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Ulrike Gote (Grüne), Berliner Senatorin für Gesundheit und Wissenschaft.

© dpa / Christoph Soeder

Die Maskenpflicht fällt – Corona bleibt: Warum wir Krisen nur mit Expertise überstehen

Ab Donnerstag enden die Corona-Maßnahmen, müssen in Bus und Bahn keine Masken mehr getragen werden. Die Pandemie lehrt uns, weiter in Forschung und Fachkräfte zu investieren.

Ein Gastbeitrag von Ulrike Gote

Am 2. Februar fällt die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr. Der lang ersehnte Freedom-Day ist das nicht. Noch können nächste Corona-Wellen drohen. Die Pandemie mag vorbei sein. Es bleiben die Erkrankung Covid-19 und ihre Folgen.

Der Wunsch nach Normalität ist so groß wie verständlich. Doch nach drei Jahren Pandemie ist die Welt eine andere. Wir werden Jahre brauchen, um die Folgen der Coronakrise aufzuarbeiten. Wir waren fast alle selbst erkrankt. Viele haben Angehörige verloren. Noch mehr kennen Menschen, die an Spätfolgen leiden.

Längst dominieren neue Nachrichten: Krieg in Osteuropa, Energiekrise, Inflationsangst – und alles überlagernd die Klimakrise. Was haben wir daraus gelernt?

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Erstens: Krisen treten immer wieder auf. Die allgegenwärtigen Umbrüche stellen große Herausforderungen an die individuelle, aber auch gesellschaftliche und strukturelle Widerstandsfähigkeit. Zweitens: Wenn wir uns in einer besonders komplexen und ausweglosen Lage befinden, kann uns die Forschung Auswege zeigen. Wir können und müssen der Wissenschaft vertrauen. Ohne sie setzen wir vieles aufs Spiel, nicht zuletzt unsere Gesundheit. Wie reagiert die Politik?

Die Gesundheits- und Pflegepolitik braucht Kriseninstrumente und Menschen, die sie anwenden. In Berlin bauen wir Resilienz Stück für Stück auf. Ich habe bei Amtsantritt eine Verwaltung vorgefunden, die kompetent und engagiert handelt. Ich bin stolz darauf, dass wir darauf aufbauen und das Pandemiemanagement weiterentwickeln konnten. Wir treffen Entscheidungen evidenz-informiert, mit systemischem Blick und abwägend. Gerade das Handeln nach dem jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft erfordert eine große Flexibilität in Planung und Umsetzung.

Sinnvoller Mix aus Einzelmaßnahmen

In den letzten drei Jahren sind vermeintliche Großstrategien wie eine unkontrollierte Durchseuchung oder Null-Covid gescheitert. Gewonnen haben wir mit Fahren auf Sicht und einem Mix aus Einzelmaßnahmen, die dosiert auf die jeweilige Pandemielage angewandt wurden und im Verbund wirkten. Dabei haben wir den Menschen vieles abverlangt. Solidarisches Abstandhalten am Anfang, dann Impfungen und Maskentragen bis zum Schluss. Ziel der Politik war und ist es immer, die Beschränkungen von Freiheitsrechten so gering wie möglich und nur so lange wie nötig aufrecht zu erhalten.

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Bei der Abwägung zwischen Schutz sogenannter vulnerabler Gruppen vor Ansteckung und Sicherung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung sowie der kritischen Infrastruktur sind Fehler passiert. Daraus haben wir gelernt.

Auch jetzt ist Corona noch nicht Geschichte. Aus zwei Gründen. Erstens, bei neuen Virusvarianten müsste der Staat je nach Gefährlichkeit, Ansteckungsfähigkeit und Immunschutz der Bevölkerung wieder tätig werden. Erst in der letzten Welle mussten wir zusätzlich zu den Infektionen mit hohem Personalausfall umgehen – Grippe, RSV und Corona führten zu einer massiven Überlastung der Strukturen im Gesundheitswesen. Die Gefahr rührt weniger von der Fülle schwerstkranker Patientinnen und Patienten, sondern von fehlenden und überlasteten Fachkräften her.

Zusammenspiel aus Prävention, Forschung, Therapie

Zweitens, Long- und Post-Covid sind neue Themen auf der gesundheitspolitischen Agenda. Berlin hat dafür die Anlaufstationen. Meine Verwaltung will sowohl die medizinischen als auch die sozialen Strukturen, die die Bedürfnisse von Erkrankten mit Long- und Post-Covid abdecken können, erheblich verbessern. Evidenz-informierte Strukturentwicklung ist unser Ziel. Und da sind noch die psychosozialen und gesellschaftspolitischen Folgen der Pandemie, vor allem für Kinder und Jugendliche.

Auch wenn sich die Pandemie im Übergang in die Endemie befindet, heißt es: aufmerksam sein. Die tödlichsten Infektionserkrankungen weltweit – wie Tuberkulose, Malaria und HIV – sind endemisch und erfordern ein funktionierendes Zusammenspiel aus Gesundheitsförderung, Prävention, Forschung, Beratung, Therapie und Rehabilitation. Das wird auch für Corona gelten. Regelmäßige Impfangebote bleiben – ähnlich wie bei Influenza – auch im endemischen Corona-Repertoire.

Das Überspringen von Krankheitserregern von Tier auf Mensch wird in der Klimakrise und bei abnehmender Artenvielfalt wahrscheinlicher. Exzellente Forschung, wie sie in Berlin in der Hochschulmedizin und außeruniversitären Instituten betrieben wird, ist die Antwort, die wir als Land auf diese Herausforderung geben. Unsere in Deutschland einzigartigen Dichte an Forschungseinrichtungen hat ein riesiges Potenzial für Lösungen durch Wissenschaft, wenn wir die notwendigen Finanzmittel dafür bereitstellen.

Für alles brauchen wir Fachkräfte: Forschende, Medizinerinnen und Mediziner, Pflegende. Mehr noch als Systemfragen erweisen sich fehlende Fachkräfte derzeit als größte Schwachstelle.

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