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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

© Imago/Photothek/Lorenz Huter

Lauterbach läuft die Zeit davon: Die Pflegereform geht in die richtige Richtung – doch wird allein nicht reichen

Deutschland läuft auf einen Pflegenotstand zu. Der Gesundheitsminister hat die passenden Gegenmaßnahmen vorgeschlagen. Ob er sie durchgesetzt bekommt, ist fraglich.

Ein Kommentar von Dana Bethkenhagen

Das Pflegekompetenzgesetz hätte das Potenzial, einen Neustart in der Pflege einzuläuten – und Karl Lauterbach (SPD) zu dem Bundesgesundheitsminister zu machen, dem ein wirklicher Paradigmenwechsel gelungen ist.

Voller Euphorie erklärte selbst die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, kurz vor Weihnachten, dass man beschenkt worden sei, als Lauterbach zum ersten Mal Eckpunkte für dieses Gesetz vorgestellt hatte. Doch die Zustellung dieses Geschenks steht noch aus – und womöglich gehen Teile davon auf dem Weg verloren. 

Die Probleme, die Lauterbach lösen muss, sind enorm. Viele Pfleger fliehen aus dem Beruf, weil sie die Arbeitsbelastung nicht mehr aushalten oder nicht das Arbeitsumfeld vorfinden, für das sie eigentlich ausgebildet werden. Das gefährdet längst die medizinische Versorgung – einzelne Stationen werden zeitweise schon jetzt geschlossen wegen des Pflegekräftemangels. Auf der anderen Seite entscheiden sich immer noch nicht genug junge Menschen für die Pflege – auch, weil die Entwicklungsmöglichkeiten bislang begrenzt sind.

Die Wahl rückt näher

Aus diesem Grund will Lauterbach den Berufsstand nun in 15 Punkten systematisch aufwerten. Doch bisher sind das bloß Ankündigungen. Die Liste mit Lauterbachs Vorhaben wird zusehends länger und die Zeit läuft ihm davon. Im nächsten Jahr wird schließlich gewählt und große Strukturreformen, wie jene der Krankenhausversorgung, sind noch lange nicht vom Tisch und binden Kapazitäten.

Dass es Lauterbach auch mit dem Pflegekompetenzgesetz schwer haben wird, scheint ausgemacht. Zwar sind die einstigen Grabenkonflikte zwischen Ärzteschaft und Pflege weitgehend beigelegt. Allerdings bedeutet das nicht, dass es keine roten Linien mehr für die Mediziner gibt.

Lauterbach will, dass Pfleger Aufgaben übernehmen, die bisher Ärzten vorbehalten waren. Doch welche Aufgaben genau? Wer trägt das finanzielle Risiko. Und wer haftet bei Behandlungsfehlern? Diese Fragen bergen noch viel Konfliktstoff. Und auch die Länder sind gefragt, wenn es etwa um Zugeständnisse geht, einheitliche Pflegeassistenzausbildungen zu schaffen.

„Alle müssen jetzt über ihren Schatten springen“, fordert Pflegerats-Präsidentin Vogler. Das gelte nicht zuletzt für die Pflegenden selbst, sie müssten mit dem Paradigmenwechsel in die Verantwortung gehen und sie annehmen.

Pflege ist unterfinanziert

Eine weitere Hürde kam nun für das Gesetz hinzu: Mit der Ergänzung des Reformvorhabens um eine zweite Säule, mit der Lauterbach eine „stambulante“ Versorgung ermöglichen will – eine Mischform aus ambulanter und stationärer Versorgung –, dürfte es jetzt nicht leichter werden, es schnell voranzubringen.

Selbst wenn Lauterbach die Aufwertung der Pflege am Ende gelingt, hat er sie damit noch nicht zukunftssicher gemacht. Auch die soziale Pflegeversicherung muss noch einmal angepackt werden – spätestens in der nächsten Legislaturperiode.

„Unsere Pflege ist knapp finanziert“, sagte Lauterbach selbst. Und daran trägt er auch einen Anteil. Denn mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz, das vor einem knappen Jahr verabschiedet wurde, ist ihm kein großer Wurf gelungen. 

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