesagt hatte, war nicht eingeladen. Vom Herrscher verbannt.

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Und so logen sie, vier Tage lang. Sie können den wahren Präsidenten der letzten Jahre niemandem anbieten, weshalb sie einen zweiten inszenierten, den es nicht gibt: den Frauen fördernden, Einwanderer liebenden, gütigen, zutiefst religiösen und zugleich strategisch handelnden Donald J. Trump.

Tagesspiegel-Kolumnist Klaus Brinkbäumer.
Tagesspiegel-Kolumnist Klaus Brinkbäumer.

© Tobias Everke

Die Pandemie wird für beendet erklärt

Sie inszenierten auch eine Wirklichkeit ohne Covid-19, als sei das Virus besiegt und vergangen: Ungefähr jeder Fünfzehnte der eng an eng sitzenden und ehrfürchtig lauschenden Gäste trug eine Maske. Sie inszenierten zudem einen fanatisch linksfaschistischen, zugleich trotteligen Gegenkandidaten, der mit dem realen Joe Biden nichts gemein hat.

Kann das „Upside Down“ siegen, kann die permanente Lüge, dieses schamlose Behaupten von allem, was einen Vorteil verspricht, funktionieren? Ja: durch die geballte Macht des konservativen Bollwerks von Regierung und Fox News sowie der sozialen Medien – und somit durch permanente Wiederholung.

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Die Demokratie der USA ist nicht fair, nicht gerecht, darum nicht demokratisch, da ja die konservativ wählenden, aber menschenleeren Bundesstaaten im Landesinnern überbewertet werden. Dass Trump die Mehrheit aller Stimmen gewinnen wird, schließe ich zu 95 Prozent aus. Dass er aber in Michigan, Wisconsin, Pennsylvania, Ohio, Florida mit minimalem Vorsprung gewinnt und damit wiedergewählt wird - unter dem frischen Eindruck zweier Parteitage sage ich: Das ist wieder möglich, vielleicht wahrscheinlich, zu 60 Prozent. Trump nämlich redet von Gewalt und Untergang in „Bidens Amerika“ und verspricht Glanz und Ruhm in seinem. Joe Biden verspricht bloß Anstand und Ehrlichkeit. Wie langweilig ernsthaft.

Klaus Brinkbäumer

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