
© NDR/Thorsten Jander (M)
Zu enges journalistisches Korsett?: Constantin Schreiber verlässt die „Tagesschau“ – auf eigenen Wunsch
Am 25. Mai wird Constantin Schreiber zum letzten Mal die Nachrichten der 20-Uhr-„Tagesschau“ verlesen. Dann nimmt er Abschied, um sich anderen journalistischen Projekten zu widmen.
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Man muss diese Nachricht vielleicht nicht gleich als „Paukenschlag“ bezeichnen, wie die „Bild“-Zeitung das tat, aber ein bisschen überraschend ist sie schon: Constantin Schreiber hört auf eigenen Wunsch als Sprecher der ARD-„Tagesschau“ auf.
Das letzte Mal wird er am 25. Mai die Nachrichten der 20-Uhr-Sendung verlesen. Schreiber will sich laut NDR „künftig anderen Aufgaben widmen“.
Tatsächlich scheint Schreiber das journalistische Korsett bei der „Tagesschau“ zu eng geworden zu sein, die Aussicht, nichts anderes mehr zu machen, als die Nachrichten zu verlesen, ähnlich wie die Schauspieler und Schauspielerinnen, die es nicht lange beim „Tatort“ aushalten, weil sie zu sehr auf die eine Rolle festgelegt werden.
Die 20-Uhr-„Tagesschau“ ist zwar ein tägliches Hochamt, aber eben eines, das verpflichtet und nicht dazu geeignet ist, sich auf vielen anderen Schauplätzen zu tummeln oder gar politisch zu äußern.
Schreiber hat diese Erfahrung machen müssen, als er vor zwei Jahren nicht nur wegen seiner Sachbücher und Romane über den Islam scharf kritisiert und zunehmend angefeindet wurde und dann in einem „Zeit“-Interview verkündete: „Ich werde mich zu allem, was mit dem Islam auch nur im Entferntesten zu tun hat, nicht mehr äußern. Ich werde keine Bücher dazu schreiben, ich lehne Talkshow-Anfragen ab, ich mache das nicht mehr.“
Neben Buchveröffentlichungen wie „Inside Islam“ und „Kinder des Korans“ sowie den Romanen „Die Kandidatin“ und zuletzt „Echnatons Fluch“ hatte Schreiber 2021 auch das Online-Projekt „Moscheepedia“ gegründet. Auf der Website wollte er Einblicke „in Hunderte Moscheen weltweit“ verschaffen und ein deutschlandweites Moscheenverzeichnis aufstellen. Das Projekt wurde nach wenigen Monaten wieder eingestellt.
Schreiber war seit 2017 bei der ARD
Schreiber, der 1979 in Cuxhaven geboren wurde und Jura studiert hat, spricht Arabisch, arbeitete 2006 als Reporter für die in Beirut erscheinende Zeitung „Daily Star“ und war von 2007 bis 2009 Korrespondent des arabischen Programms der Deutschen Welle in Dubai.
Danach arbeitete er als Medienberater für das Auswärtige Amt zum Themenfeld Naher Osten, moderierte bei n-tv die deutsch-arabische Sendung „Marhaba – Ankommen in Deutschland“, um schließlich 2017 zur ARD zu wechseln. 2021 verlas er das erste Mal die 20-Uhr-Nachrichten der „Tagesschau“.
Man kann davon ausgehen, dass Schreiber sich weiterhin mit dem Islam beschäftigt, in welchen Formaten auch immer, er also seinen sich selbst auferlegten Maulkorb wieder abnimmt. Zumal er seit Anfang dieses Jahres auch eine eigene Bühnen-Talkshow mit prominenten Gästen hat. Das nächste Mal wieder am 19. Mai in Berlin, unter anderem mit Jens Spahn von der CDU. Von Angeboten anderer Sender für Schreiber ist bislang nichts bekannt.
Die ARD wiederum dürfte seinen Abgang leicht verschmerzen, hatte sie doch schon vor einigen Wochen in Romy Hiller einen Ersatz für Schreiber gefunden. Hiller beginnt am 14. Juni ihre Tätigkeit als Sprecherin.
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